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Der Fall:

Die Klägerin war bis zum 31.12.20 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete infolge betriebsbedingter Kündigung. Die Klägerin verlangt die Zahlung einer Corona Prämie in Höhe von 1.500 € und beruft sich u.a. auf den allg. Gleichbehandlungsgrundsatz.

In einer zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vom 14.12.2020 heißt es, soweit von Interesse:

 „Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise für gewerbliche Mitarbeiter in den Bereichen Logistik und Produktion …

1. Präambel

Vor dem Hintergrund der durch die Pandemie ausgelösten außergewöhnlichen Situation sind sich die Betriebsparteien darüber einig, dass in den Bereichen Produktion und Logistik für gewerbliche Mitarbeiter besondere Belastungen durch die Corona-Krise entstanden sind und entstehen, die gewerbliche Mitarbeiter in anderen Abteilungen … nicht getroffen haben.

2. Geltungsbereich

Die Betriebsvereinbarung gilt für alle gewerblichen Mitarbeiter in den Bereichen Produktion und Logistik. …  ausgenommen sind Beschäftigte… die zum Stichtag (31.12.2020) …bereits ausgeschieden oder deren Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Dasselbe gilt für Beschäftigte, die vor dem Stichtag …einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben oder deren Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag … aufgrund des Bezugs einer Altersrente beendet wurde oder die vor dem Stichtag …in die passive Phase der Altersteilzeit eingetreten sind…

5. Inkrafttreten

Diese BV tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie endet ohne Nachwirkung am 3112.20.

Die möglichen Lösungen:

1. Die Klägerin meint,

  • Es gehe um den Ausgleich vergangener Erschwernisse infolge Corona, die sie auch gehabt habe.
  • Da die Betriebsvereinbarung ohne Nachwirkung zum 31.12.2020 ende, könnten „zukünftige Erschwernisse im Jahr 2021 nicht mehr ausgeglichen werden.

2. Die Arbeitgeberin meint,

  • es gehe auch um den Ausgleich künftig zu erwartender Erschwernisse über den 31.12.2020 hinaus, die die Klägerin nicht haben könne, da sie zum 31.12.2020 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei.
  • Auch finde eine „AGB Kontrolle“ von Betriebsvereinbarungen nicht statt. Vielmehr hätten Arbeitgeber und Betriebsrat eine erhebliche „Einschätzungsprärogative“, die der Kontrolle der Arbeitsgerichte entzogen sei. Es gebe einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung.

Welche Überlegungen wird man anstellen können?

  • In erster Linie gedacht ist die Steuer- und Sozialversicherungsbefreiung für in der Krisenzeit besonders gefordertes Personal. Weil bei der Anwendung des Steuerrechts nicht nach Berufen getrennt werden kann, gilt die Steuerfreiheit letztlich für alle Sonderzahlungen in allen Branchen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört aber ein Zusammenhang mit der Coronakrise. Es ist daher erforderlich, dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Coronakrise handelt.
  • Andererseits: auch zukünftige Belastungen sollen durch die Betriebsvereinbarung ausgeglichen werden. Solche können bei der Klägerin aber nicht entstehen, da sie zum 31.12.2020 ausgeschieden ist.

  • Weitere Argumente:
    (1) Corona war Ende 2020 -wie wir alle wissen- leider nicht ausgestanden und ist es bis heute nicht.
    (2) Die Coronahilfe von insgesamt bis zu 1.500 € kann als Einmalzahlung oder in Raten steuer- und sozialversicherungsfrei bis zum 31.3.2022 gewährt werden.
  • Insgesamt spricht Einiges dafür, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Hilfe gehabt hätte.
  • Die Parteien haben einen Vergleich geschlossen, wonach sie auf die Klageforderung einen Betrag in Höhe von 750 € (1/2 der Klageforderung) erhält.

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Die Lösung:

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klägerin unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des MiLoG. Nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums sondern auch solche, die nach der Studienordnung Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums sind, unterfallen nicht dem Geltungsbereich des MiLoG und müssen daher nicht vergütet werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, da sie jedenfalls staatlich anerkannt ist.  Eine unzulässige Umgehung des MiLoG liegt nicht vor.

Hinweis für die Praxis:

Eine ganz wichtige Entscheidung. Zwar gilt das MiLoG grundsätzlich auch für Praktikanten im Sinne des BBiG (§ 22 Absatz 1 Satz 2 MiLoG), jedoch ausdrücklich nicht, wenn

  • das Praktikum verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen oder hochschulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung oder im Rahmen der Ausbildung an einer Berufsakademie erbracht wird (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG),
     
  • wenn es 3 Monate nicht übersteigt und der Orientierung für die Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dient (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 MiLoG) oder
     
  • wenn es sich um ein berufs- oder studienbegleitendes Praktikum (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 MiLoG oder um eine Einstiegsqualifizierung (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 MiLoG) handelt.

Ob es sinnvoll war, der Klägerin für ihre Tätigkeit nicht einmal ein „Handgeld“ bzw. eine „Prämie“ zu zahlen, ist eine andere Frage, die aber nicht von den Gerichten zu klären ist.

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Die Lösung:

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klägerin unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des MiLoG. Nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums sondern auch solche, die nach der Studienordnung Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums sind, unterfallen nicht dem Geltungsbereich des MiLoG und müssen daher nicht vergütet werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, da sie jedenfalls staatlich anerkannt ist.  Eine unzulässige Umgehung des MiLoG liegt nicht vor.

Hinweis für die Praxis:

Eine ganz wichtige Entscheidung. Zwar gilt das MiLoG grundsätzlich auch für Praktikanten im Sinne des BBiG (§ 22 Absatz 1 Satz 2 MiLoG), jedoch ausdrücklich nicht, wenn

  • das Praktikum verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen oder hochschulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung oder im Rahmen der Ausbildung an einer Berufsakademie erbracht wird (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG),
  • wenn es 3 Monate nicht übersteigt und der Orientierung für die Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dient (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 MiLoG) oder
  • wenn es sich um ein berufs- oder studienbegleitendes Praktikum (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 MiLoG oder um eine Einstiegsqualifizierung (§ 22 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 MiLoG) handelt.

Ob es sinnvoll war, der Klägerin für ihre Tätigkeit nicht einmal ein „Handgeld“ bzw. eine „Prämie“ zu zahlen, ist eine andere Frage, die aber nicht von den Gerichten zu klären ist.

Die Lösung:

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das LAG gab ihr hinsichtlich der „Überstundenprozente“ statt. Das BAG hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt.

Hinweis für die Praxis:

Ein Fall von erheblicher Bedeutung!

Sollte der EuGH der Rechtsansicht der Klägerin folgen, bedeutet dies für viele Tarifverträge, dass sie neu verhandelt und abgeschlossen werden müssen. Gegebenenfalls sind die Tarifverträge bis dahin europarechtskonform anzuwenden, also „Überstundenzuschläge“ ab Überschreitung der monatlichen und vereinbarten (Teilzeit-)Arbeitszeit zu zahlen.

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In § 100 Absatz 1 Satz 2 ArbGG heißt es wie folgt:

„Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist.“

Die Lösung:

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle wegen deren offensichtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Denn wenn der Arbeitgeber bei einer mitbestimmungspflichtigen „Entgeltanpassung“ (§ 87 Absatz 1 Nr. 10 BetrVG) erklärt, er sei zwar grundsätzlich dazu bereit, wolle aber eine unternehmenseinheitliche Regelung treffen, ist dafür offensichtlich der GBR und nicht die örtlichen Betriebsräte zuständig.

Hinweis für die Praxis:

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Der antragstellende örtliche Betriebsrat ist für die Regelung offensichtlich unzuständig.

  • Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Gehaltserhöhungen zu gewähren, es sei denn, es gilt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag.
  • Auch bei individuell ausgehandelten Entgelten ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, etwa einen „Inflationsausgleich“ zu gewähren.
  • Stattdessen sind solche „Gehaltsrunden“ für den Arbeitgeber grundsätzlich freiwillig.
  • Wenn in diesem Zusammenhang der Arbeitgeber - aus nachvollziehbaren Gründen - erklärt, er sei aus Gründen der Praktikabilität und der „Gleichbehandlung“ bereit, über eine unternehmenseinheitliche Gehaltsanpassung zu verhandeln, allerdings mit dem Gesamtbetriebsrat, ist dies nicht zu beanstanden.
  • Denn in diesem Fall kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, welches Gesamtvolumen er unternehmensweit an welche Arbeitnehmergruppen verteilen will. Dann aber ist gem. § 50 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ausschließlich und offensichtlich der Gesamtbetriebsrat für diese Angelegenheit zuständig (vgl. auch BAG, Beschluss vom 11.02.1992 -1 ABR 51/91).

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Die Lösung:

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben, das BAG wies sie ab. Die Klägerin hat für April 2020 keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

  • Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn durch behördliche Anordnung zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden.
     
  • In diesem Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko.
     
  • Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage.
     
  • Es ist Sache des Staates, für einen adäquaten Ausgleich der Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung des BAG widerspricht der bisherigen Instanzrechtsprechung (vgl. statt aller LAG Düsseldorf, Urteil vom. 30.03.3021 - 8 Sa 674/20, ArbG Mannheim, Urteil vom 25.03.2021 - 8 Ca 409/20) und dürfte zu einem Umdenken führen. Das allgemeine Betriebsrisiko trägt zwar der Arbeitgeber (§ 615 BGB). Bei einer coronabedingten Schließung von Betrieben durch die zuständigen Behörden - so das BAG - handele es sich aber gerade nicht um die Realisierung des allgemeinen Betriebsrisikos, sondern um behördliche Anordnungen zur Bekämpfung einer die gesamte Gesellschaft treffende Gefahrenlage. Dieses Risiko könne nicht dem Arbeitgeber auferlegt werden, sondern müsse von der Allgemeinheit getragen werden.

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In einer Betriebsvereinbarung vom 29.03.2019 haben Arbeitgeber und Betriebsrat Entgelterhöhungen - auch - für Erzieher und Erzieherinnen vereinbart. Diese sollten jedoch erst dann gezahlt werden, wenn der Beklagte mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe als finanzierende Stelle erfolgreich und abschließend eine Refinanzierung erreicht hat („aufschiebende Wirkung“; § 158 Absatz 1 BGB).

Die Klägerin meint, sie habe bereits jetzt Anspruch auf Entgelterhöhung. Die Gehaltstabelle laut Betriebsvereinbarung gelte bereits ab dem 01.04.2019 unabhängig von der Refinanzierungsmöglichkeit des Beklagten.

Die Lösung:

Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Die Klägerin hat (noch) keinen Anspruch auf Gehaltserhöhung.

  • Die Betriebsvereinbarung steht unter einer „aufschiebenden Bedingung“. Die Bedingung ist jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht eingetreten. 
     
  • Dies ist zulässig, sofern der Eintritt der vereinbarten Bedingung für alle Beteiligten, also auch für die Arbeitnehmer als Normunterworfene, ohne Weiteres feststellbar ist.
     
  • Nach der Betriebsvereinbarung erfolgt die jeweils gültige Vergütung laut neuem Festgehalt „nach abgeschlossener Entgeltverhandlung“. Der Wortlaut ist eindeutig.
     
  • Die in der Betriebsvereinbarung mit "Stand 01.04.2019" angegebenen Festgehälter sind erst dann zu zahlen, wenn die Entgeltverhandlungen abgeschlossen sind.
     
  • Die Gehaltstabelle als Anlage zur Betriebsvereinbarung vom 29.03.2019 ist nur umzusetzen, wenn die Betriebsvereinbarung - nach erfolgreichen Verhandlungen mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe - erfolgreich abgeschlossen worden ist.
     
  • Der Begriff "Entgeltverhandlung" bezieht sich auf die Verhandlungen des Beklagten mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege Mecklenburg-Vorpommern. Wird ein Zeitpunkt nicht bestimmt, so werden die Vereinbarungen mit dem Tage ihres Abschlusses wirksam (§ 78d Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VIII).
      
  • Der Zeitpunkt des Abschlusses einer Entgeltvereinbarung mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist eine Bedingung, deren Eintritt mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist.
      
  • Bis November 2019 (darauf bezieht sich die Klage) sind die Entgeltverhandlungen gerade nicht abgeschlossen worden. Die aufschiebende Bedingung ist nicht eingetreten.

Hinweis für die Praxis:

Der Entscheidung ist vollinhaltlich zuzustimmen. Aufschiebende Bedingungen können selbstverständlich auch in Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Diese Bedingung war zum streitgegenständlichen Zeitpunkt noch nicht eingetreten mit der Folge, dass Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung (noch) nicht entstehen konnten.

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Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung des Mindestlohns nach dem MiLoG. Sie behauptet, bei der Betreuung nicht nur 30 Wochenstunden, sondern rund um die Uhr gearbeitet zu haben oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Selbst nachts habe die Tür zu ihrem Zimmer offenbleiben müssen, damit sie auf Rufen der zu betreuenden Person - etwa zum Gang auf die Toilette - Hilfe habe leisten können. Für das Jahr 2015 verlangt sie von der Arbeitgeberin Zahlung von 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro. Die Beklagte meint, sie schulde den gesetzlichen Mindestlohn nur für die arbeitsvertraglich vereinbarten 30 Wochenstunden. In dieser Zeit hätten die der Klägerin obliegenden Aufgaben ohne Weiteres erledigt werden können. Bereitschaftsdienst sei nicht vereinbart gewesen. Sollte die Klägerin tatsächlich mehr gearbeitet haben, sei dies nicht auf Veranlassung der Beklagten erfolgt.

Die Lösung:
Das LAG hat der Klage überwiegend stattgegeben und ist im Wege einer Schätzung von einer Arbeitszeit von 21 Stunden kalendertäglich ausgegangen.

  • Das BAG folgt dem LAG insoweit, als die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns auch ausländische Arbeitgeber trifft, wenn sie Arbeitnehmer*innen nach Deutschland entsenden.
  • Auch Bereitschaftsdienst ist grundsätzlich mit dem Mindestlohn zu vergüten. Ein solcher kann darin bestehen, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten.
  • Die Annahme des LAG, die Klägerin habe pro Tag geschätzt 21 Stunden vergütungspflichtige Arbeit oder Bereitschaftsdienst erbracht, ist jedoch vom LAG nicht hinreichend begründet worden, zumal die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin laut Arbeitsvertrag lediglich 30 Stunden betragen sollte. Deshalb wurde das Verfahren an das LAG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
  • Dass die Klägerin mehr als die im Arbeitsvertrag angegebenen 30 Stunden/Woche zu arbeiten hatte, dürfte nach Auffassung des BAG jedenfalls „nicht fernliegend sein“.

Hinweis für die Praxis:

  • Auf das Arbeitsverhältnis findet das deutsche MiLoG Anwendung, da die Klägerin ihre Arbeitsleistung in Deutschland erbracht hat. Dabei ist es unerheblich, ob die Arbeitsvertragsparteien ihren Sitz oder Wohnsitz in Deutschland haben oder nicht.
  • Auch Bereitschaftszeiten sind Arbeitszeiten im Sinne des ArbZG und mindestens mit dem Mindestlohn nach MiLoG zu vergüten. Bereitschaftsdienst liegt dann vor, wenn der/die Arbeitnehmer*innen sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten muss, um - soweit erforderlich - unverzüglich die Arbeit aufnehmen zu können. Ohne den genauen Sachverhalt zu kennen, wäre es praxisfremd, wenn man annehmen würde, dass die Klägerin lediglich 30 Stunden Arbeits- und Bereitschaftsdienst pro Woche geleistet hätte. Die tatsächliche Einsatzzeit dürfte wesentlich höher gewesen sein.
  • Im Ergebnis bedeutet diese - richtige - Entscheidung, dass eine Vollzeitpflege im Privathaushalt finanziell von den zu Betreuenden bzw. deren Familien nicht mehr geleistet werden kann. Denn unter Annahme einer täglichen Arbeitszeit von „nur“ 21 Stunden - so das LAG - ergibt sich eine Monatsvergütung in Höhe von 5.985 € brutto (21 Stunden x 9,50 € x 30 Tage).
  • Das Geschäftsmodell des bulgarischen Arbeitgebers dürfte damit „zusammenbrechen“. 
  • Auch das „Geschäftsmodell“ von deutschen Familien, die für ihre zu pflegenden Angehörigen Arbeitskräfte etwa aus Polen selbst engagieren, dürfte hoch risikohaft sein. Ggf. haften sie nämlich mit ihrem gesamten Vermögen für die Ansprüche auf Mindestlohn. Es droht möglicherweise die Privatinsolvenz!

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Der Betriebsrat meint, durch die Anhebung des Entgelts der unteren Entgeltgruppen werde das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 Absatz 1 Nr. 10 BetrVG) verletzt, da die Abstände der Vergütung zu den höheren Entgeltgruppen verändert werde. Er verlangt die prozentuale Anhebung der Entgeltgruppensätze auch für die höheren Entgeltgruppen.

Die Lösung:

Die Anträge des Betriebsrats hatten in allen Instanzen keinen Erfolg.

Das BAG stellt fest, dass das MiLoG keine Auswirkungen auf die Regelungsbefugnisse der Betriebsparteien hat. Eine freiwillige Betriebsvereinbarung, mit der die Betriebsparteien eine den gesetzlichen Mindestlohn unterschreitende Höhe des Entgelts festgelegt haben, ist auch nicht im Hinblick auf das MiLoG unwirksam. Vielmehr haben Arbeitnehmer, deren Vergütung pro Zeitstunde laut Betriebsvereinbarung geringer ist als der Mindestlohn, lediglich Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung (§§ 1 Absatz 1, 3 Satz 1 MiLoG). Indem der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn zahlt, schafft er keine neuen Entlohnungsgrundsätze, sondern befolgt lediglich das MiLoG.

Hinweis für die Praxis:

Gleiches gilt auch für Tarifverträge, die möglicherweise in den unteren Entgeltgruppen einen geringeren Entgeltsatz vorsehen, als das MiLoG. Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen gesetzlich verpflichtet, das MiLoG anzuwenden und den Mindestlohn über den Tarifvertrag hinaus zu zahlen.

Übrigens: Der gesetzliche Mindestlohn

  • betrug bis zum 30.6.2021 9,50 €
  • und ab dem 1.7.2021 9,60 €.
  • Zum 1.1.2022 steigt er auf 9,82 €
  • und ab dem 1.7.2022 auf 10,45 €.

Tipp:

Wenn der Betriebsrat meint, durch die Zusatzzahlung des Arbeitgebers nach MiLoG würden die Mitarbeiter, die in höheren Entgeltgruppen tätig sind, benachteiligt, weil die Abstände zwischen den Entgeltgruppen faktisch geringer werden, mag er die Betriebsvereinbarung kündigen und mit dem Arbeitgeber Verhandlungen aufnehmen zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung. Ggf. mag der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Bis dahin wirkt die alte Betriebsvereinbarung fort.

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Es ist ihnen freigestellt, ob sie den Weg zur und von der Arbeit in Uniform zurücklegen und ob sie das in einer Dienststelle zur Verfügung gestellte Waffenschließfach nutzen. Sie haben die Möglichkeit, die Zurverfügungstellung eines Spinds zu beantragen.

  • Ein Kläger bewahrt die Dienstwaffe bei sich zu Hause auf und nimmt dort auch das Umkleiden und Rüsten vor.
  • Der andere Kläger nutzt das dienstliche Waffenschließfach, was beim Zurücklegen des Wegs von seiner Wohnung zum Einsatzort und zurück einen Umweg bedingt.

Die Lösung:

Das LAG hatte den Klagen nur zum Teil stattgegeben. Die Revision der Kläger hatten keinen Erfolg. Die Revisionen des Arbeitgebers waren teilweise erfolgreich.

  • Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer eine dienstlich zur Verfügung gestellte Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit nicht nutzt, sondern für die Verrichtung dieser Tätigkeiten seinen privaten Wohnbereich wählt.
     
  • Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Wegs zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit, denn der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung.
     
  • Dagegen ist die für einen Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs erforderliche Zeit zu vergüten, es handelt sich um eine fremdnützige im Interesse des Arbeitgebers erfolgte Zusammenhangstätigkeit.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidungen des BAG passen zur bisherigen Rechtsprechung.

  • Die vom Arbeitnehmer aufgewandte Wegezeit, um zur Arbeit zu kommen bzw. nach Ende seiner Arbeitszeit wieder nach Hause zu gelangen, ist grundsätzlich keine vergütungspflichtige Arbeitszeit.
     
  • Wenn aber der Arbeitnehmer den Weg zur und von der Arbeitsstelle mit auffälliger Dienstkleidung zurücklegen muss, weil der Arbeitgeber ihn angewiesen hat, diese Kleidung während der Arbeitszeit zu tragen und im Betrieb keine Möglichkeit besteht, sich umzuziehen, erfolgt das Zurücklegen des Wegs „im Interesse des Arbeitgebers“, also „fremdnützig“ und ist zu vergüten.
     
  • Gibt es im Betrieb oder in dessen Nähe Umkleidemöglichkeiten für den Arbeitnehmer und nutzt der Arbeitnehmer diese, ist der Weg, soweit es sich um einen Umweg handelt, wie Arbeitszeit zu vergüten.
     
  • Aber Achtung: Das BAG hat bereits am 22.10.2019 (1 ABR 11/18) entschieden, dass die Wegezeiten eines Arbeitnehmers von seiner Wohnung zur Arbeitsstelle selbst dann nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats bedürfen (§ 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG), wenn er auf dem Weg Arbeitsmittel mit sich führt oder Dienstkleidung trägt und der Arbeitgeber Umkleide- oder Verwahrmöglichkeiten nicht anbietet.

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