Muss der Arbeitgeber die Kosten für die Kinderbetreuung eines alleinerziehenden Betriebsratsmitglieds tragen?

 

730x300 - Frau arbeitet, Kind sitzt auf ihrem Schoß

Ja! Gemäß § 40 Abs.1 BetrVG kann ein allererziehendes Betriebsratsmitglied von seinem Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG in angemessener Höhe die Erstattung der Kosten verlangen, die ihm durch die erforderliche Fremdbetreuung seines minderjährigen Kindes während einer mehrtägigen Betriebsratstätigkeit entsteht. (so BAG; Beschluss vom 23.06.2010, 7 ABR 103/08)

Zum Fall:

Die Antragsstellerin handelt es sich um eine alleinerziehende Mutter zweier zum Zeitpunkt des Rechtsstreits minderjährigen Kinder (11 und 12 Jahre). Aufgrund Ihrer Teilnahme an einer Betriebsversammlung sowie zwei Sitzung des Gesamtbetriebsrates war sie insgesamt für 10 Tage 600 km von ihrem Heimatort entfernt. Da ihre 18 jährige Tochter es ablehnte, die Betreuung ihrer Geschwister während der Abwesenheit Ihrer Mutter zu übernehmen, engagierte diese eine gewerbliche Kinderbetreuung und bezahlte für diese einen Gesamtbeitrag von 600 Euro.

Das BAG erkannte der Antragsstellerin diesen Anspruch zu. Anders als die Vorinstanzen betonte das BAG in seiner Entscheidung, dass das Betriebsratsamt als unentgeltliches Ehrenamt (vgl. § 37 Abs.1 BetrVG) ausgestaltet ist. Der Natur eines solchen Ehrenamtes liegt es inne, dass weder das einzelne Betriebsratsmitglied noch die Arbeitnehmerschaft in ihrer Gesamtheit durch die im Gesetz vorgeschriebene Betriebsratsarbeit belastet werden dürfen. Die gesetzliche Manifestierung dieses Grundsatzes findet sich unter anderem  § 40 Abs.1 BetrVG. Hiernach trägt der Arbeitgeber, die durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden Aufwendungen, die das einzelne Betriebsratsmitglied für erforderlich halten durfte, nicht jedoch sämtliche Kosten, die in irgendeiner Form durch die Betriebsratsarbeit veranlasst worden sind. Entscheidend ist, ob die Kosten im Zeitpunkt ihrer Verursachung bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände für erforderlich gehalten werden durften, damit der Betriebsrat seine Aufgaben sachgerecht erfüllen kann. Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind somit regelmäßig die Aufwendungen, die der persönlichen Lebensführung des Betriebsratsmitglieds zuzuordnen sind.

Nach der Überzeugung des Gerichts hat der Arbeitgeber allerdings die Kosten zu tragen, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass er die Betreuung seiner minderjährigen Kinder sicherstellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben nachgehen muss.

So befindet sich das Betriebsratsmitglied in diesem Falle in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und verfassungsrechtlich geschützten Pflicht zur elterlichen Personensorge. So haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes festgelegt, dass die Erziehung der Kinder, die den Eltern „zuvörderst Ihnen obliegende Pflicht“ darstellt. Durch diese verfassungsrechtliche Pflicht der Eltern dürfen diesen gerade keine Vermögensopfer entstehen. Etwas anderes ergibt  sich auch nicht daraus, dass im Haushalt des Betriebsratsmitglieds noch eine volljährige berufstätige Tochter lebte, die es abgelehnt hatte, während der Abwesenheit Ihrer Mutter die Betreuung Ihrer Geschwister zu übernehmen.