„No smoking“ in der Probezeit

Wer raucht, gefährdet seine Gesundheit – so viel dürfte so ziemlich jedem bekannt sein. Rauchen kann darüber hinaus aber auch den (gerade erst gewonnenen) Arbeitsplatz gefährden. Diese Erfahrung musste jedenfalls die Klägerin in unserem heutigen skurrilen Rechtsfall machen.

Die besagte Dame bewarb sich bei einer potenziellen neuen Arbeitgeberin als Bürokraft. Es kam zu einem Vorstellungsgespräch und anschließendem Probearbeiten, was scheinbar gut lief. Jedenfalls wurde ihr anschließend ein Arbeitsvertrag zugesagt.

Vor dem endgültigen Abschluss des Vertrags gab es nochmal ein Gespräch zwischen der Geschäftsführerin und der Bewerberin. Dabei wurde Letztere - eine bekennende Raucherin - darauf hingewiesen, dass am Arbeitsplatz ein absolutes Rauchverbot bestehe. Das sei kein Problem, meinte die spätere Klägerin. Denn sie könne ohne weiteres mehrere Stunden ohne Zigaretten auskommen.

Der erste Arbeitstag kam und mit ihm auch gleich die Kündigung der neuen Mitarbeiterin.

Warum das?

Nun, sie hatte doch tatsächlich zum Glimmstängel gegriffen - allerdings außerhalb der Büroräume... Der feinen Spürnase der Geschäftsführerin blieb dies jedoch nicht verborgen.

Direkt zu Arbeitsbeginn wurde die neue Kollegin gefragt, ob sie geraucht habe. Die ehrliche Haut bejahte das und teilte mit, dass sie VOR Arbeitsantritt eine Zigarette geraucht habe, da in den Büroräumlichkeiten ja ein Rauchverbot bestehe. Daraufhin sorgte die freundliche Geschäftsführerin sogleich für die nötige Frischluftzufuhr und öffnete das Fenster.

Und dann - surprise, surprise - nur zwei Stunden später überraschte die Geschäftsführerin ihre neue Mitarbeiterin zum Einstand direkt mit einem Schreiben, in welchem das Arbeitsverhältnis während der Probezeit fristgemäß gekündigt wurde.

Als Grund gab die Arbeitgeberin an, dass die Angestellte während der Arbeit dermaßen stark nach Rauch gerochen habe, dass die Geschäftsführerin gezwungen gewesen sei, die Fenster zu öffnen und die Geschäftsräume zu lüften. Auch Kolleginnen und Kund*innen hätten sich über den starken Rauchgeruch beschwert.

Die neue Mitarbeiterin hielt die rekordverdächtige Kündigung für unzulässig und klagte hiergegen.

In den meisten Fällen sind Mitarbeiter*innen einer Kündigung in der Probezeit allerdings leider relativ schutzlos ausgeliefert. Denn das Kündigungsschutzgesetz gilt in der Regel noch nicht und Arbeitgeber müssen für eine Kündigung in der Probezeit noch nicht einmal eine Begründung liefern.

In diesem speziellen Fall hatte die Klage der Kurzzeit-Mitarbeiterin jedoch Erfolg. 

Das Arbeitsgericht Saarlouis (Urteil v. 28.05.2013 – Az.: 1 Ca 375/12) befand die Kündigung für unwirksam.

Zwar sei diese vorliegend nicht an den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu beurteilen, da das KSchG mangels Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit noch nicht anwendbar war. Sie verstoße aber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB.

Auch in der Probezeit seien laut Arbeitsgericht das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschäftigten zu berücksichtigen.

Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin sofort, d.h. nach zwei Stunden, zu kündigen, widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und sei damit jedenfalls nach § 242 BGB treuwidrig und unwirksam.

Zwar habe die Arbeitgeberin das Recht, während der Probezeit zu entscheiden, dass die Klägerin – sei es aufgrund ihrer Arbeitsweise, sei es aufgrund des Verhältnisses mit ihren Kolleg*innen, sei es aufgrund anderer Spannungen – nicht zu dem Betrieb passt.

Allerdings verlange es auch Artikel 12 Grundgesetz (GG), dass ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis mit dem ernsthaften Willen der Zusammenarbeit geführt werde. Hieran fehle es, wenn ein*e Arbeitnehmer*in an seinem/ihrem ersten Arbeitstag nach zwei Stunden mit einer Kündigung nach Hause geschickt werde, ohne ihm bzw. ihr die Gelegenheit zu geben, sein bzw. ihr Verhalten an die Anforderungen anzupassen.

Zu beachten sei auch, dass die Klägerin nicht gegen das betriebliche Rauchverbot verstoßen habe. Dass sie noch vor Arbeitsantritt eine Zigarette geraucht hat, gehört demnach in ihre Privatsphäre und unterfällt ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG, das auch im Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen ist.

Die Beklagte habe es daher grundsätzlich zu akzeptieren, dass die Klägerin raucht.

Fazit: Auch Kündigungen in der Probezeit sind nicht immer rechtens!

Das Arbeitsverhältnis in unserem Fall dürfte allerdings nach dem unglücklichen Start wohl so nachhaltig gestört gewesen sein, dass die verhinderte Mitarbeiterin sich vermutlich schnell einen neuen Arbeitsplatz und ein*n neue*n Vorgesetzte*n mit vielleicht weniger empfindlicher Nase gesucht hat...