Neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit – Video, Podcast & Co

 

Scheuermann, Anja Elisabeth

von: Anja Scheuermann, Dozentin für Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und agile Methoden

Haben Sie schon einmal über Ihre persönliche Mediennutzung nachgedacht? Welche Medien nutzen Sie, um abzuschalten oder sich zu amüsieren? Wo informieren Sie sich über Nachrichten? Vermutlich werden Video, Podcast, Social Media & Co eine große Rolle dabei spielen. Und damit stehen Sie nicht alleine da.

Unsere Mediennutzung verschiebt sich zunehmend in Richtung „mediales Internet“ -  unter diesem Begriff fasst die aktuelle Onlinestudie von ARD und ZDF Video-, Audio- und Textinhalte im Internet zusammen. Demnach konsumieren heute 72 % aller Deutschen täglich mediale Internetinhalte, vor vier Jahren waren es gerade einmal 44 %. Dass dieser Wert weiter steigen wird, zeigt ein Blick auf die Alterskohorten: Unter den 14 – 29-Jährigen sind sogar ganze 97 % täglich im Internet unterwegs. Fakt ist: Die Art, wie wir Informationen und Unterhaltung konsumieren, verändert sich rasant. Und das hat auch Einfluss auf die Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats.

Wir sind es inzwischen gewohnt, dass Inhalte leicht konsumierbar sind. Den Podcast höre ich nebenher beim Ausräumen des Geschirrspülers. Ein lockeres Erklärvideo mit sympathischem Erzähler verrät mir in 90 Sekunden wie ich ganz easy meinen neuen Router einrichte. Wir wollen Informationen in möglichst knapper, komprimierter Form aufbereitet bekommen. Und sie sollen nicht dröge als reine Auflistung von Fakten daherkommen, sondern am besten auch noch Spaß machen. „Infotainment“ eben.

Kann man so etwas als Betriebsrat überhaupt leisten? Die gute Nachricht: Man muss kein*e geborene*r Entertainer*in sein oder erst eine Ausbildung zum*r Mediengestalter*in absolvieren, um spannende Digitalinhalte zu entwickeln. Eine gute Idee, mit einfachen Mitteln umgesetzt, kann ebenfalls wirkmächtig sein. Denn auch das hat Social Media gebracht: Wir sind mittlerweile daran gewöhnt, dass Videos keine Hollywoodqualität mehr haben (müssen) und die Menschen so sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das bietet Chancen, die man in der BR-Arbeit nutzen kann!

Statt mit einer Videokamera, lassen sich viele Videos auch einfach mit dem Smartphone drehen. Und wer kein professionelles Stativ zur Hand hat, das wackelfreie Bilder ermöglicht, kann das Smartphone z.B. mit ein paar festen Haargummis an einer ausreichend schweren Wasserflasche befestigen. Wer dann noch für eine gute Beleuchtung sorgen kann, macht schon vieles richtig.

Ein Problem bei der Aufnahme von Videos oder Podcasts ohne professionelles Equipment ist hingegen oft die Sprachverständlichkeit. Wer kennt es nicht? Die Stimme klingt wie in der Badewanne aufgenommen, zu viel Hall macht es anstrengend zuzuhören. Doch auch hier gibt es Abhilfe. Sprache ist akustisch umso besser zu verstehen, je weniger sogenannten „Nachhall“ es gibt. Räume mit vielen glatten (schallharten) Flächen, wie Glas oder Fliesenfußboden, sind daher ungünstig. Räume mit z.B. Akustikdecken oder Vorhängen sind akustisch besser für die Aufnahme geeignet, weil sie den Schall „schlucken“ und weniger Hall produzieren. Kurzum: Wer über ein wenig handwerkliches Know-how verfügt, wie Videos gemacht werden, kann mit einfachen Mitteln für solide Aufnahmen sorgen.

Inhaltlich lassen sich bereits mit kurzen, lebendigen Video-Statements tolle Wirkungen erzielen. Hier ist vor allem Authentizität gefragt. Wenn mich auf dem Flur ein*e Kolleg*in danach fragt, was sich mit der neuen Betriebsvereinbarung zum Mobilen Arbeiten ändern wird – wie würde ich ihr bzw. ihm das erklären? Mit derselben Natürlichkeit und Nähe zu meinem bzw. meiner Gesprächspartner*in bin ich auch bei der Gestaltung von Videobotschaften gut beraten. Wie im persönlichen Gespräch, darf ich mir auch in Videos das Sprechen in kurzen, knackigen Hauptsätzen erlauben. Solche Statements wirken oft kompetenter als sprachlich scheinbar eloquente Darstellungen mit zahlreichen klugen Schachtelsätzen.

Apropos Kürze: Ganz besonders bei Videos gilt die alte Regel „In der Kürze liegt die Würze“. Gut beraten ist man damit, seine Inhalte in unter 90 Sekunden darzustellen.

Videos und Podcasts können eine fantastische Ergänzung sein, um verschiedene Zielgruppen im Betrieb zu erreichen. Vielleicht möchten Kolleg*innen im Vertrieb, die viel Zeit im Auto verbringen, bei ihren Fahrten gerne den Betriebsratspodcast hören? Kolleg*innen, die unter Zeitdruck stehen, können sich in einem einminütigen Erklärvideo ganz schnell über Neuigkeiten informieren – viel schneller (und persönlicher), als es z.B. über einen Newsletter möglich wäre. Doch Vorsicht, digitale Medienformate können auch Gruppen im Betrieb ausschließen: Zum Beispiel in der Produktion, wo der Zugriff auf digitale Inhalte während der Arbeitszeit ohnehin oft nur eingeschränkt möglich ist.

Analoge Medienformate werden nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Zeitungen, Flugblätter und Plakate bleiben weiterhin wichtig. Aber sie haben nicht mehr den gleichen hohen Stellenwert wie früher. Diesen Rang haben ihnen Video, Podcast & Co abgelaufen. Für die Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats bleibt also der Mix entscheidend. Und das wirkmächtigste PR-Instrument kommt sowieso ganz ohne Internet aus: das persönliche Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen.