Mit Kennzahlen argumentieren – die 5 wichtigsten Gründe

Was tun, wenn die Zahlen gegen Sie sprechen? Von EBIT zu ROI über Cashflow bis hin zu OKR - als Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss werden Sie regelmäßig mit komplexem Zahlen, Daten- und Berichtsmaterial konfrontiert. Fünf Gründe, warum Betriebsräte Kennzahlen verstehen sollten – und wie sie dieses Wissen konkret nutzen können:

Kennzahlen helfen dabei, umfangreiche und komplexe Informationen und Sachverhalte transparent und verständlich zu machen und sind ein bedeutendes Informations- und Frühwarninstrument.

Die fünf wichtigsten Gründe auf einen Blick:

  1. Wirtschaftliche Entwicklungen erkennen
  2. Mitbestimmung fundiert gestalten
  3. Personalpolitik mitgestalten
  4. Zielsysteme verstehen
  5. Wissensvorsprung ausgleichen

1. Frühzeitiges Erkennen wirtschaftlicher Entwicklungen

Kennzahlen wie Umsatz, EBIT, Eigenkapitalquote  oder CashFlow liefern Hinweise auf die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens. Betriebsräte können dadurch:

  • frühzeitig auf wirtschaftliche Krisen, Umstrukturierungen oder Personalabbau reagieren,
  • Risiken erkennen und sich auf Gespräche mit der Geschäftsführung vorbereiten,
  • Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung initiieren oder begleiten.

è Praxisbeispiel Eigenkapitalquote:
In einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen sank die Eigenkapitalquote innerhalb von zwei Jahren von 35 % auf 18 %. Der Betriebsrat erkannte anhand dieser Kennzahl eine steigende Verschuldung und forderte rechtzeitig Gespräche zur Sicherung der Arbeitsplätze.

2. Fundierte Mitbestimmung bei wirtschaftlichen Angelegenheiten

Gemäß § 106 ff. BetrVG haben Betriebsräte Informations- und Beratungsrechte bei wirtschaftlichen Angelegenheiten. Um diese effektiv wahrzunehmen, müssen sie:

  • Unternehmenskennzahlen verstehen und bewerten können,
  • Aussagen des Arbeitgebers hierzu kritisch hinterfragen,
  • eigene Positionen durch belastbare Daten untermauern.

è Praxisbeispiel Umsatzzahlen:
Die Geschäftsleitung eines Handelsunternehmens wollte zwei Filialen schließen. Sie begründete dies mit angeblich schlechten Umsätzen. Der Betriebsrat ließ sich die detaillierten Verkaufszahlen zeigen und stellte fest, dass zwar die Umsätze rückläufig waren, aber die Filialen dennoch profitabel arbeiteten. So konnte er die Schließung erfolgreich abwenden.

3. Einflussnahme bei Personalplanung und -entwicklung

Kennzahlen wie Fluktuationsrate, Krankenquote, Überstunden oder Produktivität sind entscheidend für:

  • Personalbedarfsanalysen,
  • Maßnahmen zur Gesundheitsförderung oder Arbeitszeitgestaltung,
  • Beurteilung von Arbeitsbedingungen und Belastungen.

So kann der Betriebsrat gezielt Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen machen.

è Praxisbeispiel Krankheitsquote:
In einem Pflegeheim zeigte die Krankheitsquote über Monate hinweg einen Spitzenwert von über 12 %. Der Betriebsrat nahm dies zum Anlass, eine betriebliche Gesundheitsförderung durchzusetzen und auf eine Neueinstellungsoffensive zu drängen, um die Belastung der Belegschaft zu reduzieren.

4. Beteiligung an Zielvereinbarungen und Leistungsentgeltsystemen

In vielen Unternehmen werden Zielvereinbarungen, variable Vergütungen oder Bonusmodelle verwendet. Kennzahlen sind dabei die Grundlage für:

  • Leistungsmessung und -bewertung,
  • Entgeltverteilung,
  • Verhandlungen über gerechte und transparente Systeme.

Der Betriebsrat muss die Herleitung und Einflussgrößen der verwendeten Kennzahlen verstehen, um Einfluss auf die Ausgestaltung dieser Systeme zu nehmen.

è Praxisbeispiel Erfolgskennzahlen:
In einem IT-Unternehmen wurde ein Bonusmodell eingeführt, bei dem der Bonus an die Erreichung von Projektmeilensteinen gekoppelt war. Der Betriebsrat kritisierte, dass die zugrundeliegenden Erfolgskennzahlen (u. a. „Time-to-Market“) unrealistisch kalkuliert wurden. Nach Verhandlungen wurde das System angepasst – mit realistischen Zielen und regelmäßiger Überprüfung.

5. Vermeidung von Informationsasymmetrien

In Gesprächen mit der Geschäftsführung besteht häufig ein Wissensgefälle. Wenn der Betriebsrat mit Kennzahlen umgehen kann:

  • begegnet er der Arbeitgeberseite auf Augenhöhe,
  • kann er strategische Entscheidungen besser nachvollziehen und hinterfragen,
  • kann einen wertvollen Beitrag zur Beschäftigungssicherung liefern
  • schafft er Vertrauen und Respekt bei der Belegschaft und dem Management.

è Praxisbeispiel ROI-Werte:
Bei der Vorstellung eines neuen Investitionsvorhabens präsentierte der Arbeitgeber beeindruckende ROI-Werte. Der Betriebsrat prüfte diese Kennzahl und wies auf fehlende Annahmen zu künftigen Betriebskosten hin. Dadurch konnte ein realistischeres Bild erzeugt und eine spätere Belastung der Belegschaft verhindert werden.

Lassen Sie sich also von Abkürzungen und Fachbegriffen nicht beeindrucken, sondern ergreifen Sie die Initiative, um künftig die aktuelle wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens selbst beurteilen zu können und Frühwarnsignale und Handlungsbedarf zu erkennen.

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