Arbeitsunfall und Betriebsrat: Definition, Rechte und typische Fallgruppen

 

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Kommt es zu einem Arbeitsunfall, ist auch der Betriebsrat gefragt: Er übernimmt eine wichtige Rolle bei Aufklärung, Prävention und Unterstützung betroffener Beschäftigter. Ob im Büro, unterwegs oder im Homeoffice – Unfälle bei der Arbeit können jederzeit geschehen. Umso wichtiger ist es zu wissen, was als Arbeitsunfall zählt und was nicht, und wie Betriebsräte zur rechtssicheren Einordnung beitragen können.

Poko unterstützt dabei mit praxisnahen Betriebsrat-Schulungen rund ums Thema Arbeitsschutz und Unfallprävention im Betrieb – auf Wunsch auch als Inhouse-Seminar direkt im Unternehmen. So können Betriebsräte kompetent mitwirken, wenn es um die Klärung von Arbeitsunfällen, Maßnahmen oder den Kontakt zur Berufsgenossenschaft geht.

Seminar: Arbeits- und Gesundheitsschutz II - Gefährdungsbeurteilung

Arbeitsunfall Checkliste: Das sollten Beschäftigte wissen

Damit im Ernstfall alles richtig läuft, hilft eine klare Übersicht:

  • Sofortige ärztliche Versorgung aufsuchen
  • Durchgangsarzt konsultieren (Pflicht bei meldepflichtigem Unfall)
  • Unfallmeldung durch Arbeitgeber oder Betriebsrat einfordern
  • Unfallhergang dokumentieren (Zeug*innen, Ort, Uhrzeit)
  • Bei Bedarf den Betriebsrat zurate ziehen
  • Bei Ablehnung durch die Berufsgenossenschaft (BG) ggf. Widerspruch einlegen

Was zählt als Arbeitsunfall: Definition

Ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII ist ein „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt“ und in einem inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Dieser Zusammenhang ist entscheidend: Passiert der Unfall etwa bei einer privaten Erledigung während der Arbeitszeit, greift der gesetzliche Versicherungsschutz nicht.

Beispiel: Kein Arbeitsunfall trotz Dienstreise

Was ist ein Arbeitsunfall und was nicht? – Lassen Sie uns diese Frage anhand eines Beispiels erörtern:

Eine Arbeitnehmerin reist dienstlich zu einer Konferenz nach Lissabon. Am Tag nach Veranstaltungsende möchte sie ein Taxi zur Autovermietung nehmen – für eine private Reise. Auf dem Weg zum Hoteltelefon stürzt sie und verletzt sich schwer. Das Sozialgericht Frankfurt am Main entschied: kein Arbeitsunfall, da der Unfall nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stand (Az: S 8 U 47/16).

Vorgehen bei einem Arbeitsunfall: Was Beschäftigte beachten sollten

Bei einem Arbeitsunfall zählt jede Minute – nicht nur medizinisch, sondern auch organisatorisch. Um den Versicherungsschutz zu sichern und mögliche Ansprüche geltend zu machen, sollten Betroffene und Kolleg*innen folgende Schritte beachten:

  • Unfallstelle sichern und Erste Hilfe leisten: eigene Sicherheit beachten und gegebenenfalls Notruf wählen.
  • Ärztliche Behandlung durch einen Durchgangsarzt (D-Arzt): Dieser ist für Arbeitsunfälle zuständig und dokumentiert die Verletzung für die Berufsgenossenschaft (BG).
  • Unfall unverzüglich dem Arbeitgeber melden: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, meldepflichtige Unfälle an die Berufsgenossenschaft weiterzugeben.
  • Unfallhergang dokumentieren: Datum, Uhrzeit, genaue Umstände und mögliche Zeug*innen festhalten – idealerweise schriftlich.
  • Betriebsrat informieren: Dieser kann bei der Klärung des Unfallhergangs, beim Kontakt zur BG und bei Streitfragen unterstützen.
  • Meldung auch bei Unsicherheit vornehmen: selbst, wenn unklar ist, ob ein Arbeitsunfall im rechtlichen Sinne vorliegt – die Klärung übernimmt später die BG.
  • Krankschreibung korrekt vornehmen lassen: bei längerer Arbeitsunfähigkeit: AU-Bescheinigung des D-Arztes einreichen, Hinweis auf Arbeitsunfall nicht vergessen.
Seminar: Arbeits- und Gesundheitsschutz - Fresh up

Typische Fallgruppen – was gilt als Arbeitsunfall?

Nicht jeder Vorfall am Arbeitsplatz ist automatisch ein versicherter Arbeitsunfall. Besonders häufig entstehen Unsicherheiten bei folgenden Situationen:

Wegeunfall

Ein Wegeunfall ist versichert, wenn er sich auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte ereignet. Auch Umwege können unter bestimmten Umständen abgesichert sein – z. B. bei Fahrgemeinschaften oder Kinderbetreuung.

Arbeitsunfall in der Mittagspause

Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung endet mit Betreten des Imbisses oder Supermarkts. Lediglich der Weg dorthin kann versichert sein. Unfälle beim Essen selbst zählen nicht als Arbeitsunfall.

Toilettengang

Verletzungen auf dem Weg zur Toilette im Betrieb gelten als versicherte Wegeunfälle. Im Toilettenraum selbst besteht nur Versicherungsschutz, wenn dort eine besondere Gefahrenquelle vorliegt.

Betriebsfeier

Ein Unfall auf der Betriebsfeier ist nur versichert, wenn die Veranstaltung offiziell von der Unternehmensleitung veranstaltet oder gebilligt wurde und allen Beschäftigten offensteht. Auch die Teilnahme eines oder einer Vorgesetzten ist meist erforderlich.

Arbeitsunfall im Homeoffice

Auch im Homeoffice besteht Versicherungsschutz – aber nur für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Arbeit. Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine oder zum Briefkasten ist häufig nicht versichert, ein Unfall bei der Bedienung des Firmenrechners dagegen schon.

Arbeitsunfall und Betriebsrat: Aufgaben und Rechte

Betriebsräte haben die Pflicht, über die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften zu wachen (§ 89 BetrVG). Bei einem Arbeitsunfall können sie:

  • die betroffene Person bei der Meldung und Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützen,
  • auf eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung nach dem Unfall hinwirken,
  • beim Arbeitgeber auf eine transparente Kommunikation und Unfallvermeidung hinwirken,
  • sich für Schulungen zum Thema Arbeitssicherheit und Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) starkmachen.

Gerade bei Grenzfällen – etwa in der Pause, im Homeoffice oder auf Dienstreisen – ist die Beratung durch den Betriebsrat für Beschäftigte besonders wertvoll.

Arbeitsunfall und Datenschutz – was darf der Betriebsrat wissen?

Kommt es zu einem meldepflichtigen Arbeitsunfall, muss dieser vom Arbeitgeber der Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Doch wie steht es um den Datenschutz beim Arbeitsunfall?

Der Betriebsrat darf über einen Unfall grundsätzlich informiert werden, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, etwa im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Sensible Gesundheitsdaten dürfen jedoch nur mit Einwilligung der betroffenen Person weitergegeben werden. Hier ist Augenmaß gefragt – und fundiertes Wissen über den Datenschutz im Betrieb.

Tipp: In unseren Datenschutz-Seminaren für Betriebsräte informieren wir Sie anschaulich und praxisnah über die wichtigsten Grundlagen und Rahmenbedingungen zum Umgang mit Mitarbeiterdaten.

Krankschreibung und Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfall

Eine Krankschreibung bei Arbeitsunfall erfolgt in der Regel durch den sogenannten Durchgangsarzt (D-Arzt). Dieser dokumentiert den Vorfall für die Berufsgenossenschaft.

Im Gegensatz zur normalen Krankheit gilt:

  • Die ersten sechs Wochen übernimmt der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung.
  • Danach zahlt die Berufsgenossenschaft ein Verletztengeld (in Höhe von ca. 80 % des letzten Nettoentgelts).

Auch hier ist die richtige Einstufung als Arbeitsunfall entscheidend für den finanziellen Schutz der Betroffenen.

Mit Poko gut vorbereitet sein: Arbeitsunfälle rechtssicher beurteilen

Nicht jeder Vorfall im Arbeitskontext ist automatisch ein Arbeitsunfall. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitnehmende ihre Rechte kennen und der Betriebsrat sie dabei unterstützt – etwa bei der Einschätzung des Versicherungsschutzes oder der Kommunikation mit dem Arbeitgeber.

Poko bietet hierzu fundierte Seminare für Betriebsräte an – darunter Arbeitsschutz-Seminare und Schulungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Ob als Präsenzveranstaltung an einem Poko-Standort, Webinar für Betriebsräte oder Inhouse-Schulung: Mit dem passenden Wissen können Gremien ihren Beitrag zur Sicherheit im Betrieb leisten – und Beschäftigte im Ernstfall kompetent begleiten.

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