Gelungener Auftakt: Wie ihr als JAV den Ausbildungsstart erfolgreich begleitet

 

730x300 Auszubildende sitzen am Tisch eine Frau und 2 Männer

Es ist Hochsommer und in den ersten Bundesländern gehen die Sommerferien bereits zu Ende, während sie in anderen gerade erst angefangen haben. Alle Jahre wieder ist diese Zeit im Sommer auch die Zeit, in der für viele junge Menschen mit dem Start ihrer Ausbildung ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Vielleicht haben auch in euren Betrieben bereits „neue“ Azubis ihre Ausbildung aufgenommen oder der Ausbildungsstart steht kurz vor der Tür. Viele spannende neue Eindrücke warten auf die Auszubildenden, aber auch neue Rechte und Pflichten, die es zu kennen gilt. Wahrscheinlich haben sich dabei die wenigsten Azubis darüber Gedanken gemacht, was sie konkret alles beim Ausbildungsbeginn erwartet. Das kann einen dann schon nervös machen. Denn immerhin geht es hier um nicht weniger als die berufliche Zukunft junger Menschen.

Als JAV seid ihr in dieser Zeit wieder ganz besonders gefragt. Der Ausbildungsstart ist die beste Gelegenheit, um die neuen Auszubildenden kennenzulernen und euch als JAV vorzustellen. Gerade in dieser Anfangsphase könnt Ihr auch wertvolle Unterstützung leisten, Ängste oder Sorgen nehmen und die ersten Tage der Azubis positiv mitgestalten. Damit ihr dabei als JAV selbst bestens aufgestellt seid, haben wir einige der wichtigsten Fragen rund um die Ausbildung und insbesondere den Ausbildungsstart für euch zusammengestellt.

Was sollte man zum Ausbildungsvertrag wissen?

Der Ausbildungsvertrag muss noch vor Beginn der Ausbildung abgeschlossen und die wesentlichen Inhalte des Vertrags schriftlich vereinbart werden. Sowohl der Ausbilder als auch der oder die Auszubildende müssen die Vereinbarung unterschreiben. Bei minderjährigen Auszubildenden müssen zusätzlich die gesetzlichen Vertreter – in der Regel die Eltern – den Vertrag unterzeichnen.

Der § 11 BBiG zählt die wichtigsten Inhalte des Berufsausbildungsvertrags auf, die mindestens in die schriftliche Vertragsniederschrift aufzunehmen sind. Dazu gehören unter anderem (nicht abschließend):

    - die Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung und insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll
    - Beginn und Dauer der Berufsausbildung
    - Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
    - Dauer der Probezeit
    - Zahlung und Höhe der Vergütung
    - Vergütung oder Ausgleich von Überstunden
    - Dauer des Urlaubs
    - Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann.

Was gilt hinsichtlich der Probezeit?

Nach § 20 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis immer mit einer Probezeit. Sie dauert mindestens einen und maximal vier Monate. Zweck der Probezeit ist, dass sich Ausbilder und Auszubildende kennenlernen und überprüfen können, ob der oder die Auszubildende wirklich den richtigen Beruf gewählt haben. Während dieser Zeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden - sowohl vom Azubi als auch vom Ausbildungsbetrieb. Die Kündigung muss zwar nicht begründet werden, aber sie hat in jedem Fall schriftlich zu erfolgen.

Was ist, wenn Auszubildende erst nach Ende der Probezeit feststellen, dass ihnen die Ausbildung nicht liegt?

Auszubildende können das Berufsausbildungsverhältnis auch nach der Probezeit kündigen, wenn sie die Berufsausbildung ganz aufgeben (z. B. um zu studieren) oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen. Es gilt dann nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG eine Kündigungsfrist von vier Wochen.

Achtung: Diese Kündigungsmöglichkeit gilt nicht, wenn ein Auszubildender nur den Ausbildungsbetrieb wechseln will, aber ansonsten dieselbe Ausbildung anstrebt. Ein Wechsel „nur“ des Ausbildungsbetriebs ist vom BBiG nicht vorgesehen und daher nicht so einfach möglich. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Ausbildungsvertrag vorzeitig beendet und die Ausbildung in einem anderen Betrieb fortgesetzt werden. Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis außer aus den oben genannten Gründen nur noch „aus wichtigem Grund“ gekündigt werden. Ein sogenannter wichtiger Grund ist ausschließlich dann gegeben, wenn die Fortsetzung des bestehenden Vertragsverhältnisses unzumutbar ist.

Leichter ist es in dem Fall oft, wenn eine Beendigung im beiderseitigen Einvernehmen erzielt werden kann und der Betrieb und der oder die Auszubildende einen Aufhebungsvertrag schließen. Dabei muss weder ein Grund angegeben noch eine Frist eingehalten werden. Die Ausbildung kann dann in einem anderen Betrieb auch im gleichen Ausbildungsberuf fortgesetzt werden. Vor Aufgabe der Ausbildung sollten Auszubildende sich aber bestenfalls einen Plan B überlegt haben.

Welche Ausbildungsvergütung steht Auszubildenden zu?

Auszubildende haben gemäß § 17 BBiG Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“, die mit fortschreitender Ausbildung, mindestens jährlich, ansteigen muss.

Für viele Azubis ist diese Ausbildungsvergütung in Tarifverträgen geregelt.

Wenn kein Tarifvertrag zur Anwendung kommt, gilt seit 2020 eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, die - außer in Tarifverträgen - nicht unterschritten werden darf. In nicht tarifgebundenen Betrieben muss also mindestens diese Vergütung gezahlt werden.

Es kann aber sein, dass selbst die Mindestvergütung nicht ausreichend ist und die Ausbildungsvergütung die Mindestvergütung übersteigen muss, um noch als angemessen zu gelten. Der Gesetzgeber hat in das BBiG nämlich die sogenannte 20-Prozent-Regel der Rechtsprechung übernommen. Das heißt, wenn keine beiderseitige Tarifbindung besteht, ist die Ausbildungsvergütung auch dann nicht mehr angemessen, wenn sie zwar über der gesetzlichen Mindestvergütung liegt, aber um mehr als 20 Prozent niedriger ist als die in einem (fachlich) einschlägigen Tarifvertrag festgelegte Vergütung.

Müssen Azubis Überstunden machen?

Auszubildende sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten, da sie im Betrieb sind, um ihren Beruf zu lernen. Die im Ausbildungsvertrag vereinbarte Ausbildungsdauer und die tägliche und wöchentliche Ausbildungszeit sollten dazu normalerweise ausreichen.

Wenn ausnahmsweise doch mal Überstunden - aufgrund ausdrücklicher tariflicher oder vertraglicher Vereinbarung - zu leisten sind, darf die gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit in keinem Fall überschritten werden. Bei erwachsenen Auszubildenden müssen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und bei minderjährigen Auszubildenden außerdem das Jugendarbeitsschutzgesetz eingehalten werden.

Alle Überstunden müssen der oder dem Auszubildenden gemäß § 17 BBiG außerdem zusätzlich vergütet oder in Freizeit ausgeglichen werden.

Ein/e Azubi sollte also nur Überstunden machen, wenn es absolut notwendig ist. Wenn die Überstunden für Auszubildende zur Regel werden, sollten sie sich diese unbedingt notieren und - gegebenenfalls mit Unterstützung der JAV oder des Betriebsrats - das Gespräch mit dem Ausbilder suchen.

Mängel in der Ausbildungsqualität – was tun?

Ausbildende haben die in § 14 BBiG konkretisierte Pflicht, die Auszubildenden entsprechend des Ausbildungsrahmenplans und des betrieblichen Ausbildungsplans auszubilden. Entsprechend muss die Qualität der Ausbildung gewährleistet werden.

Gemäß § 14 Abs. 3 BBiG dürfen Auszubildenden nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen. Das heißt, dass die Übertragung von ausbildungsfremden Tätigkeiten (z. B. Putzen oder Kaffee kochen) keinesfalls die Regel sein darf. Ansonsten handelt der Ausbilder gemäß § 101 BBiG sogar ordnungswidrig.

Gerade zu Beginn ihres Berufslebens kann es für Auszubildende aber schwer sein, sich im Konfliktfall allein gegen den Arbeitgeber zur Wehr zu setzen. Hier ist euer Einsatz als JAV gefragt. Denn als JAV ist es insbesondere eure Aufgabe, darüber zu wachen, dass die zugunsten der von euch vertretenen Jugendlichen und Auszubildenden geltenden Gesetze, Verordnungen und betrieblichen Regelungen eingehalten werden. Mängel in der Ausbildungsqualität solltet ihr daher gemeinsam mit dem Betriebsrat unbedingt sofort ansprechen und euch aktiv für Verbesserungen einsetzen.

Und was könnt Ihr als JAV noch tun?

Nicht nur mit rechtlichen Tipps könnt ihr den Ausbildungsneulingen gleich von Beginn an zur Seite stehen, sondern auch in anderer Form könnt ihr aktiv werden und den Start der Azubis begleiten. So könntet ihr zum Beispiel - in Absprache mit dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat - eine Begrüßungsveranstaltung oder auch gemeinsame Freizeitaktivitäten planen. Oder ihr könnt Auszubildende direkt ansprechen und willkommen heißen und dabei auch gleich ein bisschen mit der „Unternehmens-Knigge“ vertraut machen.

von Carolin Kopel
Ass. jur.

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