Zum 01.01.2025 treten die meisten Neuregelungen des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) in Kraft. Das BEG IV soll die Wirtschaft um rund 944 Millionen Euro pro Jahr entlasten. Ein zentraler Punkt ist die Förderung digitaler Prozesse, um administrative Aufgaben zu vereinfachen und Kosten zu reduzieren.
Im Bereich Arbeitsrecht ergeben sich Änderungen bei einigen Formvorschriften, die gelockert werden. Wir geben einen kurzen Überblick.
1. Schriftform – elektronische Form – Textform: Was bedeutet das?
Vorab kurz noch einmal erläutert: Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert verschiedene Formvorschriften, die je nach Rechtsgeschäft einzuhalten sind: Schriftform, Textform und die elektronische Form. Wer schon sattelfest dazu ist: hier geht’s direkt zum Überblick BEG IV.
- Die Schriftform gemäß § 126 BGB erfordert, dass eine Urkunde eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Bei Verträgen müssen alle Parteien auf derselben Urkunde unterschreiben oder jeweils eine für die andere Partei bestimmte gleichlautende Urkunde unterzeichnen. Also kurz: „Papier und Tinte“. Klassisches Beispiel: Kündigung (Schriftform nach § 623 BGB erforderlich)
- Die elektronische Form gemäß § 126a BGB kann die Schriftform ersetzen, sofern das Gesetz dies nicht ausschließt. Hierfür muss der/die Ausstellende der Erklärung seinen bzw. ihren Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten (!) elektronischen Signatur versehen. Beispiel: Abschluss von Betriebsvereinbarungen, § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG.
Anmerkung: Eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) ist die höchste Sicherheitsstufe unter den elektronischen Signaturen. Da sie rechtlich der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt ist, bestehen hohe Anforderungen: Die QES wird mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erzeugt und basiert auf einem qualifizierten Zertifikat, das von einem vertrauenswürdigen Anbieter ausgestellt wurde. So gewährleistet sie die Identität des*r Unterzeichnenden und die Integrität des Dokuments, wodurch Manipulationen ausgeschlossen werden sollen.
- Die Textform gemäß § 126b BGB erfordert eine lesbare Erklärung, in der die Person des*r Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich. Also kurz: auch per E-Mail.
2. Was ist jetzt neu? Änderungen durch das BEG IV im arbeitsrechtlichen Kontext
Mit dem BEG IV sollen Dokumentationspflichten vereinfacht werden, insbesondere wird das Nachweisgesetz angepasst.
- Wie bisher auch schon können Arbeitsverträge grundsätzlich auch per E-Mail abgeschlossen werden. Durch die Änderung des Nachweisgesetzes sind nunmehr auch die wesentlichen Vertragsbedingungen zukünftig nur noch in Textform (bisher: Schriftform) nachzuweisen. Ausnahmen zu dieser Formlockerung gelten für bestimmte Wirtschaftsbereiche, um Schwarzarbeit zu bekämpfen, wie z. B. im Bau- oder Gaststättengewerbe.
- Befristete Arbeitsverträge: Auch künftig muss die Befristungsabrede zu Arbeitsverträgen schriftlich erfolgen (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Neu ist, dass dies nicht mehr für die Befristung auf Erreichen der Regelaltersgrenze (die in nahezu allen Arbeitsverträgen enthalten ist) gilt: Dafür genügt nun die Textform. Zu finden ist die Neuregelung allerdings nicht im TzBfG, sondern in § 41 Abs.2 SGB VI. Achtung: Eine Heilung von unwirksamen „Altfällen“ ist damit aber nicht möglich.
- Arbeitszeugnisse können nun auch in elektronischer Form mit qualifizierter elektronischer Signatur erteilt werden, sofern der*die Empfänger*in einwilligt (§ 109 GewO).
- Digitale Aushangpflichten: Aushanggesetze wie das Arbeitszeitgesetz (§ 16 ArbZG) und das Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen künftig – statt ausgelegt oder ausgehängt zu werden – auch in elektronischer Form den Beschäftigten zugänglich gemacht werden, z. B. durch Veröffentlichung im Intranet.
- Arbeitnehmerüberlassungsverträge zwischen Entleiher und Verleiher können jetzt auch per E-Mail vereinbart werden, da auch hierfür künftig grundsätzlich die Textform (bisher Schriftform oder elektronische Form) genügt. Auch die Erklärung des Entleihers gegenüber dem Betriebsrat vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmenden zur Arbeitsleistung kann nun in Textform vorgelegt werden (§ 14 Abs. 3 AÜG).
- Im Bereich der Elternzeit werden u. a. zahlreiche Schriftformerfordernisse durch die Textform ersetzt. So genügt demnächst die Textform bei Anträgen für Elternzeit und Teilzeit in der Elternzeit. Im Gegenzug können Arbeitgeber eine etwaige Ablehnung eines Teilzeit-Antrags in der Elternzeit ebenfalls in Textform, z. B. per E-Mail, aussprechen. Auch bei der Pflegezeit oder Familienpflegezeit kann die Beanspruchung künftig in Textform erfolgen.
- Aufbewahrungsfristen für Lohn- und Gehaltslisten und Buchungsbelege verkürzen sich von 10 auf 8 Jahre.
Ob dies alles Meilensteine sind auf dem Weg zum Bürokratie-Abbau, bleibt zu bezweifeln. Aber immerhin: Babyschritte zum Erfolg! Und dranbleiben!
Sollten bei Ihnen die Fragen jetzt mehr statt weniger geworden sein: Wir verhelfen Ihnen zur Klarheit! Zum Beispiel mit unseren Seminaren zu den aktuellen Rechtsentwicklungen im Arbeitsrecht:
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Ich persönlich freue mich darauf, zwei weitere Ordnerjahrgänge mit aufbewahrungspflichtigen Unterlagen vernichten zu dürfen, da die Frist von 10 auf 8 Jahren verkürzt wurde J.
Eine gute Zeit wünscht
Heike Holtmann, Ass. jur. und Mediatorin