Helfer-Falle

Menschen, die sich für andere einsetzen, tun dies oft mit voller Überzeugung und großem Engagement. Besonders in der Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist es Aufgabe, Kollegen mit Behinderung oder gesundheitlichen Einschränkungen zu beraten, zu unterstützen und für ihre Rechte einzutreten. Doch genau dieser hohe Einsatz kann zu einem Dilemma führen: Wer ständig hilft, kann sich selbst verlieren – und genau hier beginnt die Helfer-Falle.

Definition: Was ist die Helfer-Falle?

Die Helfer-Falle beschreibt eine schleichende Überforderungsspirale, in die Menschen geraten können, die regelmäßig für andere da sind. Besonders gefährdet sind Personen, die sich ihrer Aufgabe mit großem Verantwortungsbewusstsein widmen.

Typisch für die Helfer-Falle ist, dass Betroffene ihre eigenen Grenzen nicht mehr wahrnehmen oder ignorieren, weil sie sich zu stark mit ihrer Aufgabe identifizieren. Sie übernehmen immer mehr Verantwortung, setzen sich selbst unter Druck und haben Schwierigkeiten, Aufgaben abzugeben. Das Ergebnis: Sie verausgaben sich zunehmend – oft ohne es selbst zu merken.

Diese Überlastung geschieht nicht plötzlich, sondern entwickelt sich schrittweise. Anfangs überwiegt noch die Motivation, doch mit der Zeit kann der hohe Einsatz zur Belastung werden. Die Folge: Dauerstress, emotionale Erschöpfung und im schlimmsten Fall ein Burn-out.

 

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Typische Anzeichen der Helfer-Falle – wann wird Engagement zur Belastung?

Die Helfer-Falle entsteht nicht über Nacht – sie entwickelt sich langsam, oft unbemerkt. Doch es gibt Warnsignale, die darauf hindeuten, dass das Gleichgewicht zwischen Unterstützung und Selbstschutz verloren geht:

  • Chronische Erschöpfung: Permanente Müdigkeit, nachlassende Energie und das Gefühl, „nie fertig zu werden“.
  • Wachsende Frustration: Trotz hohem Einsatz bleibt die Unzufriedenheit – als wäre die eigene Arbeit nie genug.
  • Emotionsübernahme: Sorgen und Probleme von Kolleg*innen werden zur eigenen Last.
  • Permanente Erreichbarkeit: Anfragen auch außerhalb der Arbeitszeit – keine echte Pause von der Verantwortung.
  • Kontrollverlust und Isolation: Das Gefühl, alles allein stemmen zu müssen, ohne echte Unterstützung zu erhalten.
  • Selbstvernachlässigung: Eigene Bedürfnisse werden ignoriert – keine Pausen, wenig Erholung, ständige Anspannung.

Wer diese Anzeichen bei sich bemerkt, sollte aufmerksam werden – denn sie sind oft erste Hinweise darauf, dass sich eine Überlastungsspirale entwickelt.

Die gefährliche Kettenreaktion: Vom Engagement zur Erschöpfung

Die Helfer-Falle entwickelt sich nicht plötzlich, sondern durchläuft mehrere Phasen. Am Anfang steht die hohe Motivation, die mit viel Einsatz und Begeisterung verbunden ist. Man möchte etwas bewegen, ist immer ansprechbar und investiert viel Zeit. Mit der Zeit nehmen die Anfragen zu, die Erwartungen steigen und die Pausen werden weniger. Viele SBV-Mitglieder geraten dann in eine Phase der Selbstüberforderung, in der sie das Gefühl haben, alles allein bewältigen zu müssen. Perfektionismus, Kontrollzwang und die Angst, jemanden zu enttäuschen, verstärken den inneren Druck. In der nächsten Stufe setzt Dauerstress ein: Auch nach Feierabend kreisen die Gedanken um ungelöste Fälle, während erste körperliche Symptome wie Schlafprobleme oder Kopfschmerzen auftreten. Schließlich erreicht die Belastung ihren Höhepunkt – Frustration, Müdigkeit und Resignation nehmen zu. Manche Betroffene ziehen sich zurück, während andere versuchen, einfach weiterzumachen, bis nichts mehr geht. Ohne Gegenmaßnahmen droht ein völliger Erschöpfungszustand, der langfristig zu gesundheitlichen Schäden führen kann.

Warum geraten gerade Vertrauenspersonen häufig in die Helfer-Falle?

Die Struktur der SBV-Arbeit macht sie besonders anfällig für dieses Phänomen. Während Betriebsräte und Personalvertretungen aus mehreren Personen bestehen, ist die SBV oft eine Einzelperson oder wird nur von einer Stellvertretung unterstützt. Dadurch konzentriert sich die gesamte Verantwortung auf wenige Schultern. Hinzu kommt die hohe emotionale Belastung, da SBV-Mitglieder nicht nur beratend tätig sind, sondern oft auch als emotionale Stütze für ihre Kollege*innen fungieren. Der ständige Kontakt mit schwierigen Geschichten kann psychisch herausfordernd sein. Gleichzeitig sind SBV-Mitglieder häufig mit komplexen rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen konfrontiert, ohne dass sie eine juristische Ausbildung haben. Die fehlende Möglichkeit, sich abzugrenzen, macht die Situation noch schwieriger: Wer hilft, fühlt sich oft auch für das Ergebnis verantwortlich – selbst dann, wenn eine Lösung außerhalb der eigenen Einflussmöglichkeiten liegt.

Ausweg aus der Helfer-Falle: Klare Rollen und realistische Erwartungen

Der wichtigste Schritt, um nicht in die Helfer-Falle zu geraten, ist eine bewusste Abgrenzung der eigenen Rolle. Die SBV kann begleiten, beraten und unterstützen, aber nicht jedes Problem allein lösen. Folgende Ansätze helfen, langfristig handlungsfähig zu bleiben:

  • Verantwortung teilen: Wo möglich, Unterstützung durch Stellvertretungen, den Betriebsrat oder externe Stellen einholen.
  • Ressourcen realistisch einschätzen: Nicht jede Anfrage muss sofort und allein bearbeitet werden – Priorisierung hilft, Überforderung zu vermeiden.
  • Erwartungen klar kommunizieren: Beschäftigte frühzeitig darüber informieren, was die SBV leisten kann – und wo ihre Grenzen liegen.
  • Eigene Erfolge anerkennen: Nicht nur auf ungelöste Probleme fokussieren, sondern auch wertschätzen, was bereits erreicht wurde.

Fazit: Wer helfen will, darf sich nicht selbst verlieren!

Die SBV-Arbeit ist wertvoll und essenziell – aber sie darf nicht zur Selbstausbeutung führen. Ein dauerhaft überlastetes SBV-Mitglied kann langfristig niemandem helfen. Bewusstes Gegensteuern ist notwendig, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Wertvolle Tipps dazu erhalten Sie unter anderem auf dem nächsten SBV-Kongress im Workshop „Achtung Helferfalle – Als Vertrauensperson in Balance bleiben“.