Weiterbildung statt Stellenabbau

 

730x300 - Publikum eines Vortrags

Was im Studium oder in der Ausbildung erlernt wurde, ist heute oft nicht mehr aktuell. Selbst wer hervorragende Abschlüsse in der Tasche hat, kommt in der heutigen Arbeitswelt nicht zurecht, wenn er nicht einen PC bedienen und mit digitalen Medien umgehen kann. Salopp gesagt entscheidet häufig die berufliche Fortbildung darüber, wer langfristig bleibt und wer gehen muss.

Das ist in erster Linie den beständigen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen geschuldet. Diese führen dazu, dass der beruflichen Weiterbildung eine immense Bedeutung zukommt. Wer auf dem Arbeitsmarkt Bestand haben will, muss sich also fortbilden, um am Ball zu bleiben.

Das gute an der Sache: Die Weiterbildung ist nicht nur für den Arbeitnehmer von Vorteil. Ganz im Gegenteil: Auch der Arbeitgeber hat ein großes Interesse an ihr. Er profitiert von qualifiziertem Personal, das effektiv und nachhaltig arbeitet.

Die Folge: Der wirtschaftlich denkende Arbeitgeber wird über kurz oder lang in den zunächst gefühlt „sauren Apfel“ beißen und in die Weiterbildung seiner Belegschaft investieren müssen, wenn er wettbewerbsfähig bleiben will.

Wer bei beruflicher Fortbildung an eine langwierige Zusatzausbildung, Umschulung oder gar ein Studium denkt, fasst diesen Begriff zu eng. Der Form der Wissensvermittlung sind nämlich kaum Grenzen gesetzt. Hierzu können auch kurzfristige Maßnahmen, betriebliche Lehrgänge, Seminare, E-Learning-Programme, der Besuch von Ausstellungen und Messen, gegenseitiger Erfahrungsaustausch und vieles mehr gehören! Einzige Voraussetzung ist, dass die jeweilige Maßnahme einen Bezug zum ausgeübten Berufsfeld hat.

Förderungspflicht für Arbeitgeber und Betriebsrat

Auch der Betriebsrat hat beim Thema Fortbildung mitzureden! Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gibt es hierzu einen eigenen Unterabschnitt (§§ 96-98), der sich u. a. mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Hinblick auf die berufliche Weiterentwicklung der Angestellten beschäftigt. Hier heißt es in § 96 Abs. 1 BetrVG: „Arbeitgeber und Betriebsrat haben (…) die Bildung der Arbeitnehmer zu fördern.“ Dies gilt im Übrigen nicht nur im Hinblick auf Vollzeitbeschäftigte, sondern ausdrücklich auch im Hinblick auf Teilzeitbeschäftigte und Personen, die ihre berufliche Karriere aufgrund von Familienpflichten (zeitweise) zurückgestellt haben.

Vorschlags- und Beratungsrechte

Was viele nicht wissen: Als Betriebsrat können Sie den Arbeitgeber nach § 96 Abs.1 S.2 BetrVG dazu verpflichten, den konkreten Bildungsbedarf im Unternehmen zu ermitteln und mit ihm Fragen der Berufsbildung zu beraten. In diesem Zusammenhang steht dem Betriebsrat zudem ein Vorschlagsrecht zu.

So weit so gut. Doch wie ermittelt man den Bildungsbedarf im Unternehmen? Das klingt beim ersten Lesen nach einer Art Bestandsaufnahme. Und das ist es auch! Der Arbeitgeber muss die aktuelle Situation beurteilen (Ist-Analyse) und dieser die voraussichtlich künftigen Anforderungen an die jeweiligen Arbeitsplätze und die erforderlichen Qualifikationen gegenüberstellen (Soll-Analyse). Die Differenz soll zeigen, welche Art und in welchem Umfang eine Berufsbildung im Unternehmen erforderlich ist und welche Maßnahmen und Investitionen notwendig sind.

Der Arbeitgeber muss diese Analyse auf Verlangen des Betriebsrats auf jeden Fall durchführen, sogar, wenn er selbst keinen Bedarf für Berufsbildungsmaßnahmen sieht. Frei ist der Arbeitgeber nur in der Wahl der Methode und des genauen Zeitpunkts der Ermittlung.

Das Beratungsrecht des Betriebsrats wird im Übrigen in § 97 Abs. 1 BetrVG weiter konkretisiert. Hierin wird dem Betriebsrat ein Recht zur Beratung über die Einführung verschiedenster Berufsbildungsmaßnahmen gewährt. Der Betriebsrat darf also über das „Ob“ mitberaten.

Noch effektiver ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 97 Abs. 2 BetrVG, nach dem dieser bei der Planung und Durchführung solcher Maßnahmen mitbestimmen kann, die dazu führen, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht mehr ausreichen. Eine Einigung kann dann notfalls durch die Einigungsstelle erzwungen werden!

Im Gegensatz dazu geht es bei § 98 BetrVG um das „Wie“, also allein um die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen. Auch hier besteht ein echtes Mitbestimmungsrecht, das Sie nutzen können (vgl. Abs.4).

Unser Tipp: eine Betriebsvereinbarung zum Thema Qualifizierung kann Rechtssicherheit schaffen und Streitigkeiten vermeiden. Darin sollte insbesondere geregelt werden, welche Qualifizierungsmaßnahmen im Unternehmen vorgesehen sind, wer zur Teilnahme verpflichtet oder berechtigt ist, wie der Qualifizierungsplan ausgestaltet ist und ob die jeweiligen Mitarbeiter im Zusammenhang mit der betrieblichen Fortbildung überwacht werden dürfen bzw. ob eine Leistungskontrolle stattfindet.

Auch gut zu wissen: Die Bundesagentur für Arbeit vergibt sowohl an Arbeitslose als auch an Berufstätige sogenannte Bildungsgutscheine, die bei zugelassenen Bildungsanbietern eingelöst werden können. Voraussetzung ist, dass die Weiterbildung beziehungsweise Umschulung notwendig ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie

  • als berufstätige Person die drohende Arbeitslosigkeit vermeiden oder
  • Ihren Berufsabschluss nachholen.