1. Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Laut § 109 Gewerbeordnung (GewO) haben alle Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Des Weiteren regelt der § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG), dass auch Auszubildende einen entsprechenden Anspruch haben. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis in Voll- oder Teilzeit, in Haupt- oder Nebenbeschäftigung oder auch in der Probezeit handelt. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer das Zeugnis von seinem Arbeitgeber anfordern. Bei Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses hat der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis auch ohne gesonderte Aufforderung auszustellen. Erteilt er das Zeugnis nicht, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zunächst regelmäßig anmahnen. Erteilt der Arbeitgeber das Zeugnis trotzdem nicht, gerät er durch die Mahnung in Verzug. Wenn dem Arbeitnehmer aufgrund der Verzögerung ein Schaden entstanden ist, hat der Arbeitgeber Schadensersatz zu leisten. Der Arbeitnehmer hat nicht nur bei der Beendigung, sondern auch schon während des laufenden Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
2.Welche unterschiedlichen Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Während ein einfaches Zeugnis nur Angaben zu Ort und Dauer der Tätigkeit beinhaltet, umfasst ein qualifiziertes Zeugnis zusätzlich noch Angaben zur Art der Tätigkeit sowie über Leistung und Verhalten. In den meisten Fällen wird der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis haben. Ein einfaches Zeugnis kann aber ausnahmsweise dann ausreichen, wenn der Arbeitnehmer nur für sehr kurze Zeit beschäftigt war, sodass der Arbeitgeber keine Möglichkeit hatte, seine Leistung zu bewerten.
3. Welchen inhaltlichen Anforderungen muss ein Arbeitszeugnis genügen?
Nach der Rechtsprechung des BAG muss das Arbeitszeugnis die Wahrheit wiedergeben und alle wesentlichen Tatsachen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse haben könnte. Einen Anspruch auf Schluss- oder Dankesformeln hat der Arbeitnehmer dabei nicht. So hat es das BAG (BAG, Urteil v. 25.1.2022, 9 AZR 146/2) im Januar 2022 entschieden.
4. Auf welche Note hat der Arbeitgeber einen Anspruch?
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine wohlwollende Beurteilung, die ohne besondere Vorkommnisse mit der Zeugnisnote "drei", also befriedigend zu bewerten ist. Glaubt der Arbeitnehmer eine bessere Bewertung verdient zu haben, so muss er dies ggf. vor Gericht beweisen. Will der Arbeitgeber von dieser Benotung nach unten abweichen, liegt die Beweislast beim Unternehmen.
5. Wohlwollen oder Wahrheit?
Nur im Rahmen der Wahrheit muss das Zeugnis wohlwollend sein. Im Endeffekt muss der Arbeitgeber also "unbequeme Wahrheiten" in möglichst schonender Weise darstellen. Bevor der Arbeitgeber also negative Bewertungen in das Zeugnis aufnimmt hat er zu prüfen, ob die Tatsachen, auf die sich seine Bewertung stützt, wirklich für das Gesamtbild der Leistungsbewertung des Arbeitnehmers von Relevanz sind. Vor diesem Hintergrund hat er sowohl die positiven, als auch die negativen Umstände verantwortungsvoll gegeneinander abzuwägen.