Welches Betriebsratsgremium kennt das nicht: Um das Amt des/der Schriftführer*in reißt sich in aller Regel niemand. Kaum eine Aufgabe im Gremium wird als so lästig empfunden, wie das Schreiben eines Protokolls. Die Folge ist, dass die Protokollführung meist irgendjemandem „aufgehalst“ wird und am Ende irgendwie „mitgeschrieben“ wird.
Protokollführung ist erstmal kein Kinderspiel und die Rolle des/der Schriftführer*in ist beileibe nicht zu unterschätzen. Mit dem nötigen Wissen, vor allem zur Beachtung rechtlicher Grundlagen kann es aber einfacher werden. Um Protokolle wirklich sinnvoll nutzen zu können und ihre Aussagekraft zu erhöhen, genügt es nicht, sie einfach irgendwie anzufertigen und irgendwo abzulegen. Eine Niederschrift sollte gut vorbereitet, gewissenhaft angefertigt und sinnvoll abgelegt werden. Ansonsten kann man sich die ganze Arbeit und den Aufwand gleich sparen.
Ein gewissenhaft und sorgfältig angefertigtes Protokoll ist eine hervorragende Gedächtnisstütze und dient im Streitfall auch als wichtiger Nachweis, der vor Gericht eine hohe Beweiskraft hat. Mit einem rechtssicheren Protokoll kann der Betriebsrat belegen, was in der Sitzung besprochen und beschlossen wurde. Ein Protokoll dient der Dokumentation und Information über Verlauf, Inhalt und Ergebnis von Besprechungen, Sitzungen, Verhandlungen usw. Zudem trägt eine ordentliche Protokollierung dazu bei, dass Missverständnisse und Streitigkeiten innerhalb des Gremiums vermieden werden, was wiederum zu einer effektiveren Betriebsratsarbeit führt. Im Übrigen ist ein Protokoll auch eine wichtige Informationsquelle für all jene Betriebsratsmitglieder, die nicht an der Sitzung teilnehmen konnten und damit das Geschehen in der Sitzung nachvollziehen zu können. So werden alle Mitglieder des BR auf dem aktuellen Stand gehalten. Betriebsratsprotokolle sind zudem ein grundlegendes Werkzeug für die Betriebsratsarbeit. Sie halten Beschlüsse, Vereinbarungen und Aussagen fest. Darüber hinaus sind sie für alle Betriebsratsmitglieder bindend und ein wichtiges Kontrollinstrument, denn jedes Betriebsratsmitglied verpflichtet sich damit auf die Einhaltung erreichter Ergebnisse und vereinbarter Ziele. Protokolle dienen auch hervorragend der Organisation der BR-Arbeit, da Aufgaben, Ziele und Teilziele zeitlich festgehalten und überprüft werden können.
Der Gesetzgeber hat einige Vorgaben zur Anfertigung eines Protokolls/einer Niederschrift festgelegt. Es gelten dabei sowohl betriebsverfassungsrechtliche (§ 34 BetrVG) als auch zivilrechtliche (§ 416 ZPO) und sogar strafrechtliche Vorschriften (§ 267 StGB).
So schreibt zum Beispiel § 34 BetrVG vor, dass über jede Sitzung des Betriebsrats eine Niederschrift anzufertigen ist. Auch ist dort geregelt, dass der Niederschrift eine Anwesenheitsliste beizulegen ist, die von jedem Teilnehmer unterschrieben werden muss. Das sind Voraussetzungen, die den meisten Schriftführern nicht unbekannt sein dürften. Wussten Sie aber auch, von wem das Protokoll zu unterzeichnen ist oder wem und wie alles eine Abschrift des Protokolls ausgehändigt werden muss? Ist Ihnen auch bekannt, dass Mitglieder des Betriebsrats und seiner Ausschüsse das Recht haben, das Protokoll jederzeit einzusehen? Wie ist es mit Ersatzmitgliedern? Haben sie ebenfalls das Recht jederzeit Einsicht in das Protokoll zu nehmen? Auch diese Fragen muss ein/e Schriftführer*in beantworten können.
Ist ein Protokoll einmal unterzeichnet, gilt es als verbindlich. Durch die Unterzeichnung wird es zu einer Urkunde, genauer gesagt zu einer sogenannten „Privaturkunde“. Der § 416 ZPO regelt, wozu eine solche Urkunde dient: „Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.“
Nach § 267 StGB kann man sich bezüglich des Protokolls sogar strafbar machen. Jede Verfälschung oder Änderung eines Protokolls hinsichtlich dessen, was tatsächlich geschehen oder beschlossen wurde - egal, ob vor der Unterschrift oder danach -, ist demnach eine Straftat. Ein Protokoll sollte also nicht die Niederschrift dessen sein, was man bei einer Besprechung gerne gesagt oder von anderen gehört hätte. Und zu guter Letzt: Wenn es um Beschlüsse geht und die Frage, ob es ausreicht, nur den reinen Wortlaut von Beschlüssen aufzunehmen, sollte man auch den § 286 ZPO im Auge behalten.
Das Schreiben des Protokolls sowie das Verfassen von Aktennotizen, Anträgen und Stellungnahmen zählt in der Betriebsratsarbeit zu den wichtigsten Aufgaben. Somit nimmt auch der/die vom Betriebsrat per ordentlichem Beschluss gewählte Schriftführer*in eine wichtige, verantwortungsvolle und auch anspruchsvolle Rolle ein. Persönliche Kompetenzen wie z.B. Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, gute Rechtschreibkenntnisse, Objektivität, Unvoreingenommenheit, eine gute Auffassungsgabe sind enorm wichtig. Unerlässlich ist auch das nötige Fachwissen wie etwa die rechtlichen Voraussetzungen und die Umsetzung von Datenschutzbestimmungen.
Wer sich jetzt bestätigt fühlt, dass das Amt eines/r Schriftführer*in extrem lästig und unattraktiv und fast nicht zu schaffen sei, sollte das schnellstens wieder vergessen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Um ein Fachmann/eine Fachfrau zu werden, braucht es einfach Zeit und Unterstützung, um sich das nötige Wissen sowie Tipps und Tricks für dieses Amt anzueignen. Als Schriftführer*in hat man gesetzlichen Anspruch auf Schulungen zu diesem Thema. Gut gestärkt durch die richtige Schulung wird das Protokollschreiben dann bald vom lästigen Übel zum Kinderspiel.