Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – ein echter Gamechanger

Im Laufe der vergangenen Corona Pandemie traten die Folgen der Unterbrechung von Lieferketten  deutlich in den Fokus. Nun rücken diese erneut in das Scheinwerferlicht wirtschaftlichen Handelns und wirtschaftlicher Angelegenheiten. § 106 Abs 3 BetrVG wurde um den Punkt 5b erweitert. Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten, über die der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss von sich aus zu unterrichten hat, zählen ab dem 1.1.2023 auch die „Fragen der Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).Das nationale LkSG wurde seit dem 14.12.2023 um das EU- Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Dilligence Directive, kurz CSDDD) ergänzt. Damit sind Reputations- und Performancerisiken, die sich aus der Verletzung von menschen- und umweltrechtlichen Risiken und der Nichteinhaltung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang in der Lieferkette ergeben können, wirtschaftliche Angelegenheiten, die der Wirtschaftsausschuss mit dem Unternehmer zu beraten hat.

Welche Unternehmen sind davon betroffen:

Entsprechend § 1 LkSG sind ab dem 1.1.2023 Unternehmen, die ihren Sitz in Deutschland haben und in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer*innen haben, ab dem 1.1.2024 1.000 Arbeitnehmer*innen, direkt davon betroffen. Diese Schwellenwerte reduzieren sich entsprechend dem CSDDD für alle europäischen Unternehmen auf 500 Arbeitnehmer*innen und einen weltweiten Jahresumsatz von mehr als 150 Mio Euro. Ergänzt wird diese Regelung um eine sektorale Betrachtung von Unternehmen mit erhöhtem Schadenspotential auf niedrigere Schwellenwerte von 250 Arbeitnehmer*innen und 40 Mio Euro Jahresumsatz. Europaparlament und Ministerrat müssen noch zustimmen – eine reine Formsache.

Lieferkette

Während des LkSG von einer Lieferkette spricht, verwendet  die CSDDD den Begriff der Wertschöpfungskette. Die Lieferkette ist Teil der Wertschöpfungskette, ohne jedoch den finalen Endabnehmer einzubeziehen.  Eine Lieferkette umfasst somit alle
Schritte im In- Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, beginnend bei der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden (§ 2 Abs 5 LkSG). Mit Umsetzung der CSDDD Richtlinie erfolgt eine „upstream“ Betrachtung, die auch den finalen Endkunden in die Überprüfung mit einbezieht. Dies gilt etwa für den Vertrieb oder die Wiederverwertung produzierter Güter.

Sorgfaltspflichten

Zu den in § 3 LkSG genannten Sorgfaltspflichten zählen neben der Einrichtung eines bzw. der Ergänzung des Risikomanagements die Festlegung betriebsinternen Zuständigkeiten, die Durchführung regelmäßiger als auch anlassbezogener Risiko Analysen, die Abgabe einer Grundsatzerklärung, die Verankerungen von Präventions- und Abhilfemaßnahmen , die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens als auch die Einbeziehung der mittelbaren Zulieferer in die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und die entsprechende Dokumentation und Berichterstattung. Unternehmen tun gut daran, bereits eine Grundsatzerklärung entworfen bzw. erstellt zu haben, verbunden mit der Auflistung und Analyse der Teilnehmer Ihrer Lieferkette. Im Rahmen der Einrichtung eines „Round Table LkSG“ sollten sich die Unternehmer mit möglichen Präventions- als auch Abhilfemaßnahmen auseinandergesetzt haben.

Mitbestimmungsakteure

§ 111 AktG sieht die Kontrolle der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat vor. Hierzu zählt auch die Umsetzung der Anforderungen des LkSG bzw. des CSDDD. Insbesondere die Positionierung des Unternehmens hinsichtlich des Umgangs mit den menschen- und umweltrechtlichen Risiken im eigenen Geschäftsbetrieb, bei den Partnerunternehmen (unmittelbaren Zulieferern)  als auch mittelbaren Zulieferern  stellen den Maßstab zukünftigen Handelns dar. Ergänzt werden diese durch die Ausgestaltung der Kriterien der Risikoanalyse als auch Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Interne und externe Transparenz, Einbettung in das Risikomanagement als auch entsprechenden Dokumentationen und Berichtspflichten runden die Informationserfordernisse des Aufsichtsrates gegenüber dem Vorstand  ab.

Unaufgefordert sollte die Unternehmensleitung dem Wirtschaftsausschuss den Entwurf der Grundsatzerklärung und der darin verankerten Menschenrechtsstrategie, daraus zu entwickelnden bzw. anzupassenden internen und externen Verhaltensvorschriften, die festzulegenden Kriterien der Risikoanalyse und des Beschwerdeverfahren, verbunden mit geplanten Präventions- und Abhilfe Maßnahmen zu Konsultationen vorlegen. Die Vernetzung mit dem Betriebsrat ergibt sich schon daraus, da gegeben falls Verhaltens- bzw. Betriebsänderungen erforderlich werden. 

Entsprechende Einsichtsrechte in die Dokumentation und den jährlichen Bericht,  die Ergebnisse der Risiko Analyse, die getroffenen Präventions- und Abhilfemaßnahmen als auch den Grad der Erfüllung der Sorgfaltspflichten runden die Berichtspflichten der Unternehmensleitung an die Akteure der Mitbestimmung ab.