Verhinderung


Es gibt zwei Arten der zeitweiligen Verhinderung (§ 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG) eines Betriebsratsmitglieds sein Amt auszuüben:


  • Verhinderung aus tatsächlichen Gründen (z. B. Urlaub, Krankheit)
     
  • Verhinderung aus rechtlichen Gründen (in eigenen Angelegenheiten)

Tatsächliche Verhinderung liegt vor, wenn ein Betriebsratsmitglied aus tatsächlichen Gründen vorübergehend nicht in der Lage ist, sein Betriebsratsamt auszuüben.

Beispiel 1:
Am Morgen des Sitzungstags teilt Betriebsratsmitglied B dem Vorsitzenden V mit, mit hohem Fieber im Bett zu liegen und nicht zur Sitzung erscheinen zu können. B ist wegen Krankheit tatsächlich verhindert, V muss das nächste Ersatzmitglied unverzüglich noch laden.

Beispiel 2:
Am Morgen des Sitzungstags teilt Betriebsratsmitglied B dem V mit, dass er die Sitzungsthemen für völlig unwichtig halte und deshalb nicht an der Betriebsratssitzung teilnehmen werde. B ist nicht verhindert, sondern nur nicht interessiert, so dass V auch kein Ersatzmitglied laden darf.

Als tatsächliche Verhinderungsgründe kommen vor allem in Betracht: Urlaub, Krankheit, Kur, Wehrdienst, auswärtige Montage, Dienstreisen oder Teilnahme an Schulungsveranstaltungen. Es handelt sich meist um Fälle der Betriebsabwesenheit des Betriebsratsmitglieds.

Von einer tatsächlichen Verhinderung ist im Fall von Urlaub regelmäßig dann auszugehen, wenn das Betriebsratsmitglied dem Vorsitzenden die Abwesenheit wegen Urlaubs angezeigt hat, ohne gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es trotz des Urlaubs als Betriebsratsmitglied zur Verfügung steht. Hat das Betriebsratsmitglied dagegen angezeigt, trotz des Urlaubs an der Betriebsratssitzung teilnehmen zu wollen, ist es nicht verhindert.

Eine zeitweilige Verhinderung liegt auch vor, wenn ein in Elternzeit befindliches Betriebsratsmitglied aus persönlichen Gründen keine Betriebsratsarbeit verrichten will. Ist es dagegen zur Wahrnehmung seines Amtes bereit, bewirkt das Ruhen des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit keine zeitweilige Verhinderung.

Das Betriebsratsmitglied ist auch dann verhindert, wenn die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung unzumutbar ist.

Beispiel 3:
B erhält die Weisung seines Vorgesetzten, einen wichtigen Kunden am Sitzungstag zu betreuen. Hier muss B die Dringlichkeit der beruflichen Tätigkeit mit der Wichtigkeit der Sitzungsthemen abwägen. Kommt B zu dem Ergebnis, dass es wegen der besonderen betrieblichen Situation unverzichtbar ist, den Kunden zu betreuen, ist er zwar nicht objektiv verhindert. Subjektiv ist dem B aber die Ausübung seines Betriebsratsamts unzumutbar, so dass er sich für verhindert erklären darf. Im Zweifel wird zwar die Teilnahme an der Betriebsratssitzung den Vorrang haben. Wenn aber in der Sitzung keine wichtigen oder keine sonstigen Fragen zu behandeln sind, die die Teilnahme gerade dieses Betriebsratsmitglieds erfordern, kann es in Fällen einer betrieblichen Unabkömmlichkeit des Betriebsratsmitglieds durchaus sachgerecht sein, dass sich das Betriebsratsmitglied als an der Teilnahme verhindert erklärt, so dass an seiner Stelle ein Ersatzmitglied an der Betriebsratssitzung teilnimmt.

Rechtliche Verhinderung liegt vor, wenn das Betriebsratsmitglied selbst von einer Beratung oder Beschlussfassung betroffen ist.

Beispiel 4:
Arbeitgeber A bittet den Betriebsrat um die Zustimmung zur neuen Eingruppierung des Betriebsratsmitglieds B. Hier ist B unmittelbar betroffen. Es ist nicht auszuschließen, dass seine eigenen Interessen für sein Beratungs- und Abstimmungsverhalten bestimmend sind. B ist deshalb rechtlich verhindert.

Wirkt das persönlich betroffene Betriebsratsmitglied gleichwohl an dem Betriebsratsbeschluss mit, ist der Beschluss unwirksam.

Fortführung Beispiel 4:
Der Betriebsratsvorsitzende lässt B sowohl zur Beratung als auch zur Abstimmung zu. Der Betriebsrat widerspricht der von A gewünschten neuen Eingruppierung des B. Ein wirksamer Zustimmungsverweigerungsbeschluss liegt nicht vor. Damit gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu der von A gewünschten Eingruppierung des B nach Ablauf einer Woche gemäß § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt.

Beispiel 5:
Betriebsratsmitglied B hat sich auf eine Beförderungsstelle beworben. Mitbewerber auf die Stelle war der Mitarbeiter M. A entscheidet sich für M und beantragt bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des M. Der Betriebsratsvorsitzende lässt B sowohl zur Beratung als auch zur Abstimmung zu. Der Betriebsrat widerspricht der Versetzung. A hält den Beschluss bereits für unwirksam und die Zustimmung für erteilt, weil B mitgestimmt hat, obwohl er unmittelbar betroffen sei. Entgegen der Ansicht des A ist B aber selbst nicht unmittelbar betroffen. Falls der Betriebsrat der Versetzung des M zustimmt, verringert sich höchstens die Chance des B auf die Beförderung, was für eine unmittelbare Betroffenheit nicht ausreicht. Die Zustimmungsverweigerung ist zumindest nicht wegen unmittelbarer Betroffenheit des B unwirksam.

§ 25 Abs. 1 BetrVG gewährt dem Betriebsratsmitglied keinen beliebigen Anspruch darauf, sich für verhindert zu erklären. Der Verhinderungsgrund muss stets tatsächlich oder rechtlich vorliegen. Nur bei einem solchen zwingenden Grund darf das Betriebsratsmitglied seine Verhinderung anzeigen.

Nach § 29 Abs. 2 S. 5 BetrVG soll das Betriebsratsmitglied unverzüglich mitteilen, wenn es an einer Sitzung nicht teilnehmen kann und die Gründe der Verhinderung angeben. Der Vorsitzende hat dann ggf. das entsprechende Ersatzmitglied zu laden, § 29 Abs. 2 S. 6 BetrVG.