Europäische Gesellschaft (Societas Europaea – SE, Europa-AG)

Die Societas Europaea (SE), auch bekannt als Europäische Aktiengesellschaft, ist eine übernationale Rechtsform für Kapitalgesellschaften, die von der EU geschaffen wurde. Sie wurde am 29. Dezember 2004 durch das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SE-Einführungsgesetz, SEEG) in nationales Recht überführt. Die SE ermöglicht europäischen Unternehmen die Bildung einer rechtlichen Einheit mit nationalen Niederlassungen/Betriebsstätten und erleichtert deren grenzüberschreitende Geschäftstätigkeiten.

Unternehmen, die in verschiedenen EU-Ländern tätig sind und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit anstreben, können durch die SE fusionieren, Holdinggesellschaften gründen oder gemeinsame Tochtergesellschaften etablieren, ohne die verschiedenen Rechtsordnungen der 15 EU-Länder, in denen sie operieren, berücksichtigen zu müssen. Diese Rechtsform ermöglicht es den Unternehmen, ihre Aktivitäten innerhalb der EU zu koordinieren und zu vereinfachen, was zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Wirtschaftsraums und zur Förderung der wirtschaftlichen Integration beiträgt.

Die Leitung und Geschäftsführung einer Europäischen Gesellschaft können in Form eines Vorstands und Aufsichtsrats (dualistisches Modell) oder eines Board of Directors mit exekutiven und nicht-exekutiven Managern (angelsächsisches Modell) organisiert werden. In Deutschland und Österreich wird das Board als Verwaltungsrat bezeichnet. Bei der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft müssen die Gründer in der Satzung zwischen dem dualistischen und dem monistischen Modell wählen.

Die Frage der Arbeitnehmerbeteiligung hinsichtlich Information, Konsultation und Mitbestimmung wird durch Verhandlungen gelöst. Im Falle einer Nicht-Einigung gelten die nationalen Vorschriften als Auffanglösung. Die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft ist nur möglich, wenn vorherige Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung stattgefunden haben.

Ein besonderes Verhandlungsgremium (BVG), das von den Arbeitnehmern gewählt wird, und die Vertreter der Gründungsgesellschaft(en) sollen eine Beteiligungsvereinbarung aushandeln. Wenn innerhalb der sechsmonatigen Verhandlungsfrist, die auf bis zu ein Jahr verlängert werden kann, keine Einigung erzielt wird, greift eine Auffanglösung, die sich am höchsten bisherigen Mitbestimmungsgrad einer der beteiligten Gesellschaften orientiert, aus denen die Societas Europaea hervorgegangen ist.

In Deutschland haben große Unternehmen wie die Allianz, Fresenius und BASF die Societas Europaea angenommen. Diese Unternehmen haben sich für das dualistische Leitungssystem mit beibehaltener quasi-paritätischer Mitbestimmung im Aufsichtsrat als Leitungsmodell entschieden. Die Aufsichtsräte wurden auf 12 Mitglieder verkleinert, und der Sitz der leitenden Angestellten wurde abgeschafft.

Ende 2012 gab es insgesamt 1286 Europäische Aktiengesellschaften, von denen 213 als "normale" Societas Europaea betrachtet werden, was bedeutet, dass es sich um operativ tätige Gesellschaften mit mindestens 5 Arbeitnehmern handelt. Etwa 100 dieser Gesellschaften befinden sich in Deutschland.