Das „Ugah-Ugah-Urteil“

 

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Skurril ist nicht unbedingt die richtige Bezeichnung. Der Fall hat aber jedenfalls große Aufmerksamkeit in der Arbeitswelt auf sich gezogen und ist so außergewöhnlich, dass wir ihn auch Ihnen nicht vorenthalten möchten. Im Kern geht es um ein leider stetig relevantes Thema, nämlich Rassismus im Job.

Das ist geschehen: Ein 37-jähriger Mann, seit neun Jahren Mitglied im Betriebsrat, wurde durch seinen Arbeitgeber, ein Logistikunternehmen, gekündigt. Die Besonderheit liegt darin, dass an die Kündigung eines BR-Mitglieds besonders hohe Anforderungen geknüpft sind. Was hatte sich das Mitglied also zu Schulden kommen lassen?

Neben zwei weiteren Vorfällen hatte der Betroffene einen dunkelhäutigen Kollegen während der Betriebsratssitzung durch den Ausruf von Affenlauten wie „Ugah Ugah“ beleidigt.

Nach Einschaltung der AGG-Beschwerdestelle wurde das Betriebsratsmitglied durch den Arbeitgeber angehört. Hier äußerte es sich uneinsichtig und trug vor, sein Verhalten habe „der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre“ gedient und gehöre zum „gepflegten Umgang“. Tatsächlich hatte die geschmacklose Beleidigung natürlich nichts mit einer Auflockerung zu tun. Ganz im Gegenteil war es in der Betriebsratssitzung zu einer heftigen Auseinandersetzung über den Umgang mit einem EDV-System gekommen, dem Beleidigungen beider Parteien folgten.

Die Sache landete bereits im Jahr 2018 vor dem Arbeitsgericht Köln, welches die Kündigung des Betriebsratsmitglieds für wirksam hielt. Das Arbeitsgericht stellte darauf ab, dass grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen eine erhebliche Pflichtverletzung seien. Im vorliegenden Fall sei die Äußerung eine grobe wegen der ethnischen Herkunft diskriminierende Beleidigung, die die Weiterbeschäftigung unzumutbar mache. Das Gericht betonte zudem die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer vor Diskriminierung zu schützen.

Auch die nächste Instanz, das Landgericht Köln, kam zu keinem anderen Ergebnis.

Das gekündigte Betriebsratsmitglied zog daraufhin mit einer Verfassungsbeschwerde bis vor das Bundesverfassungsgericht und machte die Verletzung seiner Meinungsfreiheit geltend. Auch vor dem Bundesverfassungsgericht blieb der Kläger jedoch ohne Erfolg. Unter Anderem hieß es in der Entscheidung, das Verhalten des Betriebsratsmitglieds sei nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine menschenverachtende Diskriminierung lasse sich nicht unter Berufung auf die Meinungsfreiheit rechtfertigen!

Dieser Fall ist nur eines von vielen Beispielen für Rassismus im Job. Oftmals fängt dieser mit vermeintlichen Kleinigkeiten im Alltag an oder sogar noch früher, nämlich im Einstellungsverfahren. Vorgebeugt werden soll eigentlich durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, welches in der Praxis jedoch noch allzu oft missachtet wird. Ein Grund mehr, um gerade als Betriebsrat die Augen aufzuhalten und Rassismus zu bekämpfen.

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