Der Wirtschaftsausschuss als Stütze in der Krise

 

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Die wichtigste Aufgabe des Wirtschaftsausschusses (WA) besteht darin, den Unternehmer in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und den Betriebsrat mit relevanten Informationen zu versorgen, § 106 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss die Geschäftsleitung den WA rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unterrichten.

Anders als dem Betriebsrat steht dem WA im Übrigen kein echtes Mitbestimmungsrecht zu.

Dass die Rolle des WA gerade in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie einen besonderen Stellenwert einnimmt, liegt auf der Hand. Um die finanzielle Lage des Unternehmens richtig einschätzen zu können, ist es für den Betriebsrat unerlässlich, den WA als Hilfsorgan heranzuziehen.

Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten, die der WA im Auge halten muss, gehören nach § 106 Abs.3 BetrVG insbesondere

1. die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens;

2. die Produktions- und Absatzlage;

3. das Produktions- und Investitionsprogramm;

4. Rationalisierungsvorhaben;

5. Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden;

5a. Fragen des betrieblichen Umweltschutzes;

6. die Einschränkung oder Stilllegung von Betrieben oder von Betriebsteilen;

7. die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen;

8. der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben;

9. die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks;

9a. die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist, sowie

10. sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können.

Das Wort „insbesondere“ weist darauf hin, dass diese Aufzählung nicht abschließend, sondern nur beispielhaft ist.

Wann ist die Unterrichtung durch den Arbeitgeber rechtzeitig und umfassend?

Der Arbeitgeber muss den WA rechtzeitig informieren, also bevor er nicht mehr zu revidierende Entscheidungen fällt. Keinesfalls darf der WA vor vollendeten Tatsachen gestellt werden. Nur dann verbleibt dem WA die Möglichkeit, seine Beteiligungsrechte wahrzunehmen und im Rahmen der Beratung mit dem Unternehmer Einfluss auf dessen Willensbildung zu nehmen.

Umfassend ist die Unterrichtung, wenn der WA alle Informationen erhält, um eine sinnvolle Beratung des Arbeitgebers und des Betriebsrats gewährleisten zu können. Dazu gehören die Vorüberlegungen zur geplanten Maßnahme sowie deren Gründe und Auswirkungen. Die Information hat glaubwürdig, verständlich und wahrheitsgemäß zu erfolgen. Ausgenommen sind allerdings Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Im Übrigen: Bei der Übernahme eines Unternehmens – etwa bei Verkauf – gehen die Beteiligungsrechte des WA und des Betriebsrats noch weiter als im BetrVG geregelt. Durch die erweiterten Reglungen im Risikobegrenzungsgesetz soll mehr Transparenz geschaffen werden.

Besondere Anforderungen an den WA in der Krise

Mit besonderer Aufmerksamkeit sollte der WA in Krisenzeiten die Produktions- und Absatzlage des Unternehmens und die damit verbundene wirtschaftliche und finanzielle Lage verfolgen. Hierzu zählen auch alle von außen auf das Unternehmen einwirkenden Gegebenheiten, aktuell vor allem die globalen wirtschaftlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise.

Insbesondere eine möglicherweise bevorstehende Insolvenz muss im Auge behalten werden. Im besten Falle kann diese durch die Ergreifung geeigneter Maßnahmen, wie zum Beispiel der Einführung von Kurzarbeit, noch abgewandt werden.

Um rechtzeitig eingreifen und handeln zu können, empfiehlt es sich ein System zur Früherkennung von Unternehmenskrisen als wichtiger Bestandteil eines umfassenden Krisenmanagements einzuführen. Dieses sollte gemeinsam mit der Geschäftsleitung entwickelt werden. Beispielsweise können bestimmte Kennzahlen als Frühwarnindikatoren festgelegt werden.

Vor dem Hintergrund sich ständig ändernder Corona-Regelungen, inklusive des zweiten Lockdowns, sollte der WA sich regelmäßig, idealerweise mindestens einmal im Monat oder öfter, zusammenkommen (vgl. auch § 108 Abs. 1 BetrVG). Dies gewährt eine schnelle Reaktionsmöglichkeit auf die jeweiligen Veränderungsprozesse.

Wichtig: Der neu eingeführte § 129 BetrVG legitimiert die Teilnahme an Sitzungen und die Beschlussfassung mittels Video- oder Telekonferenz nicht nur für den Betriebsrat, sondern ausdrücklich auch für den WA! So bleiben Sie auch in Krisenzeiten handlungsfähig.

Unser Tipp:

Wer mehr über die besondere Rolle des WA erfahren möchte, ist bestens aufgehoben in unserem neuen Seminar "Wichtiger denn je: Der Wirtschaftsausschuss in betrieblichen Krisenzeiten". Hier lernen Sie die Krisenindikatoren festzulegen und richtig auf Krisensituationen zu reagieren. So können Sie aktiv Ihren Beitrag dazu leisten, in Kooperation mit dem Betriebsrat drohende Nachteile von Ihren Kollegen abzuwenden.

Seminare für den Wirtschaftsausschuss

Seminartipps

Die Lage des Unternehmens in Zahlen und Fakten

Wenn es darum geht, Kosten zu reduzieren, Mitarbeiter zu entlassen oder Vergünstigungen zu streichen und unbezahlte Mehrarbeit zu fordern, argumentiert die Unternehmensleitung gerne mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Wie die wirtschaftliche Situation einzuschätzen ist, wie groß die Krise und wie stark der Handlungsbedarf ist, ist aber oft Auslegungssache. Die Geschäftsführung hat in ihrer Rolle eine andere Wahrnehmung als die Arbeitnehmer. Wichtig ist, dass Sie die „harten“ Zahlen kennen und interpretieren können. Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss müssen sich ein eigenes Urteil über die Lage ihres Unternehms bilden, wenn sie erfolgreich die Interessen der Arbeitnehmer vertreten wollen. Nur dann können sie beurteilen, welche Maßnahmen wirklich notwendig sind und wo sie eingreifen müssen.

In diesem Seminar werden Ihnen die wichtigsten Kennzahlen vorgestellt, mit denen Sie die Unternehmenslage zutreffend einschätzen können. Sie lernen, welche Möglichkeiten es zur nachhaltigen Sicherung des Betriebs und der Arbeitsplätze gibt und sind so ein kompetenter Gesprächspartner für Arbeitgeber und Belegschaft.

*Hinweis: Für das Seminar besteht im Vorfeld die Möglichkeit, Geschäftsberichte aus Ihrem Unternehmen durch unsere Referenten analysieren zu lassen, um damit anhand Ihrer Unterlagen die firmeninterne Schulung durchzuführen. Bitte beachten Sie, dass eine solche Analyse gesondert vereinbart und berechnet werden muss.

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