Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds

 

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Der Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten (§ 23 Absatz 1 BetrVG) kann nicht durch eine einstweilige Verfügung im Eilverfahren erreicht werden. Die Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds kann erst nach rechtskräftiger Gerichtsentscheidung erfolgen.

Landesarbeitsgericht Nürnberg, 25. Februar 2016 - 7 TaBVGa 4/15

Der Fall:

Das Betriebsratsgremium hat beschlossen, ein Betriebsratsmitglied aus dem Betriebsrat ausschließen zu lassen. Grund war, dass dieses Mitglied Protokolle von Betriebsratssitzungen an seine Gewerkschaft weitergegeben hat, die auch personenbezogene Daten von Beschäftigten enthielten, wodurch es in der Belegschaft zu erheblicher Unruhe gekommen war. Daraufhin leitete der Betriebsrat ein Amtsenthebungsverfahren beim Arbeitsgericht ein (§ 23 Absatz 1 BetrVG). Da aus Sicht des Betriebsrats Wiederholungsgefahr bestand und ein ungestörtes Arbeiten im Betriebsrat nicht mehr möglich sei, beantragte er zusätzlich beim Arbeitsgericht, das Betriebsratsmitglied im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig aus dem Betriebsrat auszuschließen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens.

Die Lösung:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte beim LAG keinen Erfolg. Eine Amtsenthebung nach § 23 Abs. 1 BetrVG durch gerichtliche Entscheidung gestaltet die Rechtslage. Erst mit Rechtskraft der Entscheidung ist das betroffene Betriebsratsmitglied aus dem Betriebsrat ausgeschlossen. Eine gesetzliche Regelung, wonach ein vorläufiger Ausschluss aus dem Gremium in Betracht kommt, gibt es nicht.

Hinweis für die Praxis:

Der Ausschluss aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats ist abschließend in § 23 Absatz 1 BetrVG geregelt und bedeutet, dass bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung das Betriebsratsmitglied bzw. der Betriebsrat als Gremium im Amt bleibt und seine Tätigkeiten weiter ausübt.

  • Selbst bei schwerstem Fehlverhalten des Mitglieds oder des Gremiums insgesamt ist diese Rechtslage hinzunehmen, auch wenn sicherlich Fälle denkbar sind, wo dies für das Betriebsratsgremium oder den antragstellenden Arbeitgeber oder die antragstellende ausreichende Zahl von Arbeitnehmern kaum zumutbar sein kann.
     
  • Bis zum rechtskräftigen Ausschluss bleibt das von der Belegschaft gewählte Betriebsratsmitglied im Amt und nimmt in vollem Umfang seine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und Befugnisse wahr.
     
  • Denn in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wird nur "summarisch", also nicht so tiefgreifend geprüft wie im Hauptsacheverfahren. Zudem bedarf eine analoge Anwendung des § 23 Absatz 1 BetrVG auch auf das einstweilige Verfügungsverfahren wohl einer gesetzlichen Grundlage, die aber fehlt.

Übrigens: Selbst nach rechtskräftigem Ausschlussbeschluss ist es dem betroffenen Betriebsratsmitglied selbstverständlich nicht verwehrt, bei der nächsten Betriebsratswahl erneut zu kandidieren. Dies können die Antragsteller im Verfahren nach § 23 Absatz 1 BetrVG nicht verhindern.

 

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