Zu Beginn der Freistellung hat sich wohl jedes Betriebsratsmitglied schon einmal gefragt, was eigentlich bei der Vergütung während der Freistellung zu beachten ist.
Die Grundregel ist simpel: das freigestellte Betriebsratsmitglied bleibt Arbeitnehmer des Betriebs und hat deshalb auch Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Anders gesagt: finanziell ändert sich mit Amtseintritt erstmal nichts.
Was jedoch auf den ersten Blick so einfach klingt, kann spätestens dann Fragen aufwerfen, wenn es um Sondersituationen geht. Wie sieht es zum Beispiel mit Gehaltserhöhungen, Zuschlägen und Boni während der Freistellung aus?
Um diese Frage zu beantworten, werfen wir im Folgenden den Blick auf die rechtlichen Basics:
Der Anspruch auf Fortzahlung des bisherigen Entgelts ist in § 37 Abs. 2 BetrVG geregelt. Hier ist das sogenannte Lohnausfallprinzip niedergelegt. Dies besagt, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied dasselbe Arbeitsentgelt verdient, welches es auch ohne die Freistellung erhalten hätte. Die Höhe ergibt sich aus Vertrag oder Tarif.
Die Höhe der Vergütung ist für die Zeit der Freistellung jedoch nicht „eingefroren“, wie man mit Blick auf § 37 Abs. 2 BetrVG meinen könnte. Liegen die Voraussetzungen vor, besteht sogar ein Anspruch auf Gehaltserhöhung.
Es soll nämlich vermieden werden, dass einem anderen Arbeitnehmer eine bessere Position zugesprochen wird, während ein Betriebsratsmitglied mit denselben beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen wegen der Freistellung auf seiner bisherigen Position verharren muss. Dies würde zwangsweise zu einer Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds führen.
Deshalb ist nach § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG das Entgelt des Betriebsratsmitglieds laufend anzupassen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Entgeltsicherung.
Das Betriebsratsmitglied kann während der Freistellung naturgemäß nicht nach seiner persönlichen Arbeitsleistung beurteilt werden. Maßstab für die Anpassung kann daher nur das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer und die betriebsübliche Entwicklung sein.
Insofern ist eine Prognose vorzunehmen. Der Arbeitgeber muss sich fragen: Wie hätte der Arbeitnehmer sich ohne die Freistellung voraussichtlich beruflich weiterentwickelt? Wie würde er dann jetzt im Betrieb stehen und welche Gehaltsstufe hätte er erreicht?
Daneben besteht nach § 37 Abs. 4 S. 2 BetrVG auch ein Anspruch auf sogenannte „allgemeine Zuwendungen“. Dieser Begriff ist weit zu verstehen: hierzu zählen solche Zuwendungen, die der Arbeitgeber allen (vergleichbaren) Arbeitnehmern zukommen lässt.
Hierzu gehören grundsätzlich Sozialleistungen wie Familien-, Kinder- oder Wohnungszulagen, Gewinnbeteiligungen, Gratifikationen – insbesondere Urlaubs- und Weihnachtsgeld - und Ähnliches.
Neben dem Anspruch auf allgemeine Zuwendungen muss der Arbeitgeber auch das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot aus § 78 S. 2 BetrVG beachten. Hiernach muss er dafür sorgen, dass (freigestellte) Betriebsratsmitglieder weder bevorzugt noch benachteiligt werden.
Wann aber wird § 78 BetrVG relevant und wann liegt eine unzulässige Benachteiligung vor?
Grundsätzlich sieht die Rechtsprechung in einer Benachteiligung eine Schlechterstellung des Betriebsratsmitglieds im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die sich in derselben Position und Gehaltsklasse befinden (sogenannte Vergleichsgruppe).
Eine Benachteiligung kann zum Beispiel darin liegen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied Zusatzurlaub versagt, der im Rahmen der Vergleichsgruppe gewährt wird, und dies damit begründet, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied die betriebliche Tätigkeit nicht mehr ausübe und der Zusatzurlaub daher nicht erforderlich sei.
Spiegelbildlich ist auch die Begünstigung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds unzulässig, so zum Beispiel die Vereinbarung einer Vergütung für betriebsratsbedingte Mehrarbeit.
Möglich und rechtlich unbedenklich ist dagegen eine Benachteiligung oder Begünstigung, wenn darin keine Ungleichbehandlung zu sehen ist, weil die Regelung für alle Arbeitnehmer des Betriebs gleichermaßen gilt, so zum Beispiel bei der einheitlichen Herabsetzung übertariflicher Löhne.
Das Benachteiligungsverbot hat zur Folge, dass das freigestellte Betriebsratsmitglied oft neben den allgemeinen Zuwendungen auch die Zahlung sonstiger betrieblicher Zuwendungen fordern kann. Hiermit sind besondere Leistungszahlungen, Prämien, Provisionen, Mehrarbeits-, Nacht- und Überstundenzuschläge gemeint.
Allerdings tauchen in diesem Zusammenhang gleich mehrere Probleme auf. Denn wie sind beispielsweise Prämien oder Provisionen zu berechnen, wenn tatsächlich gar nicht gearbeitet wurde? Und ist es wirklich interessengerecht, wenn ein Betriebsratsmitglied Nachtzuschlag erhält, obwohl es seit seiner Freistellung gar nicht mehr nachts arbeitet, sondern inzwischen die normalen Bürozeiten wahrnimmt?
Hinsichtlich der Berechnung leistungsbezogener Sonderzahlungen, also z. B. Prämien und Provisionen, kann auf zwei Faktoren abgestellt werden - entweder auf den erzielten Durchschnittswert des jeweiligen Betriebsratsmitglieds in den letzten zwölf Monaten vor seiner Freistellung oder auf die durchschnittliche Höhe der Zahlungen an andere Arbeitnehmer.
Hinsichtlich der tätigkeitsbezogenen Sonderzahlungen, also z. B. Zahlungen für Nacht- oder Wochenendarbeit, gilt die folgende Faustregel: Das Betriebsratsmitglied hat einen Anspruch, wenn es die Zuwendung auch erhalten hätte, wenn es nicht freigestellt worden wäre. Auch hier ist stets der Einzelfall zu beachten und immer zu fragen: Wie sähe die Situation ohne Freistellung aus?