Bundestagswahl 2025: der Betriebsrat, die Parteien und die Mitbestimmung

Am 23. Februar steht in Deutschland bekanntlich die Bundestagswahl an! Uns interessiert natürlich insbesondere, wie sich die Positionen der politischen Parteien in Deutschland zur betrieblichen Mitbestimmung und zu Betriebsräten in den jeweiligen Wahlprogrammen niederschlagen. Deshalb haben wir uns die Programme derjenigen Parteien, die eine reelle Chance haben im Februar in den Bundestag gewählt zu werden, einmal genauer angeschaut und festgestellt: die Positionen der Parteien variieren stark und spiegeln ihre jeweiligen politischen Schwerpunkte wider. Während einige Parteien auf die Modernisierung und Anpassung bestehender Rechte abzielen, sehen andere die Notwendigkeit für weitreichende Reformen, die die Mitbestimmung der Arbeitnehmenden erheblich ausweiten sollen.

Im Einzelnen:

CDU/CSU

Die CDU/CSU betont die Bedeutung der Betriebsräte als Teil der deutschen Sozialpartnerschaft und setzt sich für eine Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung ein. Im Fokus steht die Digitalisierung der Betriebsratsarbeit: Online-Betriebsratssitzungen und Online-Wahlen sollen gesetzlich verankert werden. Damit will die Union den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden. Zudem möchte sie die Gründung von Betriebsräten weiter erleichtern und sicherstellen, dass diese nicht behindert werden. Ein weiterer Aspekt ist die Stärkung der Tarifbindung, bei der CDU/CSU die Rolle der Sozialpartner hervorhebt.

Die Modernisierung der Mitbestimmung ist für die CDU/CSU ein wichtiger Schritt, um die Arbeitswelt in Deutschland an die Anforderungen der Digitalisierung anzupassen. Sie sieht Betriebsräte als wichtige Vermittler zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden und betont deren Rolle in der Gestaltung fairer Arbeitsbedingungen. Die Union unterstreicht, dass Mitbestimmung nicht nur für die Arbeitnehmenden vorteilhaft ist, sondern auch dazu beiträgt, die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu stärken.

AfD

Im Wahlprogramm der AfD finden sich keine expliziten Forderungen zur Förderung oder Stärkung von Betriebsräten. Die Partei legt ihren Schwerpunkt auf den Abbau von staatlicher Regulierung und Bürokratie. Sie fordert ein neues Arbeitsgesetzbuch, das bestehende Einzelgesetze vereinheitlichen soll. Dabei zielt die AfD auf eine weniger stark regulierte Arbeitswelt ab, was implizit auch die betriebliche Mitbestimmung betreffen könnte. Insgesamt nimmt die AfD eine zurückhaltende Haltung gegenüber der gesetzlichen Mitbestimmung ein.

Die Partei argumentiert, dass eine Entlastung der Unternehmen von Bürokratie und Regulierung zu einer Stärkung der deutschen Wirtschaft beitragen würde. Zwar erkennt sie die Bedeutung von Arbeitsrechten an, vermeidet jedoch klare Positionierungen zur Stärkung der Mitbestimmung. Dies deutet auf eine Politik hin, die mehr auf unternehmerische Freiheit als auf Arbeitnehmerbeteiligung abzielt.

SPD

Die SPD hat eine umfassende Agenda zur Stärkung von Betriebsräten und betrieblicher Mitbestimmung. Sie strebt eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes an, um den Betriebsräten mehr Mitbestimmungsrechte zu gewähren, beispielsweise bei strategischer Personalplanung, der Einführung von Künstlicher Intelligenz und im Gesundheitsschutz. Die SPD fordert zudem besseren Schutz für Initiatoren von Betriebsratswahlen und möchte die Behinderung von Betriebsratsarbeit als Offizialdelikt ahnden. Weitere Ziele sind eine stärkere Tarifbindung und eine nachhaltige Erweiterung der Mitbestimmungsrechte, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und des Klimaschutzes.

Die SPD hebt hervor, dass Betriebsräte eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung zukunftsfähiger Arbeitsbedingungen spielen. Sie sieht in der Erweiterung der Mitbestimmung ein Mittel, um die Rechte der Arbeitnehmenden in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt zu schützen. Besonders die Themen Digitalisierung und Klimawandel sind dabei von zentraler Bedeutung, da sie neue Herausforderungen für Arbeitnehmende und Unternehmen mit sich bringen.

Bündnis 90/Die Grünen

Bündnis 90/Die Grünen legen großen Wert auf betriebliche Mitbestimmung als Bestandteil gelebter Demokratie. Sie wollen die Mitbestimmung auf Themen wie Klima- und Umweltschutz, Gleichstellung und Weiterbildung ausweiten. Die Partei sieht Betriebsräte als wichtige Akteure für den sozialen und ökologischen Wandel in Unternehmen. Zusätzlich fordern die Grünen Maßnahmen gegen Scheinselbstständigkeit und die Stärkung der Tarifbindung, um gerechte Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

Die Grünen betonen, dass eine umfassende betriebliche Mitbestimmung auch ein Instrument zur Umsetzung nachhaltiger Unternehmenspolitik ist. Betriebsräte sollen eine aktive Rolle dabei spielen, Unternehmen ökologisch und sozial gerechter zu gestalten. Dies beinhaltet auch die Forderung, die Rechte der Arbeitnehmenden in Bereichen wie Weiterbildung und Klimaschutz zu erweitern, um langfristig eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu gewährleisten.

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)

Das Bündnis Sahra Wagenknecht setzt sich für eine klare Stärkung der Mitbestimmung und der Betriebsräte ein. Die Gründung von Betriebsräten soll durch verbesserten Kündigungsschutz für Initiatoren erleichtert werden. Zudem fordert die Partei, dass Schlupflöcher geschlossen werden, durch die Unternehmen deutsche Mitbestimmungsstandards umgehen können, beispielsweise durch die Wahl europäischer Gesellschaftsformen. Das BSW sieht die Arbeitnehmerbeteiligung als ein Schlüsselinstrument, um den Einfluss der Arbeitnehmenden in wirtschaftlichen Fragen zu stärken.

Die Partei betont, dass eine gerechte Wirtschaft nur mit einer starken Arbeitnehmervertretung erreicht werden kann. Betriebsräte werden dabei als entscheidender Faktor gesehen, um die Interessen der Beschäftigten in strategische Unternehmensentscheidungen einzubringen. Das BSW sieht dies als eine Notwendigkeit, um soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität zu fördern.

FDP

Die FDP verfolgt einen liberalen Ansatz und betont die Bedeutung von Eigenverantwortung und Flexibilität in der Arbeitswelt. Die Partei fordert eine Modernisierung des Arbeitsrechts, setzt jedoch keine klaren Schwerpunkte auf die Stärkung von Betriebsräten oder die Ausweitung der Mitbestimmung. Stattdessen plädiert sie für flexiblere Arbeitszeitregelungen und eine Digitalisierung von Arbeitsprozessen. Politische Eingriffe in die Tarifautonomie lehnt die FDP ab. Ihre Position zur betrieblichen Mitbestimmung ist insgesamt durch einen Fokus auf Deregulierung und Bürokratieabbau geprägt.

Die FDP sieht in einer deregulierten Arbeitswelt eine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. Dabei liegt der Fokus auf der Schaffung eines Rahmens, der sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmenden mehr Freiräume bietet. Betriebsräte spielen in diesem Konzept keine zentrale Rolle, da die Partei auf individuelle Lösungen und Eigeninitiative setzt.

Die Linke

Die Linke fordert eine umfassende Erweiterung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und die Demokratisierung der Wirtschaft. Sie möchte Betriebsräten ein Vetorecht bei wichtigen Unternehmensentscheidungen wie Standortverlagerungen, Personalplanung und Zukunftsinvestitionen einräumen. Zudem fordert die Partei paritätische Mitbestimmung in Aufsichtsräten ab 500 Beschäftigten. Die Linke möchte die Gründung von Betriebsräten erleichtern und Behinderungen strenger ahnden. Sie setzt sich auch für eine Ausweitung der Mitbestimmung auf neue Arbeitsformen, wie Plattformarbeit, ein. Darüber hinaus fordert sie die Anpassung der Mitbestimmungsrechte in kirchlichen und öffentlichen Einrichtungen an das Betriebsverfassungsgesetz.

Die Linke sieht in der Mitbestimmung ein zentrales Instrument, um soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und die Rechte der Arbeitnehmenden nachhaltig zu stärken. Sie plädiert für eine Demokratisierung der Wirtschaft, bei der Betriebsräte eine entscheidende Rolle spielen. Darüber hinaus fordert sie, dass die Mitbestimmungsrechte an die neuen Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt angepasst werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Parteien unterschiedliche Ansätze zur betrieblichen Mitbestimmung verfolgen. Während die CDU/CSU und die SPD die Mitbestimmung modernisieren und ausbauen wollen, legt die FDP den Fokus auf Flexibilität und Deregulierung. Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke fordern eine deutliche Erweiterung der Mitbestimmungsrechte, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Die AfD nimmt eine eher passive Haltung ein und sieht wenig Bedarf für gesetzliche Eingriffe, während das BSW die Stärkung der Arbeitnehmerrechte als zentralen Punkt seiner Politik hervorhebt.

Insgesamt bleibt die betriebliche Mitbestimmung ein zentrales Feld politischer Debatten, das unterschiedliche Auffassungen über Arbeitnehmerrechte, wirtschaftliche Freiheit und soziale Verantwortung zusammenführt.

Wir empfehlen: Am 23. Februar Demokratie leben und wählen gehen!

 

Quellen:

CDU/CSU-Wahlprogramm 2025

AfD-Wahlprogramm 2025

SPD-Wahlprogramm 2025

Bündnis 90/Die Grünen, Programmentwurf 2025

Bündnis Sahra Wagenknecht, Wahlprogramm 2025

FDP-Wahlprogramm 2025

Die Linke, Wahlprogrammentwurf 2025