Von wegen altes Eisen - neugierig, fit und achtsam in eine erfüllte Zukunft

von: Reinhard Greim, Diplom-Pädagoge, Trainer und Berater

„Die Neugier steht immer an erster Stelle des Problems, 
das gelöst werden soll.“ Galileo Galilei

 

730x300 lächelnder Mann mit ausschweifender Gestik

Alle reden heute viel über den Arbeitskräfte-Mangel und die Besonderheiten der New Generation (Z). Die Babyboomer gehen „spontan“ in den Ruhestand und die Generation Z nutzt natürlich die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt, um ihr Lebenskonzept zu verwirklichen. Dazu haben wir sie auch ermuntert, es sind schließlich unsere Kinder.

In den nächsten Jahren gehen etwa doppelt so viele Arbeitskräfte in den Ruhestand, wie zahlenmäßig neu auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Und genau deshalb haben Unternehmen die Ruheständler wiederentdeckt: Die meisten verwirklichen jetzt ihre Lebenskonzepte, von denen sie dachten, dass es mit Lohnarbeit nicht gegangen wäre. Doch das widerspricht sich nicht. Die Generation Baby-Boomer ist oft noch so fit, dass sie wieder in den Fokus von Personalverantwortlichen geraten. Aufgrund ihrer Erfahrung, ihrer zunehmenden Gelassenheit und sozialen Kontaktfähigkeit werden sie umworben, wenigstens zeitweise wieder im Unternehmen mitzuwirken. Hier braucht es den Mut, gemeinsam über Sondervereinbarungen nachzudenken und vielleicht projekt-, kunden, -produkt oder  kulturbezogen Potenziale zu nutzen, die in der erfahrenen Generation schlummern.

Doch wann fange ich damit an? Wer will denn noch arbeiten im Alter? Eigentlich ganz einfach: Gestalten einer „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“ – bei allen Konzepten, die Ruheständler für die „Zeit danach“ entwickeln, kommt genau das zum Tragen. Haben die Unternehmen die Chance verpasst, diese Philosophie frühzeitig zu kultivieren, wo ein Ruhestand eher als eine Bedrohung statt als eine Erlösung empfunden wird?

Wenn wir wirkliches, altes Eisen als Material heute mehr denn je aus Nachhaltigkeitsgründen recyclen, ist es aus materialtechnischen Gründen sinnvoll, dieses Metall vorher nicht zu kontaminieren. Wie erleben die Mitarbeitenden im Unternehmen Arbeit als wesentliches Element der Life-Balance? Als Opfer? Als Getriebene? Als nicht mehr leistbar? Neben der körperlichen Herausforderung sind es vor allem die Wertung und Einstellung zum Job, zu den Mitarbeitenden, zu den Möglichkeiten Erfolge zu schaffen und zu feiern, die ein „weiter so“ oder „endlich Schluss“ bewirken. Und hier kommt der Bezug zur Leistungsfähigkeit.

„Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

Fit zu bleiben ist also nicht allein die Achtsamkeit der körperlichen Verfassung gegenüber, sondern eher noch die Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber. Und hier sind sicher noch viele Potenziale zu schöpfen. Fast alle Arbeitgeber haben sich dazu verpflichtet, gesund (im Sinne der Charta) mit ihren Beschäftigten umzugehen. Betriebsräte brauchen nur darauf aufmerksam zu machen, wo diese Selbstverpflichtung mit der Realität im Widerspruch steht. Vielleicht auch eine Interessengemeinschaft gründen zum Schaffen von Rahmenbedingungen für eine Arbeitswelt, die begeistert. Ideen gibt es viele.

Der Psychologe Markus Väth entwickelte Bergmanns Theorie arbeitswissenschaftlich fort und formulierte in seiner New Work Charta fünf Prinzipien dazu für Organisationen:

  • Freiheit (Schaffen von Experimentierräumen, Schaffen einer Kultur der Angstfreiheit, starke Vernetzung innerhalb der Organisation)
  • Selbstverantwortung (Etablieren von Modellen der Selbstorganisation, Erweitern der Budget-Autorität, Etablieren von Beteiligungsmodellen)
  • Sinn („Arbeit, die man wirklich, wirklich will“, Erweitern des Wertschöpfungsbegriffs, Überprüfen von Strukturen und Prozessen)
  • Entwicklung (Etablieren kollektiver Lernstrukturen, Selbstreflexion der Organisation, Etablieren kollektiver Entscheidungsstrukturen)
  • Soziale Verantwortung (Ökologische und soziale Nachhaltigkeit, regionales Engagement, Prinzip des ehrbaren Kaufmanns)

 

Das sind Forderungen, die Vertreter der New Generation auf ihre Art jetzt schon beim Einstellungsgespräch äußern. Und warum dann nicht für alle? Die New Work - Bedingungen allein reichen nicht aus. Jeder wird dann für sich selbst wollen, dass er sich für eine solche Arbeit fit hält.

Das macht Lust auf z.B.

  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Ausgewogene Ernährung
  • Geistige Stimulation
  • Soziale Interaktion
  • Ausreichend Schlaf
  • Stressmanagement
  • Regelmäßige Gesundheitschecks
  • Verzicht auf schädliche Gewohnheiten

weil es sinnvoll ist und der Erfolg sich spürbar einstellt. Dabei sein und respektiert werden ist etwas, das auch mit vorbildlichem Handeln zu tun hat. Und mit gierig sein nach Neuem.

Abraham Lincoln hat einmal gesagt: „Ich mag diesen Menschen nicht, ich muss ihn besser kennenlernen. “Eine beachtenswerte Idee und Haltung, die auch auf andere Themen übertragbar ist. Neben der Achtsamkeit ist die Neugierde ein Elixier für ein erfülltes Leben. Es gibt noch so viel zu entdecken, zu erleben, zu erfahren und das hält jung!

Leistungsfähigkeit im Alter ist individuell unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren wie genetischer Veranlagung, Lebensstil und Gesundheitszustand ab. Dennoch finden sich Möglichkeiten, diesen individuellen Bedingungen entsprechend fit zu bleiben. Wer körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichtet, wird im Alter anders entscheiden als jemand, der überwiegend kreativ-geistig anspruchsvolle Arbeit verrichtet hat oder eine gewisse Kontinuität gewohnt ist.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Rentenbeziehende im Alter von 65-74 Jahren, die sich weiter beruflich engagieren, zu knapp 70 % geringfügig beschäftigt sind mit durchschnittlich 14 Wochenarbeitsstunden. Davon haben nur etwa 10 % unregelmäßige Arbeitszeit. Knapp 50 % sind beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt, wie vor dem Ruhestand.

Wenn wir heute alles Mögliche tun, um die richtigen Mitarbeitenden zu bekommen und zu behalten, sollte der Fokus unbedingt darauf liegen, die alternde Belegschaft fit und bei Laune zu halten. Wie das geht, ist individuell unterschiedlich und bedarf eines verlagerten Führungsverhaltens mit Priorität auf People-Management.

Die besten Unterstützer und Ratgeber hierfür sind die Interessenvertreter der Belegschaft. Betriebsräten liegt am Herzen, dass die Menschen im Unternehmen freudig und fit sind. Unternehmen haben Interesse daran, die Richtigen zu finden und zu behalten. Diese Gemeinsamkeit muss doch zu Schulterschluss führen können, oder?

Eine solch fitte und engagierte, generationenübergreifende Belegschaft ist wie ein Magnet für diejenigen, die das in anderen Unternehmen vermissen. Egal ob altes oder neues Eisen.

Ich bin neugierig, was sich in den Unternehmen demnächst entwickelt, und besonders darauf, Betriebsräte dabei zu begleiten, diese Aufgaben proaktiv mitzugestalten.