Nicht mehr als 25 Stunden in der Woche oder 6 Stunden täglich?
Mehr als 25 Stunden Arbeit in der Woche sind schlecht fürs Gehirn. Jedenfalls für die Älteren unter uns. Also die Ü-40-Älteren. So die Forscher der Universität von Melbourne: Sie wollen herausgefunden haben, dass das Gehirn am meisten leistet, wenn man nur drei Tage die Woche arbeitet.
Die Wissenschaftler untersuchten die Arbeitsgewohnheiten und Intelligenztest-Ergebnisse von etwa 3.000 Männern und 3.500 Frauen in Australien, die über 40 Jahre alt waren. Sie fanden heraus, dass die kognitiven Fähigkeiten der Untersuchten mit jeder Arbeitsstunde in der Woche zunahmen - bis die Zahl 25 erreicht wurde. Mit jeder weiteren Stunde Arbeit konnten die Forscher sehen, wie die kognitiven Fähigkeiten kontinuierlich wieder sanken. Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen zählen unter anderem die Aufmerksamkeit, die Erinnerung, das Lernen, das Problemlösen oder die Kreativität.
Also Altersteilzeit für alle ab 40 Jahren? Dies wäre wohl schwierig umsetzbar. Gleiches gilt für einen flächendeckenden 6-Stunden-Arbeitstag. Obwohl bereits durch andere Forschungen nachwiesen wurde, dass Menschen nur vier bis fünf Stunden konzentriert und produktiv arbeiten können. Nach dieser Zeit verbessert sich ihre Arbeitsleistung nicht mehr weiter oder geht sogar zurück. Das führt bei einem 8-Stunden Arbeitstag dazu, dass sie sich schlechte Angewohnheiten zulegen wie zum Beispiel, in Tagträume zu verfallen oder sich von sozialen Medien ablenken zu lassen. Solche Angewohnheiten schaden der Produktivität und liefern so ein weiteres Argument dafür, warum wir alle weniger arbeiten sollten. Immer mehr Firmen erproben daher den 6-Stunden Tag bzw. die Vier-Tage-Woche mit überwiegend gutem Erfolg.
Wesentlicher Nachteil: Einkommenseinbußen? Arbeitszeit reduzieren ist die eine Seite der Medaille. Auf ihrer Kehrseite findet sich die heutzutage i. d. R. immer noch bestehende Koppelung des Einkommens an die Arbeitsstunden. Das bedeutet: weniger Arbeitsstunden, weniger Geld in der Tasche. Erstaunlicherweise aber würden sehr viele Arbeitnehmer entsprechende Einkommenseinbußen für eine ausgewogenere Work-Life-Balance in Kauf nehmen! Millionen Beschäftigte würden gern weniger arbeiten, auch wenn das Einkommen entsprechend sinkt. Das ging bereits 2016 aus einer Untersuchung der Forschungsgruppe um den Arbeitszeitexperten Hartmut Seifert hervor. Doch nur einer Minderheit gelingt es, diesen Wunsch auch umzusetzen. Die relativ geringe Quote zeigt nach Auffassung der Forschungsgruppe, dass gesetzliche oder tarifliche Regelungen zu Wahlarbeitszeiten dringend nötig sind. Gefordert wird, dass alle Beschäftigte verbriefte Ansprüche erhalten sollten, die Arbeitszeiten nach ihren persönlichen Lebensbedingungen zu gestalten und bei Bedarf auch wieder zu ändern.
Und geht es vielleicht sogar ohne Einkommenseinbußen? Zu beachten ist hierbei auch, dass sich im Zeitalter der Digitalisierung Arbeitsprozesse und mit ihnen die Arbeitsbedingungen rasant verändern, Stichwort Arbeit 4.0. Früher arbeitsintensive Tätigkeiten können auf dem heutigen, sich schnell weiter entwickelnden technischem Stand vielfach mit immer weniger Zeitaufwand erledigt werden. Der tatsächliche Bedarf an Arbeitszeit sinkt also bei gleichbleibender Produktivität und relativ konstantem Potenzial an Arbeitskräften. Ein Festhalten am 8-Stunden-Tag, in Deutschland unter den damals geltenden Voraussetzungen seit 1918 (!) gesetzlich festgeschrieben und seinerzeit hoch innovativ, erscheint auf diesem Hintergrund volkswirtschaftlich immer weniger zeitgemäß. Daher werden inzwischen auch von der Politik immer häufiger Forderungen nach einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit aufgegriffen, teilweise sogar bei vollständigem Lohnausgleich.
Ob das bereits heute der Realität unser Arbeitswelt entspricht oder irgendwann entsprechen kann, bleibt ein spannendes Thema.
Als Betriebsrat müssen Sie sich so oder so mit dem Thema Arbeitszeit auskennen, unabhängig davon, ob es bei Ihnen im Betrieb entsprechende Wünsche und/oder Regelungen gibt.