Leistungsbezogene Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

 

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Das Spannungsfeld zwischen Betriebsratstätigkeit und variablen Vergütungssystemen - gibt es eine Lösung? Wie gehen Sie mit Ihren Prämien, Provisionen, Umsatz- und Gewinnbeteiligungen, Boni oder Zielvereinbarungen um?

Die Anforderungen an das Betriebsratsamt steigen seit Jahren. Immer komplexere Themen müssen auf betrieblicher Ebene geregelt werden. Um die vielfältigen Aufgaben des Betriebsrats ordnungsgemäß durchführen zu können, müssen sich Betriebsräte spezielles Wissen aneignen und entsprechend der aktuellen betrieblichen Erfordernisse in einem ständigen Prozess erweitern und aktualisieren. Dies erfordert einen hohen Einsatz der Betriebsratsmitglieder. Zeit, die nicht für Zielerreichung, Umsatz, Neukundengewinnung und Vergleichbares zur Verfügung steht.

Betriebsratsmitglieder sind in erforderlichem Umfang von der Arbeitsleistung freizustellen. Es gelten dabei zwei strenge Grundsätze für die Vergütung: Betriebsratsmitglieder dürfen wegen ihres Amts gegenüber anderen Arbeitnehmer*innen weder bevorzugt noch benachteiligt werden. So einfach die Theorie.

Diese Herausforderung ist bei der Grundvergütung in der Regel ohne größere Probleme zu bewältigen. Wie aber kann eine Lösung bei einer variablen, leistungsbezogenen Vergütung aussehen?

Eine wichtige Frage, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat offen und transparent, passend zu den jeweiligen im Betrieb angewendeten Systemen, geregelt werden sollte, bevor es zu Einbußen für engagierte Betriebsräte kommt.

Nicht freigestellte oder teilfreigestellte Betriebsratsmitglieder können je nach Umfang ihrer Betriebsratstätigkeit nur eine eingeschränkte tatsächliche Arbeitsleistung erbringen. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Leistung kann somit nicht festgestellt werden.

Finanzielle Einbußen oder ein ständiger Interessenskonflikt dürfen nicht die Lösung des Problems sein. Eine Entscheidung zwischen Betriebsratsarbeit oder aber dem Erreichen eigener Ziele, der Umsatzvorgaben etc., muss nicht sein.

Eine Durchschnittsermittlung über alle betroffenen Arbeitnehmer*innen spiegelt die Realität in der Regel nicht wieder.

In der Praxis existieren eine Vielzahl von Herangehensweisen, den anteiligen Zeitraum der Betriebsratstätigkeit bei der leistungsbezogenen Vergütung zu berücksichtigen.

Einige Beispiele:

  • Vergleichsbetrachtung der Zielerreichung vor Amtsübernahme
  • Durchschnittswerte vergleichbarer Arbeitnehmer*innen
  • Korrigieren der Zielerreichung, Boni, Prämien in Prozent bzw. Tagen der Betriebsratstätigkeit
  • Ziele im Vorhinein reduzieren
  • Aufstocken der Zielerreichung im Nachhinein
  • Verkleinerung des Verkaufsgebiets
  • Angepasste Kundenselektion

Dies wird in der Praxis zum Teil bereits in den Betriebsvereinbarungen zur leistungsbezogenen Prämie oder anderen Vergütungs- und Prämiensystemen berücksichtigt und entsprechend geregelt. Zum Teil bestehen auch Regelungsabreden zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, wie das Betriebsratsamt hinsichtlich des jeweiligen Vergütungssystems abgebildet werden kann.

Da es sich in jedem Fall um eine fiktive und hypothetische Betrachtung handelt, sollten die Verhandlungspartner, Betriebsrat und Arbeitgeber, das Spannungsfeld zwischen unzulässiger Betriebsratsbegünstigung sowie unzulässiger Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern im Blick haben. Hier ist Sensibilität und eine sachliche Herangehensweise gefragt.

Ein Patentrezept gibt es nicht. Für jeden Betrieb ist eine Einzelfallprüfung hinsichtlich der bestehenden Entgeltsysteme (Prämie, Boni, Leistungsbeurteilung etc.) erforderlich.

Je nach Tätigkeit und Bereich müssen hier unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden. Um eine breite Akzeptanz und Transparenz zu erzielen empfiehlt es sich, alle Bereiche, unabhängig von den im Zeitpunkt der Betrachtung bestehenden Betriebsratsmandaten, zu regeln.

Eine solche Regelung sollte möglichst früh getroffen werden. Betrachtet man nämlich die Betriebsratstätigkeit an einem Zeitstrahl, so fällt auf, dass etwaige Entgelteinbußen zu Beginn der Betriebsratstätigkeit noch kaum bis gar nicht ins Gewicht fallen. Wird die Betriebsratstätigkeit jedoch über mehrere Jahre ausgeübt, nehmen etwaige Entgelteinbußen hingegen immer weiter zu.

von Inge Reuter-Meyer
Diplom-Ingenieurin, langjährige Betriebsratsvorsitzende