Winterwunderland oder Schneechaos - was gilt, wenn winterliche Witterung den Weg zur Arbeit oder Ausbildung erschwert?

Die Temperaturen sinken, Regen wird zu Schnee und die Straßen sind glatt – schon ist alle Jahre wieder das Chaos perfekt, wenn es zwischen Dezember und März zu einem Klimaphänomen kommt, das sich Winter nennt.

Auch in diesem Jahr hat die kalte Jahreszeit mit den ersten frostigen Nächsten und – je nach Region – auch den ersten Schneeflocken vielerorts bereits an die Tür geklopft.

Wenn der Winter seine weiße Pracht zeigt, ist das aber nicht für jeden Grund zur Freude. Denn ist er erst mal da, bricht in der Folge mit schöner Regelmäßigkeit das Chaos auf den Straßen und im öffentlichen Nahverkehr aus.

Insbesondere Arbeitnehmer*innen sehen sich dann einigen Problemen gegenüber, wenn aufgrund winterlicher Witterungsbedingungen Bus und Bahn ausfallen oder Straßen unpassierbar werden. Wenn die Arbeits- oder Ausbildungsstelle dann gar nicht mehr oder nur mit großer Verspätung erreicht werden kann, stellen sich schnell auch Fragen nach den arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Die wichtigsten davon wollen wir für euch einmal aufgreifen und beantworten.

Muss ich mit einer Abmahnung rechnen, wenn ich wegen des Wintereinbruchs zu spät komme?

Grundsätzlich tragt ihr als Arbeitnehmer*innen oder Auszubildende das sogenannte „Wegerisiko“, also das Risiko rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Das heißt im Klartext: Es ist Sache des*der Arbeitnehmers*in dafür zu sorgen, dass er*sie pünktlich zur Arbeit kommt. Das gilt grundsätzlich auch unter erschwerten Bedingungen, wie beispielsweise winterlichen Witterungsverhältnissen.  

Sind Schneefall, Eisglätte oder ein Sturm frühzeitig angekündigt, musst du daher alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zur Arbeit oder Ausbildung zu erscheinen. So ist es Arbeitnehmer*innen und Auszubildenden bei schlechter Witterung insbesondere zuzumuten, sich auf eine längere Anfahrtszeit einzustellen und entsprechend früher aufzustehen.

Natürlich kann es trotzdem immer passieren, dass man sich mal verspätet.

Mit einer Abmahnung oder gar Kündigung musst du deswegen in der Regel nicht rechnen, wenn du alles Zumutbare unternommen hast und trotzdem wegen Schneefall und Straßenglätte wirklich nicht oder nur verspätet zur Arbeit oder Ausbildung kommen kannst. Denn die Verspätung ist dir nicht vorwerfbar, wenn aufgrund schlechter Witterungsbedingungen Straßen nicht passierbar sind und Bus und Bahn ausfallen.

Damit deswegen kein Ärger droht, solltest du aber in jedem Fall deinen Arbeitgeber oder Ausbilder so schnell wie möglich darüber informieren, dass du dich verspätest und bei extremen Wetterlagen die Situation besprechen.

Und Achtung: Bei anhaltendem Winterwetter kann erwartet werden, dass sich die Arbeitnehmer*innen darauf einstellen. Kommt dann jemand bei schlechtem Wetter mit entsprechender „Ausrede“ mehrere Tage hintereinander zu spät, kann dies unter Umständen doch eine Abmahnung oder sogar Kündigung rechtfertigen - insbesondere, wenn alle anderen Mitarbeiter*innen pünktlich sind.

Wird mein (Ausbildungs-)Gehalt auch für die ausgefallene Arbeitszeit gezahlt?

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Kommen Arbeitnehmer*innen zu spät oder gar nicht zur Arbeit, besteht für die Zeit, in der sie nicht gearbeitet haben, in der Regel auch kein Anspruch auf Vergütung.

Keine Regel ohne Ausnahme: Eine solche ist zum Beispiel eine eigene Erkrankung des*der Arbeitnehmers*in. In dem Fall wird erst einmal weiterhin das Gehalt oder auch die Ausbildungsvergütung gezahlt.

Eine weitere Ausnahme sieht § 616 BGB vor. Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber das Gehalt auch weiterzahlen, wenn der Arbeitnehmer „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden“ an der Arbeit gehindert ist. Der Verhinderungsgrund muss sich also speziell auf diese*n Arbeitnehmer*in beziehen, wie zum Beispiel die eigene Hochzeit oder die Krankheit eines Kindes. Entsprechendes gilt nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 b BBiG auch im Ausbildungsverhältnis.

Die Regelung gilt jedoch nicht, wenn ein allgemeiner Verhinderungsgrund besteht, der auch andere Arbeitnehmer*innen in gleicher Weise betrifft. Wenn man aufgrund von Schneefall und Straßenglätte nicht zur Arbeit kommen kann, ist das so ein Fall. Denn hiervon sind auch alle anderen Beschäftigten in der Region gleichermaßen betroffen.

Konkret bezogen auf unsere Ausgangsfrage heißt das: Ist es einem*einer Arbeitnehmer*in oder einem*einer Auszubildenden aufgrund winterlicher Witterung unmöglich zur Arbeit bzw. Ausbildungsstätte zu kommen, besteht für die ausgefallene Arbeits- oder Ausbildungszeit auch kein Anspruch auf Vergütung – es gilt wieder das Wegerisiko.

Übrigens: Im Gegensatz zum Wegerisiko trägt das sogenannte „Betriebsrisiko“ der Arbeitgeber. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Gehalt ungekürzt weiterzahlen muss, wenn die Beschäftigten aufgrund von Störungen aus dem betrieblichen Bereich nicht arbeiten können. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn durch die Schneemassen im Betrieb der Strom ausfällt und deshalb dort nicht gearbeitet werden kann.

Muss ich die versäumte Arbeitszeit nachholen?  

Ob eine Pflicht zur „Nacharbeit“ besteht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So kommt es insbesondere auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und die betrieblichen Umstände an. Gilt zum Beispiel Gleitzeit, so dürfte eine Nachleistung der versäumten Arbeitszeit in der Regel möglich sein. Aber auch dann kann nicht von jedem*r Arbeitnehmer*in und schon gar nicht den Auszubildenden verlangt werden, die ausgefallenen Stunden abends dranzuhängen. Denn die Nacharbeit muss dem jeweiligen Mitarbeiter auch zumutbar sein. Das wäre beispielsweise nicht der Fall, wenn nach der Arbeit Kinder aus der Kita oder Schule abgeholt werden müssen. Es bleibt dann aber dabei, dass der Arbeitgeber für die ausgefallene Zeit den Lohn kürzen kann.

Welche Möglichkeiten gibt es sonst noch?

Ist bereits absehbar, dass die extreme Wetterlage den Weg zur Arbeit in den nächsten Tagen erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht, besteht nach Absprache mit dem Arbeitgeber vielleicht die Möglichkeit, für diese Zeit Urlaub zu beantragen oder Überstunden abzubauen. So würdest du zum Beispiel weiterhin Gehalt bekommen, müsstest aber natürlich in Kauf nehmen, dass die entsprechenden Tage deinem Urlaubs- bzw. Überstundenkonto abgezogen werden.

Falls es nach der Art eurer Tätigkeit möglich ist, könnt ihr an diesen Tagen gegebenenfalls auch von zuhause aus arbeiten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Möglichkeit zur Arbeit im „Homeoffice“ vertraglich vereinbart ist oder der Arbeitgeber ausnahmsweise zustimmt. 

Welche Überraschungen das Wetter in den nächsten Tagen und Wochen auch noch für uns bereithält – das Wichtigste dabei bleibt: Kommt immer gut und sicher ans Ziel!