Frühzeitig handeln, Insolvenz vermeiden

 

730x300 - Sparschwein - Kuh mit Geldscheinen

Das sollten Sie als Betriebsrat zum Insolvenzverfahren wissen

Wir haben einen kurzen Überblick für Sie zusammengestellt, was Betriebsrat und Arbeitnehmer zum Thema Insolvenz wissen sollten und wie zu einem gewissen Zeitpunkt noch Einfluss genommen werden kann.

Basics zum Insolvenzverfahren

Eine Insolvenz ist unvermeidbar, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist (§§ 17-19 InsO).

Nach Eingang des Insolvenzantrags prüft das Insolvenzgericht dessen Zulässigkeit. Sofern die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind, prüft das Gericht die Eröffnungsfähigkeit. Diese liegt vor, wenn ein Insolvenzgrund besteht und die Verfahrenskosten gedeckt sind. Grob kann man das weitere Verfahren in drei Phasen unterteilen:

  • Das Eröffnungsverfahren beginnt, wenn das Gericht dem Eröffnungsantrag stattgibt. In dieser Phase hat das Gericht verschiedene Möglichkeiten, die Insolvenzmasse abzusichern.
     
  • Das eigentliche Insolvenzverfahren beginnt mit der Bestellung des Insolvenzverwalters. In diesem Abschnitt wird entschieden, ob das Unternehmen saniert oder liquidiert wird.
     
  • Die Abwicklungsphase findet ihr Ende in einem letzten Schlusstermin. Hier wird die Aufhebung des Verfahrens beschlossen.

Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist es, die vorhandene Masse zu verwerten. Dieser Vorgang erstreckt sich in der Regel über mehrere Jahre.

Rechte des Arbeitnehmers und Kündigungsschutz im Insolvenzverfahren

Grundsätzlich besteht der Kündigungsschutz von Arbeitnehmern auch während der Insolvenz fort.

Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten allerdings verkürzte Kündigungsfristen, der Arbeitgeber kann dann nur noch mit einer Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten kündigen (§113 S.2 InsO). Macht der Arbeitgeber von der verkürzten Kündigungsfrist Gebrauch, steht dem Arbeitnehmer jedoch ein Ersatz des sogenannten Verfrühungsschadens zu (§ 113 S.3 InsO). Der Geschädigte kann danach das fordern, was er an Gehalt, Lohn und Nebenleistungen bei einer regulären Kündigung auch erhalten hätte, so zum Beispiel die private Handy- und Fahrzeugnutzungsmöglichkeit.

Im Rahmen eines Sozialplans kann es zudem zu Abfindungszahlungen kommen. Auch im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits ist die Vereinbarung einer Abfindung ein häufiges Mittel zur Beendigung des Streits.

Der in einigen Tarifverträgen geltende Schutz älterer Arbeitnehmer fällt im Insolvenzverfahren weg. Wohl aber gilt der besondere Kündigungsschutz gegenüber Schwerbehinderten, Schwangeren und Eltern während der Elternzeit fort. Diese Gruppen dürfen nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde gekündigt werden.

Wichtig: Während der Kündigung im Insolvenzverfahren sind eine Vielzahl besonderer Schritte erforderlich, so beispielsweise ein Anhörungsverfahren mit dem Betriebsrat sowie eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit. Fehler im Verfahren können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen!

Unser Tipp: Erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, sollte er vorher sorgfältig abwägen, ob er eine echte Chance auf Weiterbeschäftigung in dem insolventen Unternehmen hat. Andernfalls kann z. B. eine Abfindung die sinnvollere Alternative darstellen.

Zusätzlicher Schutz: Zahlt der Arbeitgeber den Lohn nicht, hat der Arbeitnehmer für maximal drei Monate einen Anspruch auf Insolvenzgeld gegenüber der Agentur für Arbeit.

Auch der Urlaubsanspruch besteht während der Insolvenz fort. Kann der Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden, besteht ein sogenannter Urlaubsabgeltungsanspruch.

Das kann der Betriebsrat tun

Der Betriebsrat bleibt während des Insolvenzverfahrens weiter im Amt. Eine Ausnahme besteht nur für Gremien, die erst während der Stilllegungsphase gewählt worden sind.

Wird der Betrieb stillgelegt, behält der Betriebsrat zudem ein sogenanntes Restmandat. Obwohl das Arbeitsverhältnis in diesem Fall beendet ist, kommen den Betriebsratsmitgliedern weiterhin Rechte und Pflichten zu. Dies gilt sogar, wenn die (ehemaligen Betriebsratsmitglieder) bereits eine anderweitige Tätigkeit aufgenommen haben.

Während des laufenden Insolvenzverfahrens wird die Rolle des Arbeitgebers in großen Teilen vom Insolvenzverwalter übernommen. Dies hat zur Folge, dass der Betriebsrat seine Rechte, die ihm sonst gegenüber dem Arbeitgeber zustehen, nun gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen kann. Das betrifft in erster Linie die üblichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte (vgl. insbesondere § 87 Abs.1 BetrVG).

Noch wichtiger sind die besonderen Rechte aus §§ 111-113 BetrVG. Zweck dieser Regelungen ist es, die Arbeitnehmer zu beteiligen und ihnen wirtschaftliche Nachteile auszugleichen oder abzumildern.

Beispielsweise muss der Insolvenzverwalter den Betriebsrat nach § 111 Abs.1 BetrVG rechtzeitig und umfassend über geplante Betriebsänderungen informieren. Die geplanten Änderungen sind darüber hinaus mit dem Gremium zu beraten.

Mindestvoraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 111-113 BetrVG ist allerdings, dass mindestens zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer in dem jeweiligen Unternehmen angestellt sind.

Im Übrigen: Verstößt der Insolvenzverwalter gegen seine Pflichten, ergeben sich dieselben rechtlichen Konsequenzen wie bei Verstößen durch den Arbeitgeber. Die getroffene Maßnahme kann dann beispielsweise unwirksam sein, ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren nach sich ziehen oder sogar zu einer Strafbarkeit führen.

Resümee

Betriebsrat und Arbeitnehmer sind auch in der Insolvenz nicht rechtslos gestellt. Eine transparente Verhandlungsführung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und die sorgfältige Abwägung von Chancen und Risiken ist in dieser Situation gefragt.

Seminartipps