Wann beginnt die Zweiwochenfrist zu laufen?

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Kündigung wegen sexueller Belästigung.

Im zugrundeliegenden Fall wurde das Arbeitsverhältnis eines Abteilungsleiters im Lebensmittelhandel u. a. wegen sexueller Belästigung gekündigt. Ihm wurde vorgeworfen, dass er eine Mitarbeiterin in einem Raum bedrängt habe, indem er sie an die Wand gedrängt, umarmt und mit den Händen über den Rücken bis zum Po gestrichen habe.

Die Mitarbeiterin informierte die Marktleiterin über diesen Vorfall, bat aber um Verschwiegenheit. Auf den ersten Blick scheint dieser Fall eindeutig.

Doch die Kündigung wurde erst knapp ein Jahr nach dem Vorfall ausgesprochen. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund kann aber gem. § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, erfolgen. Vorliegend sprach der Arbeitgeber unmittelbar nachdem ihm der Vorfall bekannt wurde, die Kündigung aus.

Soweit so gut, sollte man meinen. Frist gewahrt, auch wenn der Vorfall fast ein Jahr zurück lag. Doch welche Rolle spielt es für die Frist, dass der Arbeitgeber durch die Marktleiterin von dem Vorfall hätte wissen können? Eigentlich eine große Rolle. Denn dieses Wissen muss sich der Arbeitgeber zurechnen lassen.

Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass die Vorgesetzte den Vorfall ihrem Arbeitgeber hätte melden müssen. Macht sie es nicht, gilt er trotzdem als gemeldet und die Zweiwochenfrist beginnt zu laufen.

Damit wäre vorliegend die Frist längst verstrichen und die Kündigung unrechtmäßig. Das LAG Schleswig-Holstein sah mit Urteil vom 10.11.2015 Az. 2 Sa 235/15 die Sache aber etwas anders und war der Meinung, dass die Frist noch nicht in Gang gesetzt wurde. Warum, werden wir uns fragen. Ganz einfach: Das Opfer bat um Verschwiegenheit. Die Marktleiterin hatte daher nicht die Erlaubnis, den Vorfall an die Geschäftsleitung weiterzugeben.

Das Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil vom 11. Juni 2015 3 Ca 120 a/15 hielt die Kündigung übrigens für unrechtmäßig.

Nicht unerwähnt soll zudem bleiben, dass es im vorliegenden Fall auch um einen Fleischdiebstahl in Höhe von 80 Cent ging. Trotz des langjährigen Arbeitsverhältnisses - der Marktleiter war seit 1993 im Betrieb beschäftigt - hielt das LAG zwar keine außerordentliche, aber eine ordentliche Kündigung aufgrund der Vorgesetztenstellung für gerechtfertigt.

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