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Die Lösung:
Die Klage auf Anerkennung als Arbeitsunfall hatte in beiden Instanzen nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des behandelnden Arztes keinen Erfolg.
Die Einnahme von Medikamenten gehört nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern ist dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. Hätte die Klägerin mit der Einnahme der Epilepsie-Tabletten bis zum Schichtende gewartet, wäre ihre Arbeitsfähigkeit nicht gefährdet gewesen (so das Ergebnis der Beweisaufnahme). Besteht ein bloß abstraktes Risiko, dass es ohne die regelmäßige Einnahme der Tabletten während der Arbeitszeit zu einem Epilepsie-Anfall kommen könne, so liegt die Einnahme vorrangig im privaten Interesse und damit im nicht versicherten Bereich. Die Einholung der Erlaubnis des Vorgesetzten, die Tabletten aus dem Wagen zu holen, ist irrelevant. Denn dieser hat die Klägerin gerade nicht angewiesen, dies zu tun, sondern ihr allenfalls gestattet, das Betriebsgelände zu verlassen, um einer privaten Besorgung nachzugehen.
Die Lösung:
Die Anträge des Betriebsrats hatten in allen Instanzen keinen Erfolg.
Das Landesarbeitsgericht Köln ist kürzlich der Vorinstanz gefolgt und hat entschieden, dass Arbeitgeber auch innerhalb der so genannten Wartezeit, innerhalb der ein*e schwerbehinderte*r Beschäftigte*r noch keinen Kündigungsschutz genießt, vor einer etwaigen Trennung ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchführen müssen (Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln, 12.09.2024 – 6 SLa 76/24).
Es ging es um einen schwerbehinderten Sachbearbeiter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50, der bei der Stadt Freiburg (im Breisgau) Mitte Oktober 2023 seine Stelle angetreten hatte. Nachdem es in seinem Team dem Arbeitgeber zufolge vor allem aufgrund des menschlichen Umgangs „erhebliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit gegeben“ hatte, fanden Ende 2023 und Anfang 2024 mehrere Personalgespräche statt.
Da diese keine Verhaltensänderung bewirkten und er zudem eigenmächtig „Dinge in Arbeitsabläufen geändert“ und „seine Führungskraft in Frage gestellt“ hätte, sprach die Kommune nach Anhörung von Personalrat und Schwerbehindertenvertretung Anfang Februar 2024 zu Ende des Monats die Kündigung aus. Das Integrationsamt wurde darüber informiert.
Dagegen klagte der Mitarbeiter: Er sei weder ordnungsgemäß eingearbeitet noch eingeführt worden. Das habe aufgrund seines Krankheitsbilds, so das Gericht, dazu geführt, dass er sich orientierungslos, „als Last für das gestresste Team empfunden“ und mit Rückzug reagiert habe. Seine Kündigung sei insofern unwirksam, da es die Stadt pflichtwidrig versäumt habe, ein Präventionsverfahren gemäß § 167 Abs. 1 SBG IX durchzuführen, um ihn entweder auf einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen, seinen Arbeitsplatz anzupassen oder ihn zumindest angemessen zu begleiten und zu unterstützen. Das gebiete auch die europäische Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG).
Das Arbeitsgericht sah das auch so: „Bei Auftreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Menschen“, so die Kammer, „sind Arbeitgeber auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen“. Werde dagegen verstoßen, könne das „eine verbotene Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung indizieren und zur Unwirksamkeit einer Wartezeitkündigung führen“.
Die Richter verwiesen zur Begründung auch auf europarechtliche Vorgaben: So gelte Art. 5 (Angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung) der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie “ebenfalls bereits in der Probezeit”. Das habe der Europäische Gerichtshof klargestellt (EuGH 10.02.2022 – C-485/20). Entsprechend müssten Arbeitgeber, sofern ihnen dabei keine unverhältnismäßigen Belastungen entstehen, “die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen ergreifen”, um einem “Menschen mit Behinderung die Ausübung eines Berufes zu ermöglichen”.
Die Lösung:
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.08.2024, Az. 10 AZR 190/23) hat die Rechte von Beschäftigten im Schichtdienst bezüglich tariflicher Freistellungstage weiter präzisiert. Das Gericht entschied, dass der Freistellungsanspruch im Schichtdienst anteilig berechnet wird, wenn die Arbeitszeit regelmäßig auf weniger als fünf Tage pro Woche verteilt ist. In diesem Fall ergab sich ein Anspruch von 7,3 Freistellungstagen. Wichtig: Das Gericht stellte klar, dass auch Bruchteile eines Freistellungstags – wie hier 0,3 Tage – als Anspruch bestehen bleiben und nicht einfach durch Stundenbuchung auf dem Arbeitszeitkonto erlöschen. Der Kläger hat somit weiterhin einen Anspruch auf Freistellung im Umfang dieser 0,3 Tage.
Daraus folgt:
Dieses Urteil verdeutlicht einmal mehr die Bedeutung einer genauen Überprüfung tariflicher Regelungen und ihrer Anwendung im betrieblichen Alltag. Betriebsräte spielen hier eine zentrale Rolle, um die Rechte der Beschäftigten auf tarifliche Freistellung durchzusetzen.
Die Lösung:
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Ein Vergütungsanspruch besteht nicht.
Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag und dem Arbeitszeitgesetz ist Arbeitsvergütung u. a. nicht geschuldet, wenn der*die Arbeitnehmende Pause nimmt. Verlangen betriebliche Erfordernisse eine flexible Festlegung der Pausen, ist der in § 4 S. 1 ArbZG vorgesehenen Anforderung des „im Voraus feststehend“ auch dann genügt, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat, und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger war auch bei entsprechendem Bedarf nicht verpflichtet, seine Pause zu unterbrechen. Der Kläger hatte außer seiner subjektiven Wahrnehmung einer Hab-Acht-Stellung, in der er sich beim Aufenthalt in der Kantine während der Pausen wegen des dortigen Monitors befunden haben will, nicht einmal ansatzweise Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, er habe seine Pausen zwingend in der Kantine und dort mit Blick auf den Monitor verbringen müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass ihm von der Beklagten Einschränkungen von solcher Art auferlegt worden seien, dass sie seine Möglichkeit, die Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigten.
Hinweis für die Praxis:
Das Ergebnis ist richtig; die Klage ist unschlüssig! Der Kläger war weder verpflichtet noch durfte er sich für verpflichtet halten, bei Störungen in der Produktion seine Pause zu unterbrechen. Er war noch nicht einmal verpflichtet, während der Pause den in der Kantine befindlichen Monitor zu beobachten.
Die Lösung:
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das LAG wies sie überwiegend ab.
Hinweis für die Praxis:
Die Klägerin hat auch eine Entschädigung nach dem AGG wegen „Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts“ verlangt. Auch dieser Antrag ist selbstverständlich abgewiesen worden, da die bloße Anwendung eines möglicherweise unwirksamen Tarifvertrags nicht diskriminierend sein kann.
2. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründet keine gesetzliche Vermutung einer tatsächlich bestehenden Arbeitsunfähigkeit i.S.v. § ZPO § 292 ZPO mit der Folge, dass nur der Beweis des Gegenteils zulässig wäre. Der Arbeitgeber ist nicht auf die in § SGB V § 275 Abs. SGB V § 275 Absatz 1a SGB V aufgeführten Regelbeispiele ernsthafter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beschränkt. Den Beweiswert erschütternde Tatsachen können sich auch aus dem eigenen Sachvortrag des Arbeitnehmenden oder aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst ergeben.
3. Ein gegen den Beweiswert sprechender Umstand kann darin liegen, dass zwischen der durch Folgebescheinigungen festgestellten Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist eine zeitliche Koinzidenz besteht.
4. Bei der Bewertung der Umstände des Einzelfalls dürfen an den Vortrag des Arbeitgebers zur Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden, weil er nur über eingeschränkte Erkenntnismöglichkeiten verfügt. Der Arbeitgeber muss nicht Tatsachen darlegen, die den Beweis des Gegenteils begründen können. (amtl. Leitsätze)
Die Lösung:
Arbeitsgericht und LAG haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Entscheidung des LAG teilweise aufgehoben, das Verfahren an das LAG zurückverwiesen und festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, der Klägerin eine anteilige Jahressonderzahlung für das Jahr 2020 zu gewähren.
Hinweis für die Praxis:
Bei Altersteilzeit im Blockmodell wird in der Freistellungsphase das Guthaben verbraucht, welches der/die Arbeitnehmer*in in der Arbeitsphase aufgebaut hat. Bei der Berechnung der Jahressonderzahlung bzw. des Weihnachtsgelds ist auch ein unterjähriger Wechsel von der Arbeits- zur Freistellungsphase ratierlich zu berücksichtigen. Danach dürfte die Klägerin wohl Anspruch auf 9/12 der Gratifikation für das Kalenderjahr 2020 haben.
Die Lösung:
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat dem Kläger Schmerzensgeld i. H. v. 1.500 € zugesprochen. Dagegen haben beide Parteien im Ergebnis erfolglos Revision bzw. Anschlussrevision eingelegt.
Die Lösung:
Das Hauptziel der Richtlinie besteht darin, dass vor Massenentlassungen Konsultationen mit der Arbeitnehmervertretung stattfinden und die zuständige Behörde entsprechend unterrichtet wird. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt eine Massenentlassung im Sinne der Richtlinie vor, wenn Beendigungen von Arbeitsverträgen ohne Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmenden erfolgen.
Daher ist das spanische Gesetz mit der Richtlinie unvereinbar. Diese findet nämlich im Fall des Eintritts des Arbeitgebers in den Ruhestand Anwendung, sofern die vorgesehenen Schwellenwerte für Entlassungen erreicht sind. Dieser Fall ist nicht mit dem Fall des Todes des Arbeitgebers (dazu EuGH, Urteil vom 10.12.2009 – C 328/08) vergleichbar, da ein Arbeitgeber, der in den Ruhestand tritt (im Gegensatz zu einem verstorbenen Arbeitgeber) grundsätzlich in der Lage ist, Konsultationen durchzuführen, um u. a. die Beendigungen zu vermeiden, ihre Zahl zu verringern oder jedenfalls ihre Folgen abzumildern.