Betriebsvereinbarung

Vereinfacht könnte man sagen: Die Betriebsvereinbarung ist das „Gesetz“ des Betriebes. In allen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten können Betriebsvereinbarungen geschlossen werden. Aber auch neben den ausdrücklich im Gesetz genannten Mitbestimmungstatbeständen können Betriebsrat und Arbeitgeber freiwillige Betriebsvereinbarungen abschließen.

Die Betriebsvereinbarung wirkt auf zwei Ebenen: sie ist im Verhältnis der Betriebspartner ein Vertrag. Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich an diesen Vertrag zu halten (§ 77 I). aufgrund von dessen Wichtigkeit muss der gesamte Vertrag schriftlich sein. Gedachte oder gewünschte, sogar besprochene Inhalte haben so lange keine Geltung, wenn sie nicht der vorgesehenen Schriftform entsprechen (77 II).

In § 77 Abs. 3 ist die sogenannte Tarifsperre oder auch Tarifvorrang genannte Regelung zu finden.

Tarifvertragliche Regelungen haben Vorrang vor Betriebsvereinbarungen. Ist der Arbeitgeber an eine tarifvertragliche Regelung gebunden, und kann er deshalb selber nichts entscheiden, ist auch kein Raum für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, so dass hier keine Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden können (§ 87 Abs. 1 Einleitungssatz).
 § 77 Abs. 3 verbietet aber auch für Betriebe ohne Tarifbindung (also solche, in denen kein Tarifvertrag besteht) des Arbeitgebers Betriebsvereinbarungen über Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, soweit hier Regelungen des räumlich und fachlich einschlägigen Tarifvertrages bestehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet § 77 Abs. 3 aber nur dann Anwendung, wenn kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, also nur für sogenannte freiwillige Betriebsvereinbarungen.
Zulässig ist danach z. B. eine Betriebsvereinbarung über ein Vergütungssystem für außertarifliche Angestellte (AT-Angestellte), da hier nach § 87 Abs. 1 Ziff. 10 ein Mitbestimmungsrecht besteht und für AT-Angestellte naturgemäß keine tarifvertragliche Regelung gilt. Unzulässig ist daher nach § 77 Abs. 3 eine Betriebsvereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit, da der Betriebsrat bei der Dauer der Arbeitszeit kein Mitbestimmungsrecht hat, und somit nur eine freiwillige Betriebsvereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit (= im Tarifvertrag geregelte Arbeitsbedingungen) möglich ist, die von § 77 Abs. 3 ausgeschlossen wird.

Die Wirkung der Betriebsvereinbarung besteht darin, dass sie die im Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse „unmittelbar und zwingend“ regelt. Das muss aber noch ein wenig relativiert werden. Die zwingende Wirkung reicht nur insoweit als der Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer bessere Regelungen enthält (sog Günstigkeitsprinzip).

Beispiel:
Betriebsvereinbarungen zur Lage der Arbeitszeit oder zu Überstunden regeln das Arbeitsverhältnis aller Betriebsangehörigen. Hat aber ein Arbeitnehmer einen Vertrag, nach welchem ihm auf seinen Wunsch hin eine bestimmte Lage der Arbeitszeit festgeschrieben wird oder sind Überstunden einvernehmlich ausgeschlossen, so geht der Arbeitsvertrag vor.

Die Betriebsvereinbarung endet entweder so, wie die Beteiligten dieses vereinbart haben oder mangels Vereinbarung kann sie durch Kündigung unter Einhaltung einer Dreimonatsfrist gekündigt werden (77 V).
Typische Fälle einer Parteivereinbarung sind entweder die Befristung der Betriebsvereinbarung oder die Vereinbarung bestimmter Kündigungstermine (zum Quartal oder Jahresende, erstmalige Kündigungstermine zum Jahresende oder kürzere / längere Kündigungsfristen). Eines Grundes für die Kündigung bedarf es nicht.
Auch kann die Betriebsvereinbarung – nach dem Prinzip jüngeres verdrängt älteres Recht - durch eine neue Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Dieses sollten die Beteiligten aber in der Neuregelung feststellen. Eines Grundes oder einer Form bedarf es für die Kündigung nicht.

Betriebsvereinbarungen regeln teilweise sehr wichtige betriebliche Fragen. Wenn diese Dinge nach dem Ende der Betriebsvereinbarung ungeregelt sind, gibt es erhebliche praktische Schwierigkeiten. Stellen Sie sich etwa vor, die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitlage endet ersatzlos!
Um ein solches zu vermeiden, ordnet das Gesetz bei den wichtigsten Betriebsvereinbarungen, solche, bei denen eine fehlende Einigung erzwungen werden kann, dass sie nachwirken. D.h. trotz Kündigung oder sonstiger Beendigung wird so getan als wenn die Betriebsvereinbarung noch besteht. Und zwar so lange, bis eine neue abgeschlossen wird. Das Gesetz bezeichnet die Betriebsvereinbarungen, die nachwirken, leider nicht besonders genau. Es heißt dort, dass Betriebsvereinbarungen „in Angelegenheiten nachwirken, in denen ein Spruch die fehlende Einigung ersetzen kann“. D.h. immer wenn ein Paragraph die Mitbestimmung regelt und festlegt, dass mangels Einigung die Einigungsstelle „angerufen“ werden kann (so z.B. bei allen Fällen des § 87 – steht in Abs. II), wirkt die beendete Betriebsvereinbarung weiter.

Wichtig noch: die Parteien können auf die Nachwirkung einvernehmlich verzichten. Sie können aber auch in Fällen, in denen es keine Nachwirkung gibt, eine solche vereinbaren.