Auch bei den Betriebsratswahlen 2026 wird es aller Voraussicht nach beim Grundsatz der Stimmabgabe auf Papier bleiben. Unabhängig von der Art der Wahldurchführung werden im Laufe des Wahlverfahrens viele Unterlagen vom Wahlvorstand zusammengetragen (analog und/oder digital), die als Wahlakten bezeichnet werden. Hierzu gehören z.B. Sitzungsprotokolle, interne Besprechungszettel des Wahlvorstands, Bekanntmachungen der Wählerliste, für ungültig befundene Stimmzettel oder Stellungnahmen zu Einsprüchen gegen die Richtigkeit der Wählerliste.
Aber darf der Arbeitgeber in diese Unterlagen und Aufzeichnungen einsehen?
Die einfache Antwort: Grundsätzlich ja. Es gilt das Prinzip der Transparenz des Verfahrens, aber nur soweit der Schutz des Wahlgeheimnisses gewahrt ist. Das Akteneinsichtsrecht ist gesetzlich nicht ausdrücklich normiert, wird von der Rechtsprechung aber aus § 19 WO hergeleitet.
§ 19 Wahlordnung (WO) schreibt vor, dass der Betriebsrat die Wahlakten mindestens bis zum Ende seiner Amtszeit aufzubewahren hat. Aus dieser Aufbewahrungspflicht ergibt sich – laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 27. 7. 2005, 7 ABR 54/04) – ein grundsätzliches Einsichtsrecht in diese Unterlagen, jedenfalls für alle nach § 19 Abs. 2 BetrVG zur Anfechtung berechtigten Beteiligten. Dieses Recht besteht ohne Darlegung eines besonderen Interesses und unabhängig von einer Wahlanfechtung. Es besteht auch ohne zeitliche Einschränkung, d.h. auch während der laufenden Wahl und nach Ablauf der Anfechtungsfrist.
Die Aufbewahrung ermöglicht Arbeitgebern, auch nach der Wahl die Ordnungsmäßigkeit zu prüfen bzw. eine eventuelle Anfechtung vorzubereiten. Aus Arbeitgebersicht stellt eine anfechtbare Betriebsratswahl nicht zuletzt mit Blick auf die möglichen Kosten ein Risiko dar. Ist die Wahl eines Betriebsrats sogar nichtig, sind alle seine bisherigen Handlungen rechtsunwirksam. Arbeitgeber müssen zudem den Zeitpunkt der Wahl, die Amtszeit des Betriebsrats und die Amtszeit der Betriebsratsmitglieder kennen, um z.B. unwirksame Betriebsvereinbarungen zu vermeiden und den Umfang des Sonderkündigungsschutzes der Betriebsratsmitglieder festzustellen.
Das Einsichtsrecht des Arbeitgebers gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Teile der Wahlakten, aus denen Rückschlüsse auf das Wahlverhalten einzelner Beschäftigter möglich sind, unterliegen dem Wahlgeheimnis. Hierzu zählen z.B. mit Stimmabgabevermerken versehene Wählerlisten, die nachvollziehen lassen, wer sich beteiligt hat. Auch zurückgesandte Briefwahlunterlagen einzelner Beschäftigter oder an den Wahlvorstand gerichtete Schreiben einzelner Wahlberechtigter lassen derartige Rückschlüsse zu.
Einsicht in solche Unterlagen ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber konkret darlegt, dass die Einsicht in genau diese Aktenteile für seine Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl zwingend erforderlich ist. Nur bei einem entsprechend besonderen Interesse dürfen solche sensiblen Bestandteile herausgegeben werden.
Was muss der Betriebsrat beim Einsichtsantrag prüfen?
Bei Einsichtsanträgen muss vom Betriebsrat also sorgfältig geprüft werden:
Dabei unbedingt beachten: Dokumentation und Kontrolle, was herausgegeben wird, im Streitfall ggf. anwaltliche Beratung einholen.
Praxistipp: Am besten wird bei jeder Herausgabe von Akten dokumentiert, wer, wann, was erhalten hat – idealerweise mit Gegenzeichnung. So lassen sich mögliche Missverständnisse oder Streitigkeiten im Nachhinein vermeiden.
Arbeitgeber dürfen unter anderem Wahlprotokolle, Wahlergebnisse und allgemeine Ablaufdokumentationen einsehen. Bei sensiblen Bestandteilen – etwa Briefwahlunterlagen mit Rückschlüssen auf das Wahlverhalten – ist eine konkrete Begründung erforderlich.
Inhalt der Wahlakten | Einsicht durch Arbeitgeber grundsätzlich | Nur bei begründetem Interesse |
Wahlprotokoll | ✅ Ja | ❌ |
Wahlergebnis / Ergebnisliste | ✅ Ja | ❌ |
Ablaufdokumentation, Verfahrensunterlagen | ✅ Ja | ❌ |
Briefwahlunterlagen ohne personenbezogene Details | ✅ Ja | ❌ |
Unterlagen mit Rückschlüssen auf Wahlverhalten einzelner Beschäftigter | ❌ Nein | ✅ Ja, bei tatsächlicher Prüfnotwendigkeit |