Neutralitätspflicht mal anders

Wahlvorstand§ 20 II BetrVG verbietet die Wahlbeeinflussung, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Ein striktes Neutralitätsgebot im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen gibt es nicht. Auch nicht für den Arbeitgeber, so entschied es das BAG mit Urteil vom 25.20.2017.

Was war passiert?

Antragsteller waren wahlberechtigte Arbeitnehmer eines Betriebs, darunter die ehemalige Betriebsratsvorsitzende. Antragsgegner – oh Wunder, die Arbeitgeberin und der neugewählte Betriebsrat.

Die Beteiligten stritten über die Wirksamkeit der Betriebsratswahl.

Auf einem von der Geschäftsleitung initiierten Treffen wurde vor ca. 80 Anwesenden geäußert, die amtierende Betriebsratsvorsitzende behindere die Arbeit des Unternehmens. Der damalige Geschäftsführer forderte die Anwesenden auf, geeignete Mitarbeiter für einen neuen Betriebsrat zu suchen. Weitergehende Äußerungen in Bezug auf das Verhalten der Vorsitzenden wurden nicht getroffen.

Die Antragssteller sahen jedoch bereits in der Aufforderung des Geschäftsführers eine unzulässige Wahlbeeinflussung. Betriebsrat und Arbeitgeberin sahen dies indes anders.

Nach § 20 II BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Als Nachteil ist dabei jedes Übel zu verstehen, das geeignet ist, die freie Willensbestimmung zu beeinträchtigen. Vorteil ist hierbei jede Vergünstigung, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht.

Untersagt ist somit jede Benachteiligung oder Begünstigung einzelner Kandidaten oder Wahlvorschlagslisten mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung.

Die Vorschrift untersagt jedoch absolut nicht jede Handlung oder Äußerung, die abstrakt geeignet sein könnte, die Wahl zu beeinflussen.

Die Beeinflussung muss vielmehr durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen erfolgen.

Andersfalls laufe man Gefahr, bereits durch leichteste Kritik die Anfechtung der Betriebsratswahl zu riskieren. So wäre eine in der Vergangenheit liegende – möglicherweise situative und später fallengelassene – Äußerung des Arbeitgebers in dem der Wunsch zum Ausdruck gekommen ist, bei der nächsten Wahl möge ein anderer Betriebsrat gewählt werden, die Gefahr einer Anfechtung begründen.

Dieses drohende Anfechtungsrisiko widerspricht der Systematik des Gesetzes und wäre in höchstem Maße hinderlich für eine sinnvolle und vor allem rechtssichere Durchführung einer Betriebsratswahl.

Dem Arbeitgeber kann also nur geraten werden, Obacht in Bezug auf seine Äußerungen über zukünftigen Betriebsratswahlen walten zu lassen.

Es ist zwar nicht jedes Verhalten verboten, aber sicherlich auch nicht alles erlaubt.

 

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