Was ist eigentlich Sonderurlaub?

 

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Muss der Arbeitgeber einen Tag oder sogar mehr frei geben, wenn ich umziehe, heirate und ein Verwandter beerdigt wird?

Diese Frage wird oft gestellt und sowohl Führungskräfte als auch Betriebsräte sind mit der Beantwortung häufig überfordert. Das ist auch kein Wunder, denn die korrekte Antwort lautet wie so oft: Es kommt drauf an!

Aber worauf kommt es an?

Darauf, welche Regeln gelten oder ob es überhaupt welche gibt. Am Einfachsten ist es, wenn das Thema in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder - was sehr selten der Fall ist - im Arbeitsvertrag eindeutig geregelt ist. Dort sind dann in aller Regel klare Fälle benannt, in denen eine bestimmte Anzahl an freien Tagen gewährt werden muss.

Viel schwieriger ist es aber, wenn es solche klaren Regeln nicht gibt. Denn ein Blick ins Gesetz zeigt, dass es so etwas wie Sonderurlaub gar nicht gibt. Es gibt lediglich verschiedene Freistellungsansprüche, zum Beispiel für das erkrankte minderjährige Kind, das der Beaufsichtigung und Pflege bedarf (§ 45 SGB V) oder für die Stellensuche in einem gekündigten Arbeitsverhältnis (§ 629 BGB).

Wenn man jedoch in der Nähe der letztgenannten Vorschrift sucht, findet man den sehr antiquiert formulierten § 616 BGB. Hier geht es um eine vorübergehende Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen, für die der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter gewähren muss. Dabei sind jedoch mehrere Dinge zu beachten:

  1. Der Arbeitgeber kann die Anwendung dieser Vorschrift ausschließen, was bedeutet, dass kein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts in diesen Fällen besteht.
     
  2. Es muss sich um eine Verhinderung aus einem in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund handeln. Typische Beispiele sind die oben Genannten (Umzug, Hochzeit, Beerdigung naher Angehöriger etc.) und auch Arztbesuche ohne Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit (wobei solche Termine vorrangig außerhalb der Arbeitszeit gelegt werden müssen), nicht aber ein Streik der Bahn oder witterungsbedingter Zusammenbruch des Verkehrs. In diesen Fällen trifft es ja nicht nur den Einzelnen, es liegt also nicht in seiner Person.
     
  3. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur für eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit". Üblicherweise bedeutet das nicht länger als einige wenige Tage. Eine genaue Festlegung ist hier sehr schwierig.

Mit regelrechtem Sonderurlaub hat das also sehr wenig zu tun. Um Streitigkeiten vorzubeugen empfiehlt es sich daher, eindeutige Regeln festzulegen, sei es durch eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag.

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