Erhöhung der Ausgleichsabgabe

 

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Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitsplätzen  haben besondere Integrationspflichten zu erfüllen. Mit Bekanntmachung vom 14. Dezember 2015 (BAnz AT 24.12.2015 B2) sind die monatlichen Sätze der Ausgleichsabgabe je unbesetztem Pflichtplatz erhöht worden.

Solange sie nicht jahresdurchschnittlich die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nach den Anrechnungsregeln (§§ 75, 76 SGB IX) beschäftigen, ist für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt zahlen. 

Mindestbeschäftigung und Ausgleichsabgabe

Ein Überblick mit Hinweis auf die zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Änderungen:

1.    Mindestbeschäftigungspflicht

Private und öffentliche Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitsplätzen haben besondere Integrationspflichten zu erfüllen. In § 71 Abs. 1 SGB IX ist eine Quote von 5 Prozent für die Mindestbeschäftigung schwerbehinderter Menschen festgesetzt. Daraus folgt, dass die Arbeitgeber die sich aus der Quote rechnerisch ergebende Mindestzahl an Arbeitsplätzen im Betrieb bzw. in der Dienststelle mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen haben. Solange sie nicht jahresdurchschnittlich die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nach den Anrechnungsregeln (§§ 75, 76 SGB IX) beschäftigen, ist für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt zu zahlen. Das Abstellen auf die jahresdurchschnittliche Berechnung ermöglicht es dem Arbeitgeber, Monate, in denen die Zahl der beschäftigten schwerbehinderten Arbeitnehmer unterhalb der Mindestzahl liegt, durch Monate auszugleichen, in denen die Quote überfüllt wurde.

Eine Besonderheit gilt nach § 159 Abs. 1 SGB IX für diejenigen, die als öffentliche Arbeitgeber im Sinne von § 71 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB IX gelten. Wenn diese am 31.10.1999 auf wenigstens 6 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigt hatten, dann müssen sie auch weiterhin jahresdurchschnittlich auf wenigstens 6 Prozent ihrer Arbeitsplätze anrechnungsfähige schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Hier ist die Erreichung der 5 Prozentquote unerheblich. Diese Arbeitgeber müssen solange eine Ausgleichsabgabe entrichten, bis sie die sich aus der 6 Prozentquote ergebende Mindestzahl an Pflichtplätzen jahresdurchschnittlich besetzt haben.

Öffentliche Arbeitgeber im Sinne von § 71 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB IX:

  •  oberste Bundesbehörden mit ihren nachgeordneten Dienststellen,
  •  das Bundespräsidialamt,
  •  die Verwaltungen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates,
  •  das Bundesverfassungsgericht,
  •  die obersten Gerichtshöfe des Bundes (der Bundesgerichtshof jedoch mit dem Generalbundesanwalt),
  •  der Bundesrechnungshof,
  •  das Bundeseisenbahnvermögen,
  •  jede sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts
    (z.B. Krankenkassen, Bundesanstalt für Arbeit, Deutsche Bundesbank, Handwerkskammern, Rundfunkanstalten,
    Universitäten und Hochschulen).

Die konkrete Anzahl der zu besetzenden Pflichtplätze errechnet sich aus der in § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX auf 5 Prozent bzw. in § 159 Abs. 1 auf 6 Prozent der Arbeitsplätze festlegten Beschäftigungsquote. Arbeitgeber mit weniger als 60 Arbeitsplätzen werden privilegiert. Wer jahresdurchschnittlich weniger als 40 Arbeitsplätze hat, muss nur einen Pflichtplatz besetzen. Wer mehr als 39, aber weniger als 60 Arbeitsplätze hat, hat nur zwei Pflichtplätze zu besetzen.

Unbesetzt ist ein Pflichtplatz, solange nicht ein nach Maßgabe der §§ 75, 76 SGB IX anzurechnender schwerbehinderter Mensch auf dem Arbeitsplatz beschäftigt wird.

2.    Höhe der Ausgleichsabgabe

Der Ausgleichsabgabensatz ist in § 77 Abs. 2 SGB IX festgesetzt. Da die Ausgleichsabgabe auf der Grundlage einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote ermittelt wird, ist der im Gesetz festgesetzte Abgabensatz rechnerisch ein Monatsbetrag. Dieser Satz ist nicht statisch, sondern wird in § 77 Abs. 3 SGB IX dynamisiert. Die Ausgleichsabgabe erhöht sich danach entsprechend der Veränderung der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Sie erhöht sich zum 01.01. eines Kalenderjahres, wenn sich die Bezugsgröße seit der letzten Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe um wenigstens 10 Prozent erhöht hat. Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe erfolgt, indem der Faktor für die Veränderung der Bezugsgröße mit dem jeweiligen Betrag der Ausgleichsabgabe vervielfältigt wird. Die sich ergebenden Beträge sind auf den nächsten durch fünf teilbaren Betrag abzurunden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt den Erhöhungsbetrag und die sich nach Satz 3 ergebenden Beträge der Ausgleichsabgabe im Bundesanzeiger bekannt.

Mit Bekanntmachung vom 14. Dezember 2015 (BAnz AT 24.12.2015 B2) sind die monatlichen Sätze der Ausgleichsabgabe je unbesetztem Pflichtplatz erhöht worden.

Danach ergibt sich folgende Tabelle:

Erfüllungsquote

Abgabe je monatlich unbesetzter Pflichtplatz

ab 2012 bis 2015

Abgabe je monatlich unbesetzter Pflichtplatz

ab 2016

3 bis unter 5 Prozent

115 Euro

125 Euro

2 bis unter 3 Prozent

200 Euro

220 Euro

0 bis unter 2 Prozent

290 Euro

320 Euro

3.    Berechnung und Zahlung

Nach § 77 Abs. 4 Satz 1 SGB IX hat jeder Arbeitgeber die Ausgleichsabgabe jährlich an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt zu zahlen. Für die öffentlichen Arbeitgeber gelten Sonderregeln. Nach § 77 Abs. 8 SGB IX gelten der Bund und die einzelnen Länder jeweils als ein Arbeitgeber. Die Regelung ermöglicht es, durch die Übererfüllung der Pflichtquote in einer Landesbehörde die Nichterfüllung der Quote in einer anderen Behörde desselben Landes auszugleichen. Gleiches gilt für die Bundesbehörden. Dagegen ist die Zusammenfassung den in § 71 Abs. 3 Ziff. 3 und 4 SGB IX benannten Gebietskörperschaften oder sonstigen Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen öffentlichen Rechts verwehrt.

Für die Feststellung der Ausgleichsabgabenschuld bedarf es keines festsetzenden Verwaltungsaktes. Die Zahlungspflicht entsteht unmittelbar durch das Gesetz. Die Höhe der Ausgleichsabgabe muss der Arbeitgeber selbst errechnen.    

Die Zahlung ist zeitgleich mit der Anzeige nach § 80 Abs. 2 SGB IX zu leisten. In der Anzeige gibt der Arbeitgeber gegenüber der für die Überwachung der Beschäftigungspflicht zuständigen Bundesagentur für Arbeit auf einem amtlichen Formular die für die Berechnung der Ausgleichsabgabe erforderlichen Daten an. Die Anzeige ist spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres zu erstatten. Dementsprechend ist auch die Ausgleichsabgabe am 31.03. des Folgejahres zur Zahlung fällig. Damit dem Betriebs-, Personalrat, der Schwerbehindertenvertretung und auch dem Arbeitgeberbeauftragten die Kontrolle der Einhaltung der Mindestbeschäftigung ermöglicht wird, ordnet § 80 Abs. 2 Satz 3 SGB IX an, dass eine Kopie der Anzeige sowie eine Kopie des Verzeichnisses der schwerbehinderten Beschäftigten diesen Stellen zeitgleich zu übermitteln ist.

Die Ausgleichsabgabe 2015, die bis zum 31.03.2016 zu zahlen ist, muss noch nach den alten Sätzen berechnet werden. Die neuen Sätze gelten erst für die im Jahr 2016 unbesetzt bleibenden Pflichtplätze.  Gerät der Arbeitgeber in Verzug, erhebt das Integrationsamt einen Säumniszuschlag nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 SGB IV. Er beträgt für jeden angefangenen Monat der Säumnis, d.h. nach dem 31.03. jeden Jahres, eins v.H. des rückständigen, auf 50 € nach unten abgerundeten Betrages. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber bei nicht rechtzeitiger Zahlung Zinsen ab dem 31.03. zu entrichten.

4.    Zweck der Ausgleichsabgabe

Die Ausgleichsabgabe hat keinen Sanktionscharakter. Sie erfüllt drei Funktionen:

  1. Mit ihrer Erhebung sollen die Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen angehalten werden (Antriebsfunktion).
     
  2. Sie dient dem Zweck, die Belastungen zwischen den Arbeitgebern auszugleichen, die die wirtschaftlichen Belastungen einer behinderungsgerechten Beschäftigung auf sich nehmen, und denen, die ihr nicht nachkommen (Ausgleichsfunktion).
     
  3. Das Aufkommen der Abgabe dient der Finanzierung der Leistungen, die die Integrationsämter im Rahmen der begleitenden Hilfe an Arbeitgeber und Schwerbehinderte erbringen (Finanzierungsfunktion).  

Wegen dieser Zwecksetzung ist es folgerichtig, dass auch der Arbeitgeber die Ausgleichsabgabe zu entrichten hat, den kein Verschulden an der Nichterfüllung der Mindestbeschäftigungspflicht trifft. 

5.    Ahndung als Ordnungswidrigkeit

Der Arbeitgeber, der vorsätzlich oder fahrlässig seine Mindestbeschäftigung überhaupt nicht oder nicht ausreichend erfüllt, begeht nach § 156 Abs. 1 Nr. 1  SGB IX eine Ordnungswidrigkeit. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € geahndet werden. Nach § 17 Abs. 1 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG) beträgt die Geldbuße mindestens 5 €.  Nach § 17 Abs. 2 OWiG darf bei fahrlässiger Begehung die Geldbuße nur die Hälfte der Höchstbuße betragen. Für die Verfolgung und Ahndung ist nach § 156 Abs. 3 SGB IX die Bundesagentur für Arbeit (BA) die zuständige Verwaltungsbehörde. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich gemäß § 37 OWiG nach dem Bezirk der Regionaldirektion der BA, in dem die Ordnungswidrigkeit begangen oder entdeckt worden ist oder der Täter (in der Sprachregelung des OwiG = Betroffene) zur Zeit der Einleitung des Bußgeldverfahrens seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Die Zahlung der Ausgleichsabgabe ist weder ein Rechtfertigungsgrund noch kommt ihr eine befreiende Wirkung zu. Dazu ist in § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ausdrücklich bestimmt: „Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht auf.“  Sie kann deshalb auch nicht  mildernd berücksichtigt werden.

Schuldhaft handelt schon der Arbeitgeber, der keine eigene Initiative zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht ergriffen und deshalb die vorgeschriebene Mindestzahl der Arbeitsplätze nicht erreicht hat. Denn der Arbeitgeber muss einer ihm in § 81 Abs. 3 SGB IX aufgegebenen Handlungspflicht nachkommen. § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schränkt ausdrücklich die Arbeitgeberfreiheit ein und begründet eine auf die Sicherstellung der Mindestbeschäftigung ausgerichtete Organisationspflicht: „Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann.“

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