Sonderzahlungen und Gehaltserhöhungen für freigestellte Betriebsratsmitglieder?

 

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Bei der Betriebsratsarbeit stellt sich nicht zuletzt die Frage: Was passiert mit dem Gehalt von Arbeitnehmenden, die in den Betriebsrat gewählt werden? Grundsätzlich bleiben freigestellte Betriebsratsmitglieder Arbeitnehmer*innen des Betriebs und haben deshalb auch Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Anders gesagt: Finanziell ändert sich mit Amtseintritt erstmal nichts. Was jedoch auf den ersten Blick so einfach klingt, kann spätestens dann Fragen aufwerfen, wenn es um Sondersituationen geht. Wie sieht es zum Beispiel mit Gehaltserhöhungen, Zuschlägen und Boni während der Freistellung aus? 

Sonderzahlungen und Gehaltserhöhungen für freigestellte Betriebsratsmitglieder in Deutschland unterliegen bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich dürfen Mitglieder des Betriebsrats aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt  noch bevorzugt werden. Dies ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verankert.

Als Betriebsratsmitglied ist es essentiell, die eigenen Rechte und Pflichten gut zu kennen, um diese dem Arbeitgeber gegenüber durchsetzen zu können. Doch den Überblick über das gesamte Betriebsverfassungsgesetz sowie das Arbeitsrecht zu haben, ist schwer. Mit den Poko Betriebsrat-Seminaren verschaffen Sie sich einen Überblick über die wichtigsten Gesetze, Aufgaben und Rechte, die für Betriebsmitglieder gelten. Ob vor Ort in Ihrem Unternehmen, an einem der schönen Seminar-Standorte oder in einem Betriebsrat-Webinar – die Seminare von Poko bereiten Sie optimal auf Ihre Arbeit im Betriebsrat vor!  

Das Lohnausfallprinzip, § 37 Abs. 2 BetrVG

Der Anspruch auf Fortzahlung des bisherigen Entgelts ist in § 37 Abs. 2 BetrVG geregelt. Hier ist das sogenannte Lohnausfallprinzip niedergelegt. Dies besagt, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied dasselbe Arbeitsentgelt verdient, welches es auch ohne die Freistellung erhalten hätte. Die Höhe ergibt sich aus dem Vertrag bzw. Tarif.

Gehaltserhöhung für Betriebsratsmitglieder während der Freistellung, § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG

Die Höhe der Vergütung ist für die Zeit der Freistellung nicht „eingefroren“, wie man mit Blick auf § 37 Abs. 2 BetrVG meinen könnte. Liegen die Voraussetzungen vor, besteht sogar ein Anspruch auf Gehaltserhöhung. So soll vermieden werden, dass anderen Arbeitnehmer*innen bessere Positionen zugesprochen werden, während ein Betriebsratsmitglied mit denselben beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen wegen der Freistellung auf der bisherigen Position verharren muss. Dies würde zwangsweise zu einer Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds führen.

Deshalb ist nach § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG das Entgelt des Betriebsratsmitglieds laufend anzupassen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Entgeltsicherung. Das Betriebsratsmitglied kann während der Freistellung naturgemäß nicht nach der persönlichen Arbeitsleistung beurteilt werden. Maßstab für die Anpassung können daher nur das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer*innen und die betriebsübliche Entwicklung sein. Ein betriebsüblicher Aufstieg ist dann vorhanden, wenn die Mehrzahl vergleichbarer Arbeitnehmer*innen diesen Aufstieg erreicht hat (BAG, Urteil vom 21. Februar 2018, Az. 7 AZR 496/16).

Dementsprechend ist eine Prognose vorzunehmen. Der Arbeitgeber muss sich fragen: Wie hätten die betroffenen Arbeitnehmer*innen sich ohne die Freistellung voraussichtlich beruflich weiterentwickelt? Wie würden diese Personen dann jetzt im Betrieb stehen und welche Gehaltsstufe hätten sie erreicht?

Allgemeine Zuwendungen, § 37 Abs. 4 S. 2 BetrVG

Nach § 37 Abs. 4 S. 2 BetrVG besteht weiterhin ein Anspruch auf sogenannte „allgemeine Zuwendungen“. Dieser Begriff ist weit zu verstehen: Hierzu zählen solche Zuwendungen, die der Arbeitgeber allen (vergleichbaren) Arbeitnehmer*innen zukommen lässt. Das umschließt grundsätzlich Sozialleistungen wie Familien-, Kinder- oder Wohnungszulagen, Gewinnbeteiligungen, Gratifikationen – insbesondere Urlaubs- und Weihnachtsgeld – und Ähnliches.

Benachteiligungsverbot, § 78 S. 2 BetrVG

Neben dem Anspruch auf allgemeine Zuwendungen muss der Arbeitgeber auch das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot aus § 78 S. 2 BetrVG beachten. Hiernach muss er dafür sorgen, dass (freigestellte) Betriebsratsmitglieder weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Grundsätzlich sieht die Rechtsprechung in einer Benachteiligung eine Schlechterstellung des Betriebsratsmitglieds im Vergleich zu anderen Arbeitnehmer*innen, die sich in derselben Position und Gehaltsklasse befinden (sogenannte Vergleichsgruppe).

Eine Benachteiligung kann zum Beispiel darin liegen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied Zusatzurlaub versagt, der im Rahmen der Vergleichsgruppe gewährt wird. Dies wird damit begründet, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied die betriebliche Tätigkeit nicht mehr ausübe und der Zusatzurlaub daher nicht erforderlich sei.

Begünstigung freigestellter Betriebsratsmitglieder sind unzulässig

Spiegelbildlich ist auch die Begünstigung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds unzulässig, so zum Beispiel die Vereinbarung einer Vergütung für betriebsratsbedingte Mehrarbeit. Möglich und rechtlich unbedenklich ist dagegen eine Benachteiligung oder Begünstigung, wenn darin keine Ungleichbehandlung zu sehen ist, weil die Regelung für alle Arbeitnehmer*innen des Betriebs gleichermaßen gilt, so zum Beispiel bei der einheitlichen Herabsetzung übertariflicher Löhne.

Das Benachteiligungsverbot hat zur Folge, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied oft neben den allgemeinen Zuwendungen auch die Zahlung sonstiger betrieblicher Zuwendungen fordern kann. Hiermit sind besondere Leistungszahlungen, Prämien, Provisionen, Mehrarbeits-, Nacht- und Überstundenzuschläge gemeint.

Allerdings tauchen in diesem Zusammenhang gleich mehrere Probleme auf: Wie sind beispielsweise Prämien oder Provisionen zu berechnen, wenn tatsächlich gar nicht gearbeitet wurde? Und ist es wirklich interessengerecht, wenn ein Betriebsratsmitglied Nachtzuschlag erhält, obwohl es seit seiner Freistellung gar nicht mehr nachts arbeitet, sondern inzwischen die normalen Bürozeiten wahrnimmt? Hinsichtlich der Berechnung leistungsbezogener Sonderzahlungen, also z. B. Prämien und Provisionen, können zwei Faktoren Berücksichtigung finden – entweder der erzielte Durchschnittswert des jeweiligen Betriebsratsmitglieds in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellung oder die durchschnittliche Höhe der Zahlungen an andere Arbeitnehmer*innen.

Hinsichtlich der tätigkeitsbezogenen Sonderzahlungen, also z. B. Zahlungen für Nacht- oder Wochenendarbeit, gilt die folgende Faustregel: Das Betriebsratsmitglied hat einen Anspruch, wenn es die Zuwendung auch erhalten hätte, wenn es nicht freigestellt worden wäre. Auch hier ist stets der Einzelfall zu beachten und immer zu fragen: Wie sähe die Situation ohne Freistellung aus?

Fazit: Betriebsrat Gehalt – so verdient ein Betriebsratsmitglied

Gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Deutschland ist zu sagen, dass Betriebsratsmitglieder Anspruch auf fortlaufende Zahlung ihres bisherigen Arbeitsentgelts haben, einschließlich etwaiger Gehaltserhöhungen und allgemeiner Zuwendungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Entscheidend ist das Lohnausfallprinzip gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG, welches besagt, dass Betriebsratsmitglieder das gleiche Entgelt erhalten sollen, das sie auch ohne Freistellung bekommen hätten. Dies schließt Gehaltserhöhungen ein, die sich an der Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer*innen orientieren, sowie das Recht auf allgemeine Zuwendungen gemäß § 37 Abs. 4 S. 2 BetrVG. Weiterhin wird das Benachteiligungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG betont, welches sicherstellt, dass Betriebsratsmitglieder weder benachteiligt noch bevorzugt werden dürfen. Für einen genaueren Überblick über die Rechte und Pflichten im Betriebsrat, besonders die, die auf dem Betriebsverfassungsrecht basieren, stehen Ihnen die verschiedenen Poko-Seminare zur Verfügung.

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