Wie weit reicht das Weisungsrecht des Arbeitgebers?

 

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Nicht immer ist für Arbeitsvertragsparteien und Betriebsrat klar zu erkennen, wo das Weisungsrecht des Arbeitgebers beginnt und wo es endet. Gerade bei einem anstehenden Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Betriebs oder auch bei der Frage, ob eine Versetzung an einen anderen Ort rechtmäßig ist, kommt es schnell zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung "nach billigem Ermessen" näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Doch wann ist eine Anweisung "unbillig" und kann der Arbeitnehmer sich über eine unbillige Anweisung hinwegsetzen?

Bisher galt, dass ein Arbeitnehmer sich nicht einfach über unbillige Weisungen seines Arbeitgebers hinwegsetzen durfte. Wünschte der Arbeitnehmer eine Überprüfung der Weisung, konnte er diese vom Arbeitsgericht überprüfen lassen, musste die Weisung jedoch zunächst befolgen.

In einem Fall vom 17. März 2016 hat das LAG Hamm, 17 Sa 1660/15 entschieden, dass eine Weisung des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin solle sechs Monate in einem "Archiv-Projekt" tätig sein, sei unbillig. Die Interessen des Arbeitnehmers an der Fortführung seiner ursprünglichen Tätigkeit überwögen. Entgegen der Rechtsprechung des BAG sei der Arbeitnehmer darüber hinaus nicht verpflichtet gewesen, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts die rechtswidrige Anweisung zu befolgen. Es reiche aus, dass der Arbeitnehmer sich auf die Unbilligkeit der Entscheidung berufe, eine Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung bestünde nicht.

Da gegen das Urteil Revision beim BAG eingelegt wurde, ändert sich formal erst mal nichts. Dennoch schafft das Urteil des LAG Hamm neue Rechtsunsicherheiten. Viele Arbeitgeber werden daher in Zukunft, statt Weisungen zum Instrument der Änderungskündigungen greifen, um unnötige Risiken zu vermeiden. Für Betriebsräte bedeutet dies ein besonderes Fingerspitzengefühl, da sie möglicherweise noch stärker als bisher in unternehmerische Entscheidungsprozesse einbezogen werden.