Ersatzmitglied

Ersatzmitglieder sind alle nicht mit ausreichender Stimmenzahl gewählten und damit nicht direkt im Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer, sofern sie bei der Wahl zumindest eine Stimme erhalten haben.

Ein Ersatzmitglied rückt dauerhaft in den Betriebsrat nach, wenn ein Mitglied des Betriebsrats ausscheidet (§ 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Dies ist gemäß § 24 Nr. 2 - 6 BetrVG der Fall, wenn:

  • das Betriebsratsmitglied sein Amt niederlegt
  • sein Arbeitsverhältnis beendet ist
  • es seine Wählbarkeit verliert
  • es aus dem Betriebsrat ausgeschlossen wird (§ 23 Abs. 1 BetrVG)
  • eine gerichtliche Entscheidung über die Feststellung der Nichtwählbarkeit im Zuge einer Wahlanfechtung vorliegt.

Ein Ersatzmitglied rückt vorübergehend in den Betriebsrat nach, wenn ein Mitglied des Betriebsrats zeitweilig verhindert ist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Details, siehe: Verhinderung
    
Das nachgerückte Ersatzmitglied übernimmt keine Funktionen, die das vertretene Mitglied innehat (z. B. stellvertretender Vorsitzender, Mitglied im Betriebsausschusses). Auch eine Freistellung geht nicht auf das Ersatzmitglied über.

Auswahl des Ersatzmitglieds

Zwischen den auszuwählenden Ersatzmitgliedern legt § 25 Abs. 2 BetrVG die Rangfolge fest:

  • Bei Verhältniswahl ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Betriebsratsmitglied angehört.
     
  • Bei Mehrheitswahl ist das Ersatzmitglied mit der höchsten erreichten Stimmzahl auszuwählen.
     
  • Besteht ein Betriebsrat aus mindestens drei Mitgliedern, so muss gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG das Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein. Auf dieses Erfordernis hat der Betriebsratsvorsitzende auch bei der Ladung eines Ersatzmitglieds zu achten. Ist also ein Betriebsratsmitglied verhindert, das zu dem Geschlecht in der Minderheit gehört, ist - soweit vorhanden - das nächste Ersatzmitglied zu laden, das diesem Geschlecht angehört, § 25 Abs. 2 S. 1 BetrVG.

Besonderer Kündigungsschutz

  • Ersatzmitglieder genießen in den ersten sechs Monaten nach Bekanntgabe der Wahl den erhöhten nachwirkenden Kündigungsschutz der Wahlbewerber gemäß § 15 Abs. 3 KSchG und sind während ihrer Amtszeit nur außerordentlich und mit Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 BetrVG kündbar, § 15 KSchG. Für den Ausnahmefall der Betriebsstilllegung oder der Stilllegung einer Betriebsabteilung ist dagegen auch der Betriebsrat nur nach § 102 BetrVG, nicht nach § 103 BetrVG zu beteiligen.
     
  • Im Vertretungsfall tritt für Ersatzmitglieder der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG während der Dauer der Vertretung ein. Er hängt nicht davon ab, dass die Verhinderung des ordentlichen Mitglieds dem Ersatzmitglied bekannt ist. Der besondere Schutz aus § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG steht dem Ersatzmitglied unabhängig von der Dauer des Verhinderungsfalls und damit auch bei nur kurzzeitiger Verhinderung zu. Der Schutz hängt auch nicht davon ab, dass das Ersatzmitglied während der Vertretungszeit tatsächlich Betriebsratsaufgaben erledigt (BAG 08.09.2011 - 2 AZR 388/10). Zu entscheiden ist allerdings immer, ob überhaupt eine Verhinderung des ordentlichen Mitglieds vorliegt. Dies ist nach der Rechtsprechung des BAG immer im Falle eines - auch eintägigen - Erholungsurlaubs der Fall, nicht unbedingt dagegen im Falle eines Arztbesuchs. Will das Betriebsratsmitglied auch während seines Erholungsurlaubs seine Betriebsratstätigkeiten verrichten, muss es dies ausdrücklich anzeigen.
     
  • Darüber hinaus genießen Ersatzmitglieder, nachdem sie nach der Beendigung ihrer Vertretung wieder aus dem Betriebsrat ausgeschieden sind, den vollen nachwirkenden Kündigungsschutz von einem Jahr gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG. Er tritt allerdings - anders als beim Kündigungsschutz während der Vertretung (siehe oben) - nur ein, wenn das Ersatzmitglied in der Vertretungszeit konkrete Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat. Auf den Umfang der Vertretungstätigkeit kommt es nicht an. Der Kündigungsschutz beginnt nach Beendigung der Vertretung im Betriebsrat. Der Ein-Jahres-Zeitraum beginnt bei jeder weiteren Vertretung erneut zu laufen (BAG 18.05.2006 - 6 AZR 627/05). Der nachwirkende Kündigungsschutz besteht unabhängig davon, ob der Arbeitgeber bei Ausspruch der ordentlichen Kündigung von der Vertretungstätigkeit gewusst hat. Er entfällt auch nicht allein deshalb, weil sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat. Ausgeschlossen ist der Schutz des § 15 KSchG, wenn der Vertretungsfall zum Schein herbeigeführt wird oder das Ersatzmitglied weiß bzw. sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt (BAG 12.02.2004 - 2 AZR 163/03).
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