Wann liegt eine mitbestimmungsbedürftige Duldung von Überstunden durch den Arbeitgeber vor?

 

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Diese Frage möchten wir in Anlehnung an einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (1 ABR 18/19) vom 28.07.2019 beleuchten.

Dem Beschluss lag ein Antrag eines Betriebsrats zu Grunde, mit welchem dieser die Unterlassung der Duldung von Überstunden durch den Arbeitgeber ohne die erforderliche Mitbestimmung des Betriebsrats erwirken wollte. Anders gesagt: Der Betriebsrat wollte vermeiden, dass Überstunden in Kenntnis des Arbeitgebers geleistet werden, ohne dass der Betriebsrat mitbestimmt.

Grundsätzliches zur Mitbestimmung bei Überstunden

Im Hinblick auf Mehrarbeit und Überstunden kommt Ihnen als Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu.

Für den Fall, dass Sie der Arbeitgeber bezüglich dieser erzwingbaren Mitbestimmung übergeht, kann dies grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG begründen.

Ein solcher Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn die Überstunden dem Arbeitgeber zuzuordnen sind. Und dies ist wiederum der Fall, wenn der Arbeitgeber Überstunden entweder ausdrücklich angeordnet hat, oder er zum Ausdruck bringt, dass die zusätzliche Arbeit zumindest geduldet oder gebilligt wird.

In dem oben erwähnten Beschluss hat das Bundesarbeitsgericht zugunsten des Arbeitgebers entschieden, dass die streitgegenständlichen Überstunden nicht dem Arbeitgeber zuzuordnen gewesen seien. Dies begründet es u. a. damit, dass die Überstunden eine Ausnahme dargestellt hätten und der Arbeitgeber die Arbeitnehmer auf Aufforderung des Betriebsrats hin auf die Überschreitung der Arbeitszeit aufmerksam gemacht hätte. Dies spräche gerade gegen eine Duldung. Erst, wenn der Arbeitgeber trotz positiver Kenntnis von Überstunden nicht eingreife und keine Gegenmaßnahmen ergreife, deute dies auf eine bewusste Duldung hin. Der Antrag des Betriebsrats war daher im konkreten Fall nicht begründet.

Homeoffice und Überstunden

Auch bei der Arbeit zuhause gelten grundsätzlich keine arbeitszeitrechtlichen Besonderheiten. Gerade im Homeoffice besteht die Gefahr einer Ausweitung der Arbeitszeit und die Vernachlässigung von Pausen. Deshalb haben Betriebsrat und Arbeitgeber dringend gemeinsam über die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes inklusive der elfstündigen Ruhezeit zu wachen.

Unser Tipp: Wie mit Überstunden umzugehen ist und welche Spielregeln diesbezüglich im Betrieb gelten, sollte unbedingt klar geregelt sein. Nur so kann Rechtssicherheit geschaffen und Streit vermieden werden.

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