Trau keinem Zeugnis, das du nicht selbst gefälscht hast…

 

730x300 - Frau mit Lupe in der Hand

Nicht unüblich ist es dabei, dass Arbeitnehmer*innen Vorschläge für den Inhalt ihres Arbeitszeugnisses machen oder es nach Absprache sogar selbst (vor-)formulieren.

So weit, so normal…Eher wenige würden nun allerdings wohl auf die Idee kommen, besagtes Arbeitszeugnis komplett selbst zu erstellen und dabei auch noch die Unterschrift des oder der Vorgesetzten zu fälschen. Anders war dies bei dem Kläger unseres heutigen skurrilen Rechtsfalls, den das Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 23.6.2010 – 7 Ca 263/10) zu entscheiden hatte.

 

Wie es dazu kam…

Der Kläger war als Sachbearbeiter im IT-Bereich einer Bank tätig. Dabei hatte er keinerlei Personalverantwortung. Zuvor war er schon in anderer Position in dem Unternehmen beschäftigt gewesen, wo er eine „Arbeitsbescheinigung“ erhalten hatte, unterzeichnet von der dortigen Mitarbeiterin im Personalbüro, A H.

Nun begab es sich, dass der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter mehrfach vergeblich den Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten hatte. Letzterer nahm dies jedoch zum Anlass, sich seinerseits zwischenzeitlich bei anderen Arbeitgebern zu bewerben, allerdings ebenfalls erfolglos.

Es stand nun vielleicht zu befürchten, dass ein Arbeitszeugnis dieses Arbeitgebers nicht uneingeschränkt positiv ausfallen würde und damit etwaigen weiteren Bewerbungsbemühungen des Arbeitnehmers im Wege stehen könnte. Dieses Risiko wollte der Mitarbeiter wohl nicht eingehen und fälschte daher kurzerhand das Zeugnis. 

Dazu nutzte er die frühere Arbeitsbescheinigung, aus der er ein (vermutlich) attraktives „Zeugnis“ machte, das aus zwei Seiten bestand und nunmehr auch die Unterschrift des Geschäftsführers, Herrn ... S, neben der Unterschrift von Frau H aufwies. Die Unterschrift des Geschäftsführers kopierte er aus einer Broschüre der Gesellschaft. In dem „Zeugnis“ bezeichnete der Mitarbeiter sich als „Teamleiter“.

Schließlich fügte er dieses eigens erstellte Zeugnis den Unterlagen bei, mit denen er sich bei einer anderen Gesellschaft bewarb, mit der sein Arbeitgeber eng kooperierte.

Zu dumm nur, dass sein aktueller Chef durch einen anonymen Hinweis Wind von der Sache bekam und so der ganze Schwindel aufflog. Die Rechnung kam prompt: Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter außerordentlich fristlos, mit sofortiger Wirkung“.

Der Zeugnisfälscher ging gerichtlich gegen die Kündigung vor und das – man höre und staune – mit Erfolg.

Er vertrat vor Gericht die Ansicht, dass es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten ohne konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis handele, so dass die fristlose Kündigung unwirksam sei. Das Zeugnis habe er in einer „dunklen Nachstunde“ erstellt. Er behauptete außerdem, dass seine Ehefrau entgegen seinem Willen und ohne sein Wissen die Bewerbung mit dem gefälschten Zeugnis abgeschickt habe.

Die Frankfurter Arbeitsrichter sahen zwar sehr wohl ein „außerdienstliches Fehlverhalten“. Außerdienstliches Verhalten könne aber nur dann einen wichtigen Grund für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses darstellen, wenn hierdurch das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt werde, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im Unternehmensbereich. Nach der Rechtsprechung des BAG dürften berechtigte Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden, d. h. das außerdienstliche Verhalten dürfe keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben.

Und ein solcher Bezug – so die Ansicht der Richter – sei hier nicht gegeben. Der Mitarbeiter habe das gefälschte Arbeitszeugnis schließlich zu Hause und damit ohne Nutzung von Betriebsmitteln erstellt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer seinen privaten Computer genutzt habe, reiche auch nicht für die Annahme, dass er „ein potentielles Risiko für die IT-Systeme der Beklagten bilden würde“. Selbst wenn die Fälschung der Unterschrift „möglicherweise“ eine Straftat darstelle, dürfe sie dennoch nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden.

Fazit: In diesem Fall hatte der Mitarbeiter – jedenfalls vor Gericht - also Glück. Angenehm dürfte die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aber vermutlich für keine der Parteien gewesen sein.

Und klar sollte sein: So geht es natürlich nicht! Besser sollte man schon frühzeitig das Gespräch suchen und dann vielleicht einfach freundlich nach einem Zwischenzeugnis fragen...