Kündigungen trotz Kurzarbeit

 

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Kündigungen trotz Kurzarbeit

Ob und wie schnell sich die deutsche Wirtschaft von den Folgen der Maßnahmen zur Corona-Pandemie erholen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Zwar wird nach dem Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser, die Wirtschaft Ende 2021 wieder auf dem Niveau von vor der Krise sein, doch welche Mittel dazu nötig sind, sagt die Statistik nicht.

In der derzeitigen Lage ist daher nichts mehr undenkbar - auch keine betriebsbedingten Kündigungen. Sie sind als Betriebsrat vor jeder Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu hören und aktiv an der Entscheidung zum Personalabbau zu beteiligten.

Denkbar sind unterschiedliche Szenarien, die im Folgenden kurz erläutert werden.

Kann der Betrieb betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, obwohl er Kurzarbeit angemeldet hat?

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber trotz Anmeldung von Kurzarbeit im Unternehmen eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Die Rechtsprechung spricht von einer allgemeinen Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen neben der Anmeldung von Kurzarbeit. Es gilt jedoch ein besonders hohes Begründungserfordernis! Mit einem Antrag auf Kurzarbeit bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass die Beschäftigungsflaute vorübergehend ist und betriebsbedingten Entlassungen entgegengewirkt werden kann.

Betriebsbedingte Kündigungen sind jedoch nur dann möglich, wenn ein dauerhafter Rückgang des Beschäftigungsbedarfs vorliegt. Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung widersprechen sich also fundamental.

Tipp: Besondere Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung sind:

-        Dringendes betriebliches Erfordernis

-        Die Interessensabwägung  

-        Fehlerfreie Sozialauswahl

Es genügt daher nicht, dass der Arbeitgeber auf die schwierige wirtschaftliche Lage verweist!

Wenn ein Unternehmen dennoch zur betriebsbedingten Kündigung greift, muss diese besonders gut begründet werden. Der Arbeitgeber muss Ihnen als Betriebsrat die inner- und außerbetrieblichen Gründe und deren Folgen für die Beschäftigung im Zusammenhang mit der unternehmerischen Organisationsentscheidung konkret mitteilen.

Ebenfalls muss der Arbeitgeber die Gründe seiner Entscheidung nennen können. Beispiel dafür wäre der Ausfall eines wichtigen Kunden oder Lieferanten, der durch die Pandemie in die Insolvenz geraten ist und nun langfristig für Ihren Betrieb fehlt. Damit kann sich die Prognose für den Betrieb plötzlich verschlechtern und von einer vorübergehenden Krise in eine dauerhafte führen.

Sind nach dem Ende der Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen möglich?

Etwas einfacher lässt sich die Frage nach betriebsbedingten Kündigungen im Anschluss einer Kurzarbeit begründen. Das ist immer dann möglich, wenn die Unternehmensführung nach dem Ende der Kurzarbeit feststellen muss, dass die wirtschaftliche Lage sich nicht erholt. Die Kurzarbeit also nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat oder nun langfristig eine Beschäftigungsflaute zu verzeichnen ist.

Kann ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt werden, während einem anderen Teil betriebsbedingt gekündigt wird?

Grundsätzlich ist es auch möglich, nur für einen Teil der Belegschaft Kurzarbeit anzumelden und andere Teile direkt betriebsbedingt zu kündigen. Das dürfte für den Arbeitgeber aber oftmals keine sinnvolle Entscheidung sein, da für gekündigte Mitarbeiter die normalen Kündigungsfristen einzuhalten sind. Ebenfalls sind Sie als Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig und können der Kündigung nach § 103 Abs. 3 BetrVG widersprechen. Für den gesamten Kündigungsprozess ist dem Arbeitnehmer das volle Gehalt zu zahlen. Das gilt auch für den Zeitraum eines anschließenden Gerichtsverfahrens im Kündigungsschutzprozess, soweit der Arbeitnehmer diesen gewinnen sollte.

Kann einem Mitarbeiter gekündigt werden, der Kurzarbeit ablehnt?

Soweit zusammen mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit getroffen wurde, ist diese für alle Beschäftigten bindend. Das können einzelne Arbeitnehmer nicht gut finden, es ändert aber nichts an der rechtlichen Bindungswirkung. Soweit weder eine individualvertragliche Regelung (Arbeitsvertrag) noch eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit besteht, kann der Arbeitnehmer die Kurzarbeit ablehnen. Einen Kündigungsgrund begründet das aber nicht. Das würde gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, wonach Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nicht wegen unliebsamer Entscheidungen bestrafen dürfen. Möglich ist zwar eine Änderungskündigung, diese wäre aber tatsächlich sehr schwierig zu begründen. Die rechtlichen Hürden sind hoch und auch hier gilt für den Arbeitgeber die Pflicht zur vollen Gehaltszahlung im gesamten Kündigungsprozess.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass betriebsbedingte Kündigungen trotz Kurzarbeit möglich sind. Wahrscheinlich werden einige Betriebe davon auch Gebrauch machen müssen. In dem Fall ist es wichtig, dass Sie als Betriebsrat Ihre Rechte kennen, um die oft gravierenden Folgen für Ihre Kollegen abfedern zu können. Zu denken ist an Interessensausgleich und die Vereinbarung eines Sozialplans.