Bruttoentgeltlisten - anonymisiert oder mit vollem Namen an den Betriebsrat?

 

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Immer wieder stellt sich der Arbeitgeber die Frage, ob er dem Betriebsrat seine Bruttoentgeltlisten zur Verfügung stellen muss und wenn ja, ob er auf die Auflistung der Namen verzichten kann. Gibt es Wege, einem möglichen Anspruch des Betriebsrats zu entkommen und dem Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers Vorrang einzuräumen? Der Betriebsrat hat doch eigentlich nichts davon, wenn er auch die Namen in den Listen sieht, oder etwa doch?

Der Beschluss des LAG Hamm vom 19.09.2017 gibt Antwort auf genau diese Fragen und Anlass dazu, ihn zum Gegenstand der „Frage des Monats“ zu machen.

Der Fall:

Zwar hatte der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Bruttogehaltsliste letztlich zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt, allerdings war diese anonymisiert. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass er aus Gründen der Datensparsamkeit nicht verpflichtet sei, dem Betriebsrat die Namen ebenfalls zu überlassen. Auch versuchte er insbesondere, die Grundrechte der betroffenen Arbeitnehmer geltend zu machen, um eine Anonymisierung zu rechtfertigen. Aber greifen diese Erwägungen tatsächlich durch?

Die Entscheidung:

Erst kürzlich hat das LAG Hamm in einem Beschluss vom 19.09.17, in dem er auch die Ansicht des BAG teilte, entschieden, dass der Arbeitgeber nicht darum herumkommt, dem Betriebsrat „DIE EINE“ Bruttoentgeltliste zur Verfügung zu stellen, ohne diese vorher zu anonymisieren.

Der Betriebsrat hat sogar einen Anspruch darauf, was sich - so das LAG - zwar nicht aus dem Gesetz selbst, aber aus dem Sinn und Zweck des § 80 Abs. 2, S. 2, Hs. 2 BetrVG ergebe.

Hintergrund der Entscheidung:

Gemäß § 80 Abs. 2, S. 2, 2. Hs. BetrVG sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ein nach § 28 BetrVG gebildeter Betriebsausschuss bzw. der Betriebsratsvorsitzende kann insoweit die Einsichtnahme in die Bruttogehaltslisten verlangen.

Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die geltenden Gesetze und Tarifverträge einhält, worunter auch die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. § 75 Abs. 1 BetrVG fällt.

Diese Aufgabe kann der Betriebsrat jedoch erst dann effektiv wahrnehmen, wenn auch die Vor- und Nachnamen in der Liste enthalten sind und er so durch Aufstellung eines Vergleichs die Einhaltung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit überprüfen kann. Zudem kann der Betriebsrat nur so überblicken, ob ihm gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

Vieles denkbar, aber nichts an Einwänden hilft:

Insbesondere hat das LAG entschieden, dass sich der Arbeitgeber auch nicht auf den Grundsatz der Datensparsamkeit stützen kann, denn die Einsichtnahme in die Bruttoentgeltliste stellt eine zulässige Form der Datennutzung gem. § 32 Abs. 1 BDSG dar (vgl. künftig § 26 BDSG n.F.).

Auch das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) vom 30.06.2017 hilft dem Arbeitgeber nicht weiter. Aus § 13 Abs. 6 ergibt sich nämlich, dass gesetzliche und sonstige kollektiv-rechtlich geregelte Beteiligungsrechte des Betriebsrats vom EntgTranspG unberührt bleiben.

Schließlich kann der Arbeitgeber dem Anspruch des Betriebsrats auch nicht das Grundrecht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung entgegenhalten.

Was ergibt sich daraus:

Es ist also nicht Sache des Betriebsrats, eigens Nachforschungen zur Zuordnung zu den Beschäftigten zu betreiben. Vielmehr ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die effektive Kontrolltätigkeit des Betriebsrats durch Namensnennung zu gewährleisten.

Trotz vieler vermeintlicher Einfallstore, bleibt dem Arbeitgeber also letztlich doch keine Möglichkeit, den Anspruch des Betriebsrats aus § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. BetrVG und damit insbesondere die namentliche Nennung der Beschäftigten in der Bruttoentgeltliste zu vermeiden.