Welche Rechte stehen Arbeitnehmern bei Sommerhitze im Betrieb zu?

 

730x300 Hitze

Sommerzeit, schöne Zeit. Naja, zumindest in der Freizeit. Im Arbeitsleben jedoch kann der Sommer mit seinen immer häufiger auftretenden extremen Hitzeperioden auch zur echten Belastungsprobe für alle Beteiligten werden. Wie steht es eigentlich um die Rechte der Arbeitnehmer bei starker Hitze? Gibt es ab einer bestimmten Temperatur Hitzefrei, wie früher in der Schule? Das sind Fragen, die im Moment immer wieder anstehen und die auch in schöner Regelmäßigkeit an den Betriebsrat herangetragen werden.

Hitzefrei?

Zunächst, Hitzefrei ist ein Privileg der Schüler, das - je nach Bundesland unter etwas anderen Umständen - in eigenverantwortlicher Entscheidung seitens der Schulleitungen gewährt werden kann. Ein Recht auf Hitzefrei gibt es also schon in der Schule nicht. Später im Arbeitsleben kennen wir im deutschen Arbeitsrecht keine rechtlichen Normierungen zum Thema Hitzefrei.

Aber muss ein Arbeitgeber dennoch auf hohe Temperaturen reagieren und wenn, dann wann und wie?

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Grundsätzlich hat ein Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern als arbeitsvertragliche Nebenpflicht eine unabdingbare Verpflichtung zur Fürsorge, die sich aus den Paragraphen 617 bis 619 des BGB ergibt.

Gemäß § 3a Abs. 1 S.1 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die diese Fürsorgepflicht neben vielen anderen Bestimmungen konkretisiert, muss ein Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden. Hinsichtlich Sommerhitze sagt die ArbStättV nicht allzu viel. Lediglich wird unter Ziffer 3.5 ihres Anhangs zu Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten festgelegt, dass Arbeitsräume eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur aufweisen müssen und dass Fenster etc. Vorrichtungen zur Abschirmung übermäßiger Sonneneinstrahlung aufweisen müssen.

Wann muss der Arbeitgeber konkret tätig werden?

Genaueres erfahren wir zum Thema in der dazu gehörigen Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5. Gemäß ASR Ziff. 4.4 sollen bei Außentemperaturen von über 26 Grad und gleichzeitiger Überschreitung einer Raumtemperatur von 26 Grad zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung durchgeführt werden. Exemplarisch nennt die ASR hierzu eine effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z. B. Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen zu halten), eine effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung) oder eine Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf zu betreiben). Weiterhin regt sie eine Lüftung in den frühen Morgenstunden, die Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung, die Lockerung eventuell bestehender Bekleidungsregelungen sowie die Bereitstellung geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser) an.

In Einzelfällen kann bereits das Arbeiten bei über 26 Grad zu einer Gesundheitsgefährdung führen. Dies z. B., wenn schwere körperliche Arbeit zu verrichten ist, wenn besondere Arbeits- oder Schutzbekleidung getragen werden muss, die die Wärmeabgabe stark behindert oder wenn hinsichtlich erhöhter Lufttemperatur gesundheitlich Vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte (z. B. Jugendliche, Ältere, Schwangere, stillende Mütter) im Raum tätig sind. In solchen Fällen muss seitens des Arbeitgebers - anhand einer an die konkrete Gefährdungssituation angepassten Gefährdungsbeurteilung - über weitere Maßnahmen entschieden werden.

Im Regelfall jedoch müssen arbeitgeberseitig erst bei Überschreitung einer Raumtemperatur von 30 Grad wirksame Maßnahmen wie zum Beispiel die oben genannten ergriffen werden, welche die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. Dabei gehen technische und organisatorische gegenüber personenbezogenen Maßnahmen vor.

Bei Erreichen einer Raumtemperatur von über 35 Grad und mehr ist ein Raum dann ohne technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier), organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung), wie bei Hitzearbeit für die Zeit der Überschreitung, nicht mehr als Arbeitsraum geeignet. Die Arbeitsverrichtung ist dann dem Arbeitnehmer dort nicht mehr zuzumuten.

Sollten die sommerlichen Temperaturen in den kommenden Wochen also wieder einmal übers Ziel hinausschießen, ist Kreativität und Zusammenarbeit angesagt. Jetzt sind im gemeinsamen Interesse Arbeitnehmer und Arbeitgeber gefragt, unter Beachtung der oben aufgeführten gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der gesundheitlichen Belange der Arbeitnehmer die Produktivität des Betriebs bestmöglich aufrecht zu erhalten. Sollten dabei Meinungsverschiedenheiten auftreten, kann auch bei großer Hitze der Betriebsrat mit kühlem Kopf vermittelnd tätig werden.