Burn-out-Prävention als Führungsaufgabe

 

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Burn-out ist in aller Munde und in allen Medien. Die Diskussion um mögliche Maßnahmen, seien sie präventiv oder therapeutisch, setzt dabei meist an der betroffenen Person an. Die Rolle, die ein Unternehmen dabei innehat ist dabei noch weitestgehend unterbelichtet. Wir versuchen hier, ein paar Argumente und Ansatzpunkte für Burn-out-Prävention als Führungs- und Unternehmensaufgabe anzubieten.

Argumente für ein systemisches Verständnis des Phänomens Burn-out:

  • Körperlich-geistig-seelische Gesundheit, das Wollen und Können der Menschen ist eine wesentliche Voraussetzung für Produktivität und Innovationsvermögen einer Organisation. Sie brauchen aber, um produktiv zu sein, darüber hinaus die Möglichkeit, das Dürfen, ihre Bereitschaft und Fähigkeit in die Arbeitsprozesse einzubringen.
  • Das Gefühl von Stress entsteht durch ein Gefühl mangelnder Selbstwirksamkeit, von Unkontrollierbarkeit. Für die Kontrollierbarkeit von Situationen im Arbeitsalltag - objektiv wie subjektiv - sind die Arbeitgeber (mit-)verantwortlich.
  • Kollektive, meist unbewußte Verständisse vom Umgang mit Zeit oder von Erfolg ("Wer bremst verliert", "Je schneller desto besser", "Wer rastet der rostet" o.ä.) prägen den Einzelnen im System und erschweren ein Gegensteuern wegen des zu befürchtenden Gesichts- und Zugehörigkeitverlusts.
  • Die gut gemeinten Kurse in Zeitmanagement oder Entspannungstechniken, sofern sie losgelöst von organisationalen Veränderungen ablaufen, vermitteln die Botschaft "Sei gesund" oder "Krieg das in den Griff" und bedeuten zusätzlichen Druck, anstatt - wie erhofft - Entlastung zu verschaffen.

Wie können Sie als Führungskraft gegensteuern?

Zu allererst ist wichtig, Burn-out als Führungsaufgabe anzunehmen. Stellen Sie sich das ruhig wörtlich vor: Denn nur was ich in die Hand nehme, kann ich auch gestalten.

Natürlich sind sie als Verursacher nicht allein verantwortlich, denn abgesehen von innerbetrieblichen Faktoren gibt es jede Menge gesellschaftliche Entwicklungen, die das Phänomen Burn-out begünstigen (Arbeit als Lebensinhalt; Leistungsorientierung; fehlende Werteorientierung durch übergeordnete Institutionen wir Politik oder Kirche…). Und gerade weil dies so ist und als letztes Glied in der Kette das einzelne Individuum steht, sollten Sie versuchen, "Verbündete" für eine systemische Bearbeitung des Themas über mehrere Hierarchiestufen hinweg anzuregen, die eine Schuldzuweisung und Individualisierung des Themas verbietet. Reflektieren Sie dabei Ihre eigene Betroffenheit, aber auch Ihren Anteil, den sie womöglich an der Zuspitzung des Themas haben. Und entwickeln Sie Gegenmaßnahmen, z.B.:

  • Setzen Sie Ihr Personal so potentialorientiert wie möglich ein (um positiven Stress, sog. Eustress oder Flow zu ermöglichen). Vermeiden Sie aus dem gleichen Grund Rotationen.
  • Geben Sie den Menschen die Möglichkeit, Spuren hinterlassen zu haben, wenn Sie den Betrieb (diese Erde) verlassen. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter/innen mitentscheiden und gestalten. Vermitteln Sie ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit statt von Ohnmacht.
  • Definieren Sie "Gutes Arbeiten": Multitasking ist nicht erstrebenswert, sondern das Erledigen einer Aufgabe nach der anderen in angemessener Reihenfolge in höchster Konzentration und Sorgfalt. Selbst der PC braucht hin und wieder seinen Taskmanager, um sich nicht aufzuhängen.
  • Fördern Sie Teilzeitarbeit und deren Akzeptanz und fördern Sie Heimarbeitsplätze - beides nicht nur für Mütter.
  • Implementieren Sie eine "echte" Vertrauensarbeitszeit - mit echem Vertrauen.
  • Entzerren Sie Ihre Projektarbeit (keine künstlich verknappten Projekttermine).
  • Entschleunigen Sie ihre Meetings, z.B. durch Einführung des Dialogs als Kommunikationskonzept, das nicht nur auf einer To-do-Ebenen abläuft, sondern zum Aussprechen subjektiver Einschätzungen und Gefühle einlädt.
  • Verordnen Sie Zeiten der Nichterreichbarkeit und seien Sie selbst Vorbild hierfür.
  • Verordnen Sie eine halbstündige Pufferzeit zwischen Terminen ohne die "Droge Aktivität" (Arbeit, Gespräche, Essen…), um sich zu sammeln für die nächste Herausforderung.
  • Bieten Sie nach längerem Ausfall eines/r Mitareiter/in Chancen nicht nur der Wiedereingliederung an gleicher Stelle, sondern der "Anderseingliederung", in eine Arbeitsstuation, die als deutlich positiver Unterschied zum vorhergehenden erlebt werden kann.
  • Üben Sie sich in "atmosphärischer Intelligenz", dem sensiblen Wahrnehmen von Stimmungen und der Fähigkeit, atmosphärische Wendungen herbeizuführen und damit dem Burn-out einen wesentlichen Teil des Nährbodens zu nehmen.

Der/Die Mitarbeiter/in betritt in einer Organisation wie ein/e Schauspieler/in die Bühne, auf der alles schon da ist: Kulisse, Ausstattung, Atmospäre, Konstruktionen von Zeit und Erfolg … und bedient sich der vorhandenen Requisiten. Misslingt die Szene kann sich das Theaterhaus nicht leisten, die "Szenerie“ aus dem Blickfeld zu lassen und lediglich den Schauspieler auszutauschen - vor allem bei wiederholtem Misslingen auf der selben Bühne.

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