Altes Deutschland - so schlecht steht es um den Arbeitsmarkt

 

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Dass der demografische Wandel zunehmend ein Problem für den deutschen Arbeitsmarkt wird, ist keine Neuigkeit. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) [1] zeigt nun, wie weit dieses Problem bereits vorangeschritten ist.

Der europäischen Bevölkerungsvorausberechnung EUROPOP aus dem Jahr 2019 zufolge könnte die Zahl der 20- bis 64-Jährigen im Jahr 2030 um 11,2 % niedriger liegen als im Jahr 2020, wenn man die Migrationsbewegungen nicht mit einrechnet.

Damit steht Deutschland im EU-Vergleich auf dem vorletzten Platz. Lediglich Litauen würde eine negativere Entwicklung aufweisen. Im EU-Schnitt wäre in diesem Fall nur ein Rückgang um 6,9 % zu erwarten.

Dabei sieht die Situation in den meisten der neuen und südeuropäischen Mitgliedsländer wesentlich schlechter aus als in den nord- und westeuropäischen Ländern. Zwar war der Bevölkerungsanteil der Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren am 1. Januar 2020 in Frankreich mit 55,5 % deutlich niedriger als in Deutschland mit 59,8 %. Jedoch geht dies auf einen weit höheren Anteil junger Menschen zurück, die in den nächsten Jahren in diesen Altersbereich nachrücken werden.

Am 1. Januar 2020 kamen in Deutschland

    auf 100 Personen im Alter zwischen 60 und 64 Jahren zwar noch 82 Personen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren,
    auf 100 Personen im Alter zwischen 55 und 59 Jahren jedoch nur 59 Personen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren
    und auf 100 Personen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren kamen nur noch 56 Personen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren.

Viele der aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Personen werden demnach nicht mehr durch Nachwuchskräfte ersetzt werden können.

Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird in Deutschland also stark zurückgehen, sofern es Deutschland nicht gelingt in großem Maße Zuwanderer zu gewinnen. Dies konnte zumindest in den letzten Jahren die negativen Entwicklungen der veränderten Alterskohorten auf dem Arbeitsmarkt deutlich abmildern. In den neuen EU-Mitgliedsstaaten stellt sich die Situation komplett anders dar. Hier gehen die Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu großen Teilen auf Bevölkerungsverluste durch Abwanderung zurück. Auch wenn die Mobilität von Personen innerhalb der EU eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration darstellt, wären diese Länder daher zukünftig gut beraten, einer Abwanderung in Länder wie Deutschland eher entgegenzuwirken. Deutschland - als einer der Profiteure der Wanderungsbewegungen - sollte hierfür Verständnis haben und entsprechend nicht von einer weiterhin starken Nettozuwanderung aus den neuen EU-Mitgliedsländern ausgehen. Vielmehr muss Deutschland eigene Strategien im Bereich Demografievorsorge und Fachkräftesicherung entwickeln. Dabei kann und sollte es sich von den Maßnahmen der anderen Länder durchaus inspirieren lassen und mit den anderen EU-Mitgliedsländern in regelmäßigem Austausch stehen.

Die beschriebenen Entwicklungen werden sich perspektivisch immer drastischer in den Unternehmen widerspiegeln. Die Kompetenz, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu halten, wird aller Wahrscheinlichkeit nach einen zentralen Wettbewerbsvorteil darstellen. Sie können als Arbeitnehmervertreter*innen hier einen aktiven Beitrag leisten. Informieren Sie sich in unseren Seminaren darüber, was der Betriebsrat mit seinen Beteiligungs- und Initiativrechten bewirken kann, um die Potenziale der verschiedenen Generationen erfolgreich zu nutzen und den Betrieb optimal auf den Altersstruktur- und Kulturwandel vorzubereiten.

[1] Geis-Thöne, Wido, 2021, In Europa entwickeln sich die Bevölkerungen im erwerbsfähigen Alter unterschiedlich. Eine Analyse der demografischen Strukturen in den 27 EU-Ländern, IW-Report, Nr. 38, Köln