Kategorie: <span>Kollektivarbeitsrecht</span>

WirtschaftsausschussDass für Betriebsräte der Beschluss die einzig zulässige Willensbildung ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Hoffe ich zumindest. Doch wie sieht es beim Wirtschaftsausschuss aus? Handelt auch dieser nur durch Beschluss? Um es kurz zu machen: ja! Schmerzliche Erfahrungen musste hier ein Gesamtbetriebsrat machen, der gem. § 109 Abs. 1 BetrVG die Einigunggstelle anrufen wollte, weil „sein“ Wirtschaftsausschuss vom Arbeitgeber nur unzureichend unterrichtet wurde. Diesem begehren setzte das LAG Hamm mit Beschluss vom 02.11.2015 Az. 13 TaBV 70/15 aber ein Ende. Warum wohl? Nun, es fehlte an einem Beschluss des Wirtschaftsausschusses. Verlangt ein Wirtschaftsausschuss vom Arbeitgeber konkrete Auskünfte über bestimmte wirtschaftliche Angelegenheiten, so muss er hierfür vorher einen Beschluss gefasst haben. Insofern gelten die Vorschriften für den Betriebsrat. Nicht ausreichend ist es, wenn der Sprecher des Wirtschaftsausschusses lediglich ein Schreiben an den Arbeitgeber mit der Bitte um Auskunft schickt, ohne hierfür durch einen Beschluss legitimiert zu sein. Und wenn schon das Auskunftsverlangen nicht „ordentlich“ war, brauchen wir über die Einigungsstelle erst gar nicht nachdenken.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

SchulungenEs gibt §§ mit denen kann ich nur bedingt etwas anfangen. Dazu gehört insbesondere § 37 Abs. 7 BetrVG. Ich bezeichne diesen § immer gerne als Bildungsurlaub für Betriebsräte. Und Achtung! Die Betonung liegt auf: „für Betriebsräte“. Der echte Anspruch auf Bildungsurlaub für Arbeitnehmer bleibt hiervon unberücksichtigt. Doch zurück. Warum hab ich mit diesem § Probleme. Nun. Fragt man Betriebsräte, z. B. in einem BetrVG I Seminar, wie viele Schulungen sie pro Jahr besuchen dürfen, kommt häufig die Antwort, dass es drei bzw. vier sind, wenn das Gremium erstmals im Amt ist. Auf meine anschließende Frage, wo das denn stehen würde bekomme ich regelmäßig folgende Antworten:

 

  1. Das hat uns die Personalabteilung so gesagt. Aha!! Die Personalabteilung weiß scheinbar auch nicht wo es steht, behauptet es aber erst mal, nach dem guten alten Grundsatz „Gut behauptet ist besser als schlecht bewiesen.“.
  2. Das sagt unser BR-Vorsitzender und der muss es wissen, der ist nämlich schon lange dabei. Ooohhhh!!! An dieser Stelle hat man als Referent nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder lässt man diese Aussage unkommentiert im Raum stehen (nicht gut) oder fragt dezent nach, ob denn der BR-Vorsitzende (kann übrigens auch eine Frau sein) schon mal gesagt hätte, wo es denn steht. Nicht selten tritt an dieser Stelle Schweigen ein.
  3. Mehr Schulungen hat unser Betriebsrat nie im Jahr gemacht. Arbeitgeberfreundlich aber fair und ok!!
  4. Mehr Budget haben wir nicht. Mmmhhhh… Budget ist unendlich… Aber lassen wir das.
  5. Steht so im Gesetz. Jawolllll! Aber wo? § 37 Abs. 7 BetrVG! Uff!! Ich hab`s geahnt…

Und nun? Nun ist ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten. Insbesondere sollte jetzt § 37 Abs. 6 BetrVG gelesen werden. Und dort findet sich das Wort „erforderlich“. Der Betriebsrat kann so viele Schulungen besuchen, soweit sie für seine Arbeit als Betriebsrat erforderlich sind. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage aber die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen.

Und § 37 Abs. 7 BetrVG. Der gibt ein paar Wochen on top. Aber Achtung!!! Hinsichtlich der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber ergeben sich bei § 37 Abs. 6 und Abs. 7 BetrVG doch Unterschiede. Wer hier mehr wissen möchte, dem empfehle ich Poko Schulungen. Z. B. dies hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsausschuss…ist das richtige Wort für diesen Beitrag. Und kurz ist er auch noch. Aber wichtig ist er auch. Und er ist nicht aktuell, sondern immer wiederkehrend. Worum geht es? Es geht um die einfache Frage, ob der Betriebsrat Aufgaben bei personellen Einzelmaßnahmen § 99 BetrVG auf den Betriebsausschuss übertragen kann. Jahaaaa! Kann er!! Dazu das LAG Berlin mit Beschluss v. 21.08.2014 Az.: 10 TaBV 671/14: „Der Betriebsausschuss kann grundsätzlich mit jeder Aufgabe betraut werden, für die der Betriebsrat zuständig ist. Dies folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Aufgabenübertragung nach § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG nur den Abschluss von Betriebsvereinbarungen ausgenommen hat.“ Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich der Betriebsrat aller seiner Befugnisse entäußert. Er muss in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse als Gesamtorgan zuständig bleiben. Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat lediglich die personellen Einzelmaßnahmen sowie die Bereiche Arbeitszeit und Sachmittel auf den Betriebsausschuss übertragen. Sämtliche anderen Bereiche blieben beim Betriebsrat. Die Übertragung der personellen Maßnahmen machte auch Sinn, da der Betriebsrat bei jährlich 2000 personellen Einzelmaßnahmen kaum mehr handlungsfähig gewesen wäre.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

SchulungGeht das? Geht schon. Nur wer trägt die Kosten? Doch zur Sache. Betriebsrat und Arbeitgeber trafen sich vor der Einigungsstelle. Das soll vorkommen. Dafür ist die Eingungsstelle ja da. Auf Betriebsratsseite standen das BR-Mitglied S sowie zwei Externe. Einmal eine Frau M und ein Rechtsanwalt G (Oder vielleicht Dr. G. Wer weiß es…). Da Betriebsratsmitglied S keinerlei Erfahrung in der Einigungsstelle hatte, entschloss sich der Betriebsrat erstmal, den S auf eine Schulung zum Thema Einigungsstelle zu schicken. Das ist zunächst einmal nicht so abwegig. Problem bei der ganzen Sache war nur, dass Veranstalter der Schulung Frau M war und der Referent Rechtsanwalt G. Kosten für die Schulung: 1.654,10 EUR. Und wer wollte die Kosten nicht übernehmen? Richtig! Der Arbeitgber. Wie überraschend. Dieser war der Meinung, dass eine solche Schulung nicht erforderlich sei. Die Sache ging bis zum BAG.

Hören wir gespannt den Worten des BAG.

„Die Tätigkeit eines BR-Mitglieds in der Einigungsstelle gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder. Sie kann daher die Erforderlichkeit einer Schulung nicht begründen.“

Etappensieg für den Arbeitgeber. Aber noch ist nicht Schluss.

„Es gehört zu den Aufgaben des Betriebsrats, die Verhandlungen in der E-Stelle zu begleiten und sich mit Vorschlägen der E-Stelle kritisch auseinanderzusetzen. Um diese Aufgabe in eigener Kompetenz wahrnehmen zu können, kann auch die Schulung eines – in die Einigungsstelle – entsandten BR-Mitglieds erforderlich sein.“

Diese Etappe entschied der Betriebsrat für sich. Und nun der Schlussspurt.

„Ungeeignet für den Zweck, eine kritische Begleitung der E-Stelle zu gewährleisten, und damit NICHT erforderlich iSd. § 37 Abs. 6 BetrVG ist die Schulung durch die in die Einigungsstelle entsandten externen Beisitzer.“

Es hätte so schön sein können.

Den Fall habe ich der Seite www.team-arbeitsrecht.de von Rechtsanwalt Dr. Stephan Grundmann entnommen. Vielen Dank!

Ach ja: Az. BAG 7 ABR 64/12

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Nehmen wir mal an, wir haben einen Betrieb, bei dem ab und an der ein oder andere Mitarbeiter zu spät kommt. Und das vielleicht sogar regelmäßig. Wie reagiert der Arbeitgeber? Lassen wir dabei mal so schlimme Dinge wie Abmahnung oder Kündigung außen vor. Also, was bleibt noch? Häufig werden die Mitarbeiter zunächst zum Gespräch geladen. Und so ein Gespräch verläuft natürlich immer unterschiedlich. Je nachdem, welcher Vorgesetzte das Gespräch führt, gelten andere Spielregeln. Mal gibt es Einzelgespräche, mal im Beisein des BR. Um so etwas zu vereinheitlichen, könnte man an allgemeine Regeln für Mitarbeitergespräche denken. Gute Idee. Funktioniert aber nur, wenn der Arbeitgeber mitspielt. Und wenn nicht, was dann? Dann gehen wir zur Einigungsstelle. Da gehen wir gerne hin. Anwälte übrigens auch… 😉 Doch zur Eingungsstelle können wir nur dann gehen, wenn es sich bei den „Allgemeinen Regeln für Mitarbeitergespräche“ um eine Mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 BetrVG handelt. In Betracht käme hier § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Ordnung des Betriebs! Das passt immer. Alles ist irgendwie Ordnung. Meint man, ist aber nicht so. Hier passt es nicht. Hierzu das LAG München Beschluss vom 14.08.2014 Az. 4 TaBV44/14.

Gegenstand dieses Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer…

Des Weiteren bezieht sich die „Ordnung des Betriebs“- die betriebliche Ordnung – i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auf ein betriebseinheitliches, generelles, Verfahren bei Reaktionen auf z. B. individuelles Fehlverhalten, ein standardisiertes, technisches oder formularmäßiges Vorgehen, das Vorliegen vereinheitlichter, allgemeingültiger, Regelungen außerhalb einzelfallbezogener Anordnungen hinsichtlich der individuellen Arbeitspflichterfüllung und Arbeitsausführung unmittelbar.
Damit scheidet eine Mitbestimmung bei Maßnahmen des Arbeitgebers/Vorgesetzten aus, die keinen Bezug zur betrieblichen Ordnung haben, sondern allein das individuelle Arbeitsverhalten eines Arbeitnehmers, die Erfüllung seiner Arbeitspflicht, seiner Arbeitsleistung ohne Bezug zur betrieblichen Ordnung betreffen…
Ergebnis: Keine Mitbestimmung. Keine „Allgemeinen Regeln für Mitarbeitergespräche“. Nun denn…

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das ist die hohe Kunst der Juristerei. Ich beherrsche sie nicht. Habe das aber auch nie von mir behauptet. Diesmal geht es hier um die Höhe einer Soziaplanabfindung. Der Sozialplan enthielt u. a. folgende Regelungen:

„Der Gesamtabfindungsbetrag aus Grund-, Sockel- und Steigerungsbetrag darf nicht höher liegen als 100.000,00 (in Worten: einhunderttausend) EUR.“

„Jeder Arbeitnehmer erhält – vorbehaltlich der Regelungen des § 3 Ziffer 1 – zusätzlich zum Sockelbetrag gemäß Ziffer 4.1 einen Abfindungsgrundbetrag. Der Grundbetrag errechnet sich wie folgt:

Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt x 0,85.“

 

Kurz gesagt: Egal wie lange ich im Betrieb bin, im Rahmen des Sozialplans gibt es nicht mehr als 100.000 EUR. Diese Summe erhielt auch der Kläger. Ohne diese Höchstbetragsgrenze betrüge die Abfindung nach dem Sozialplan € 161.868,59. Der Kläger war nun der Ansicht, das er durch diese Kappungsgrenze mittelbar wegen seines Alters benachteiligt werde. Mittelbar deshalb, weil der Sozialplan nicht direkt das Alter berücksichtigt, sondern die Betriebszugehörigkeit. Und die kann vom Alter des Arbeitnehmers abhängig sein. Stellen wir uns also die Frage, ob überhaupt eine Benachteilugng vorliegt. Das LAG Nürnberg hat mit Urteil v. 12.11.2014 Az. 2 Sa 317/14 entschieden, dass solche Höchstbetragsgrenzen im Sozialplan weder zu einer unmittelbaren noch zu einer mittelbaren Benachteiligung führen.

„Eine Höchstbetragsklausel benachteiligt ältere Arbeitnehmer nicht, sondern begrenzt vielmehr deren mit der Altersstaffelung verbundene Bevorzugung.“, so dass LAG Nürnberg.

Eben kein Nachteil, sondern nur keinen Vorteil.

 

Individualarbeitsrecht Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Schauen wir uns einmal folgenden Sachverhalt an. Wir haben auf der einen Seite einen Betriebsrat und auf der anderen Seite natürlich einen Arbeitgeber. Nun macht der Betriebsrats etwas, was er oft macht. Er sitzt zusammen und fasst Beschlüsse. Einer dieser Beschlüsse lautet: Betriebsrat A fährt zum Seminar „Diskussionsführung und Verhandlungstechnik“. Der aufmerksame Leser merkt, dass hier schon etwas nicht so richtig passt. Betriebsrat A ist nicht der Vorsitzende. Nun gut. Der Arbeitgeber wird informiert, schweigt aber. Zahlt aber für die Zeit der Schulungsteilnahme den Lohn fort. Nun kommt die Rechnung der Gewerkschaft (war in diesem Fall der Schulungsanbieter. Tststststs). Der Arbeitgeber zahlt nicht, weil er der Auffassung ist, dass die Schulung nicht erforderlich gewesen sei. Zu Recht. Dieses Ergebnis wollen wir vorwegnehmen. Doch auf welche Idee können wir noch kommen. Richtig. Wir können die Mitteilung des Betriebsrats an den Arbeitgeber, dass Betriebsrat A zum Seminar fährt, als Angebot eines Kostenübernahmevertrages ansehen. Und das Schweigen hierauf als Annahme.

Klappt aber nicht, sagte das BAG mit Entscheidung vom 24.05.1995 Az. 7 ABR 54/94. Die Mitteilung an den Arbeitgeber kann weder als Vertragsangebot, noch das Schweigen hierauf als Annahme gewertet werden. Es bleibt also dabei: Schweigen ist nichts.

Und jetzt fragen sie sich sicher, warum ich mich mit so nem alten Kram befasse. Nun, die Antwort ist ganz einfach. Mit fiel gerade nichts Besseres ein. 🙂

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

TelearbeitTelearbeit -ich berichtete hier und hier– kann eine schöne Sache sein. Bei der Arbeit bügeln… Sie wissen schon. Diesmal wollen wir uns der Sache aber mal aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht nähern. Dabei soll es um die Frage gehen, ob die Beendigung von alternierender Telearbeit eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG darstellt. Der Kläger war bei einer Bank als Firmenkundenberater mindestens zu 40% an der häuslichen Arbeitsstätte tätig. Dies war vertraglich so vereinbart. Nach gescheiterten Beendigungsgesprächen (des Arbeitsvertrags) kündigte die Bank (Beklagte) die Vereinbarung über die Telearbeit. Dagegen klagte der Firmenkundenberater. Das LAG Düsseldorf Urteil v. 10.09.2014 Az. 12 Sa 505/14 hat sich in seiner Entscheidung u. a. auch mit der Frage befasst, ob die Beendigung alternierender Telearbeit regelmäßig eine Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes darstellt. Dies bejahte das LAG Düsseldorf. Die Beendigung einer alternierenden Telearbeit stellt auch dann eine Versetzung dar, wenn der Ortswechsel für den Arbeitnehmer typisch ist. So wie vorliegend also, wenn der Kläger einen Großteil seiner Arbeit beim Kunden erbrachte.  Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf ist auch bei nur teilweiser Telearbeit eine völlig andere, so dass sich bei Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich ändert.

Kurz gesagt: Im vorliegenden Fall wäre die Beendigung der Telearbeit eine Versetzung iSd § 95 Abs. 3 BetrVG gewesen und hätte somit der Zustimmung des Betriebsrats bedurft. Dessen Zustimmung wurde aber nicht eingeholt.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Wozu? Zum Geburtstag? Zum Essen? Zum…? Was auch immer. All dies ist hier nicht gemeint. Vielmehr geht es um § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Dort steht, dass der Vorsitzende die Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden hat. Und in Satz 6 steht dann noch, dass der Vorsitzende für verhinderte Mitglieder ein Ersatzmitglied zu laden hat. Um die Frage der Verhinderung soll es hier nicht mehr gehen. Das hatten wir an anderer Stelle. Wir wollen uns nur ganz kurz mit der Ladung befassen. Jeder Betriebsratsvorsitzende denkt jetzt vermutlich, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe. Das stimmt! Habe ich auch nicht. Aber so’n paar stehen noch drin. Was für jeden Betriebsratsvorsitzenden selbstverständlich ist, birgt in der Praxis doch die ein oder andere Tücke. Warum? Nun, die Erfahrung zeigt, dass mit der Ladung doch manchmal etwas locker umgegangen wird. Gerne wird auf die Ladung des/der ein oder anderen Kollegen/Kollegin verzichtet. Die Gründe hierfür können vielfältig sein.

Hier ein paar Beispiele:

  • Der Meier hat doch eh keine Ahnung.
  • Auf den kann ich gerne verzichten.
  • Unser Büro ist eh zu klein.
  • Wenn die dabei ist, dauert es wieder ewig.
  • Ersatzmitglieder lade ich generell nicht.
  • Ich lade nur die, die meiner Meinung sind.
  • Der riecht.

Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Konsequenz eines solchen Handelns? Unwirksamkeit des Beschlusses. Dies hat auch das LAG Hamm mit Beschluss vom 24.10.2014 Az. 13 TaBV 94/13 nochmal klargestellt.

Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (15.04.2014 – 1 ABR 2/13 (B) – NZA 2014, 551 m.w.N.) ist die in § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG unter anderem ausdrücklich angeordnete Ladung der Betriebsratsmitglieder zu Gremiumssitzungen als wesentlich für die Wirksamkeit eines darin gefassten Beschlusses anzusehen. Denn nur so ist eine den demokratischen Grundprinzipien gerecht werdende Willensbildung innerhalb des Betriebsrates, die möglichst immer unter Teilnahme aller gewählten Betriebsratsmitglieder stattfinden soll, gewährleistet.“

Daher: Wenn es mal wieder riecht oder das Büro zu klein ist, besser lüften und dicht zusammenrücken. So bleiben auch die Beschlüsse wirksam.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

BetriebsübergangKeiner! Nun, das kann nicht sein. Der Betriebsrat auf jeden Fall nicht. Insbesondere dann nicht, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts (hier in einem Beschlussverfahren) erforderlich war und der Betriebsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Das alles stellt hier vorliegend kein Problem dar. Problem ist hier vielmehr der Arbeitgeber, bzw. die Arbeitgeber. Die wollen nämlich nicht zahlen. Wen? Den Anwalt? Wie kann man nur…

Jetzt zum Sachverhalt in sehr stark vereinfachter, gekürzter und gewohnt unjuristischer Darstellung. Unser Arbeitgeber Nr. 1 ist ein Seniorenwohnheim und unser Betriebsrat halt eben der fünfköpfige Betriebsrat dieses Seniorenwohnheims. Ach nee…! 😉 Nr. 1 (nicht Nr. 5 🙂 ) und Betriebsrat streiten sich vor Gericht. Das kostet Geld. Rund 3000 EUR für den Anwalt des Betriebsrats sind fällig. Dies hat gem. § 40 Abs. 1 BetrVG der Arbeitgeber Nr. 1 zu zahlen. Nr. 1 zahlt nicht. Es gibt in diesem Verfahren noch einen Arbeitgeber Nr. 2, der zahlt aber auch nicht. Doch den lassen wir mal weg. Der Anwalt will sein Geld nun vom BR und dieser beantragt daraufhin beim Arbeitsgericht den Arbeitgeber Nr. 1 ihn von den Kosten des Anwalts freizustellen. Es geht hin und her, auch wegen Arbeitgeber Nr. 2. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens übernimmt Arbeitgeber Nr. 3 das Seniorenwohnheim. Gezahlt hat zwischendurch noch keiner. Pfui!! Unser Betriebsrat verlangt nun von Arbeitgeber Nr. 3 die Freistellung von den Anwaltskosten. Zu Recht? Es geht hier um einen Betriebsübergang iSd. § 613a BGB. Die Frage lautet also, ob bei einem Betriebsübergang auch die Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 BetrVG auf den Erwerber übergeht.

Dazu das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss v. 20.08.2014 Az. 7 ABR 60/12.

„Bei einem Betriebsübergang iSd. § 613a BGB geht diese Verpflichtung auf den Betriebserwerber über. Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 613a Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift regelt nur die individualrechtlichen Folgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs und bestimmt, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Über betriebsverfassungsrechtliche Pflichten besagt die Vorschrift nichts. Im Falle eines Betriebsübergangs tritt jedoch der neue Inhaber des Betriebs materiellrechtlich in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsinhabers ein. Der Betriebserwerber haftet daher grundsätzlich als neuer Betriebsinhaber für noch nicht erfüllte Freistellungsansprüche des Betriebsrats.“

Na, zahlt ja doch jemand den Anwalt… Gehört sich auch so! Smile…

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte