Raus aus der Sprachlosigkeit - wirkungsvoll kontern

von: Lisa Dreischer Trainerin und Beraterin

Professioneller Umgang mit Killerphrasen

Da hat man viel Energie und Arbeit in ein Projekt gesteckt, auch das Team ist begeistert. Jetzt fehlt nur noch die Zustimmung vom Arbeitgeber. Bestens vorbereitet geht man ins Gespräch und dann „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Treffer!

Diese Phrase killt jedes Argument und genau das ist das Ziel von Killerphrasen, sie sollen vor allem verunsichern. Ihr einziger Sinn ist, eine Diskussion oder ein Gespräch abzuwürgen oder eine Idee zu begraben.

Was sind Killerphrasen?

Killerphrasen sind Scheinargumente – auch Totschlagargumente –, die statt eines echten Arguments vorgebracht werden, die den Gesprächspartner mundtot machen oder eine Diskussion pauschal im Keim ersticken sollen. Viele Killerphrasen enthalten einen direkten Angriff auf den/die Gesprächspartner*in – ohne inhaltlichen oder sachlichen Bezug, um die Aufmerksamkeit des Gegenübers bzw. des Publikums vom Kern des Themas auf einen irrelevanten Nebenschauplatz abzulenken. Bei einem Totschlagargument wird zumindest noch auf das Thema eingegangen – aber nur zum Schein.

Beide Begriffe zählen zur Schwarzen Rhetorik. Sie sollen das Gegenüber subtil beeinflussen oder gezielt einschüchtern. Nicht selten zielen sie direkt auf eine Person oder unter die Gürtellinie, insbesondere bei Frauen.

Der Begriff Killerphrase stammt von Charles Hutchison Clark, der die beliebte Kreativitätsmethode des Brainstormings modifizierte.

Killerphrasen ganz einfach erkennen: typische Merkmale

Achten Sie vor allem auf folgende Kennzeichen, die diese Killerargumente verraten:

  • Dem Satz fehlen sachliche Argumente.
  • Die Phrase verallgemeinert oder urteilt pauschal.
  • Ihnen wird grundsätzlich Inkompetenz unterstellt.
  • Entweder werden Sie persönlich angegriffen oder es wird mit einem Klischee argumentiert.
  • Das Ergebnis des Gesprächs wird bereits vorweggenommen.
  • Das Scheinargument soll Sie stoppen und sprachlos machen.

In der Fachliteratur unterscheidet man sechs Arten von Killerphrasen und schaut sich vor allem die Motive dahinter an:

1. Beharrungsphrasen

Der Phrasendrescher fürchtet Veränderungen. Es ist nur menschlich, neuen Dingen zunächst ablehnend gegenüberzustehen. Alles Neue verunsichert und stellt für viele eine Bedrohung dar. Entsprechende Impulse werden sofort abgewürgt. Beispiel: „Das hat noch nie funktioniert!“, „Das haben wir schon immer so gemacht.“

2. Bedenkenträgerphrasen

Sie ähneln inhaltlich den Beharrungsphrasen. Allerdings ist hier die Angst vor Veränderungen geringer ausgeprägt. Sicher fühlt sich der Bremsklotz in der Rolle des smarten Kritikers ausgesprochen wohl. Beispiel: „Wenn das funktioniert, wäre es schon längst im Einsatz.“

3. Besserwisserphrasen

Hier geht es vor allem um die Demonstration der eigenen vermeintlichen Intelligenz. Diese Phrasendrescher stellen sich selbst in einem besseren Licht dar, indem sie sich den alleinigen Durchblick bescheinigen. Beispiel: „Jeder weiß, dass…“, „Sie müssen noch viel lernen!“, „Alle anderen sehen das genauso.“

4. Autoritätsphrasen

Der/die Sprecher*in (Chef*in oder Konkurrent*in) demonstriert mit solchen Sätzen seine/ihre Macht, Überlegenheit und Autorität. Oft werden so aber auch Minderwertigkeitsgefühle getarnt. Beispiel: „Das können Sie überhaupt nicht wissen!“, „Was wichtig ist, bestimme immer noch ich.“, „Sie besitzen nicht die Kompetenz, um das beurteilen zu können.“

5. Vertagungsphrasen

Wer Angst hat, eine falsche Entscheidung zu treffen oder schlichtweg keine Lust hat, sich mit einem unangenehmen Thema auseinanderzusetzen, greift zu Vertagungsphrasen. Beispiel: „Das ist ja wirklich interessant, aber eher ein Thema für einen anderen Zeitpunkt.“

6. Angriffsphrasen

Der persönliche Angriff ist die wohl unfairste Art! Das Gegenüber wird bloßgestellt und herabgewürdigt, um die Diskussion zu ersticken. Eine Sachebene findet man nicht. Beispiele: „Sie sind damit offenbar intellektuell überfordert.“, „Denken Sie mal nach – auch wenn’s schwerfällt!“, „Einer von uns beiden ist blöder als ich.“

Killerphrasen professionell kontern

Der Umgang mit Killerphrasen ist zwar nicht ganz einfach, doch gewisse Techniken sind genau wie bei der Schlagfertigkeit erlernbar:

1. Rückfragen stellen

Stellen Sie einfach eine Gegenfrage. Der Mensch hat einen angelernten „Antwortreflex“ und Ihr Gegenüber wird somit automatisch zur Erklärung und Rechtfertigung gezwungen. Der Angriff ist unterbrochen. Beispiel: „Das klappt doch nie!“ – Antwort: „Was genau spricht dagegen? Wo sehen Sie Schwierigkeiten? Was wäre dann realistischer?“ „Was macht Sie dabei so sicher?“, „Woher stammen Ihre Informationen?“, „Worin genau sehen Sie das Problem?“, „Was wäre Ihr konstruktiver Lösungsvorschlag?“

2. Falsch interpretieren

Die zweite Variante funktioniert ähnlich wie die Gegen- oder Rückfrage, sie ist aber ein direkter Konter, bei dem Sie absichtlich die Aussage Ihres Gegenübers missverstehen und falsch interpretieren, um sie dann anschließend zu widerlegen. Beispiel: „Das funktioniert sowieso nie!“ Antwort: „Stimmt. Da haben Sie absolut recht, so wie Sie das darstellen, funktioniert das nicht. Was aber funktioniert, ist…“, „Das ist ja eine ganz schlaue Idee!“ Antwort: „Danke, dass Sie mir zustimmen und meinen Vorschlag intelligent finden. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir damit eine gute Lösung gefunden haben…“

3. Sachebene anmahnen

Indem Sie durchweg sachlich, souverän und professionell bleiben hebeln Sie die beabsichtigte Wirkung der Phrase aus: Das Gespräch bleibt bei der Sache. Beispiel: „Typisch Mann, Frau, Boomer, Gen Z, Ossi, Wessi, Vertrieb, …!“ Antwort: „Was hat mein Geschlecht, Alter, Herkunft… damit zu tun? Sie nutzen ganz offenbar ein typisches Totschlagargument. Ich schlage vor, dass wir zur Sachebene und zum Thema zurückkehren.“, „Das sind klassische Klischees, die Sie hier bemühen. Ein bisschen überholt vielleicht. Lassen Sie uns doch lieber konstruktiv weitermachen.“, „Sie meinen also, wir sollten so weitermachen wie immer? Genau dadurch ist das Problem entstanden, weswegen wir heute hier sitzen. Wir müssen uns weiterentwickeln – der Markt hat es längst getan.“

4. Gegenangriff starten

Der Vorteil ist, Sie zeigen klar, dass Sie sich nicht einschüchtern lassen. Der Nachteil ist, dass Sie sich auf die gleiche Stufe mit Ihrem Gegenüber stellen und das Streitgespräch eskalieren kann. Diese Technik ist daher nur bedingt zu empfehlen. Beispiel: „Das ist doch alles graue Theorie!“ Antwort: „ Dass Sie Innovationen fürchten, glaube ich gerne. Vielleicht fehlen Ihnen auch entsprechende Erfahrungen. Soll ich Ihnen das noch einmal erklären?“

Oder etwas sanfter: „Wer hat Sie eigentlich zum Ideen-Sheriff gemacht?“, „Was ist denn so typisch Mann, Frau, Verkauf, Boomer…?“, „Warum macht Ihr hohes Alter meinen Vorschlag automatisch schlechter?“

Fazit

Der Umgang mit Killerphrasen ist auch eine Trainingssache! Rhetorisch versierten Menschen fällt es sicher leichter, spontan auf solche Phrasen zu reagieren. Letztendlich hängt Ihre Reaktion oder die gewählte Methode immer vom Einzelfall ab. Manchmal reicht schon ein einfaches „Ja“, um einen Angriff zu entkräften, denn der/die Angreifende rechnet im Normalfall nicht mit einer Zustimmung. Oder sagen Sie nichts und machen weiter.

Doch mit etwas Aufmerksamkeit und einer Prise Gelassenheit in Verbindung mit den oben genannten Tipps gelingt es jedem, mit diesen unbeliebten Aussagen im Gespräch umzugehen.