Leiharbeit und Arbeitnehmerüberlassung - ein verzwicktes Thema für Arbeitgeber und Betriebsräte

 

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Es gibt bereits seit 1972 Arbeitnehmerüberlassung. Vor gut 10 Jahren hat nur keiner darüber gesprochen. Leiharbeit war nur befristet zulässig. Außerdem war sie neben der notwendigen Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Arbeit - heute Bundesagentur für Arbeit - nur mit zahlreichen rechtlichen Beschränkungen zulässig.

Dieses änderte sich grundlegend zum 1.1.2003 - zum Teil erst zum 1.1.2004 - durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002. Die Leiharbeit sollte zu Zeiten einer Massenarbeitslosigkeit zum Jobmotor werden. Bisherige rechtliche "Fesseln" wurden aufgehoben. Leiharbeit wurde unbefristet zulässig; frühere weitere Einschränkungen wurden beseitigt. Das erstmalig eingeführte sogenannte Equal-pay-equal-treatment-Prinzip, wonach der Leiharbeitnehmer in der Zeit der Beschäftigung bei dem Entleiher das Arbeitsentgelt und die Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes erhielt, konnte und kann durch einen Tarifvertrag für Verleihunternehmen, an den der Verleiher und der Leiharbeitnehmer z. B. durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel gebunden war, auf Dauer aufgehoben werden. Der Christliche Gewerkschaftsbund zeichnete sich unrühmlich mit solchen Tarifverträgen aus; Leiharbeitnehmer mussten häufig Niedriglöhne in Kauf nehmen. Aufgrund dieser neuen Rechtslage konnten die Arbeitgeber ohne Weiteres einen Arbeitnehmer für 2 Jahre ohne Sachgrund befristet einstellen und sie danach wieder als Leiharbeitnehmer zurückholen, nachdem dieser zuvor mit einem Verleiher einen befristeten Vertrag ohne Sachgrund für 2 Jahre abgeschlossen hatte.

Eine traurige Berühmtheit errang die Firma Schlecker, die zur Kostenreduzierung Betriebe schlossen und fast an gleicher Stelle neue Betriebe eröffneten, für die Sie die zuvor entlassenen Arbeitnehmer über einen Verleiher wieder zu Dumpinglöhnen einstellten.

Der Gesetzgeber hat diesem Missbrauch durch Gesetz 28.4.2011 einen Riegel vorgeschoben und die sogenannte Drehtürklausel eingeführt: Bei Ausscheiden aus dem Betrieb und einer Wiedereinstellung innerhalb von 6 Monaten ist trotz der Anwendung eines Tarifvertrages für Verleihunternehmen der Equal-pay-equal-treatment-Grundsatz anzuwenden. Außerdem dürfen Leiharbeitnehmer nur "vorübergehend" eingesetzt werden. Schließlich wurde ein Mindestlohn eingeführt, der die bisher aufgrund Tarifvertrages gezahlten Dumpinglöhne verhindern sollte.

Diese Änderung der Rechtslage nahmen Arbeitgeber allerdings zum Anlass, vermehrt Werkverträge abzuschließen, um die Regelungen über den Mindestlohn, der nur für Leiharbeitnehmer gilt, auszuhebeln und damit Kosten zu sparen. Da die Werkunternehmen befürchteten, dass statt eines Werkvertrages versteckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, holten und holen sie sich vorsorglich eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit ein. Außerdem stritten und streiten die Betriebsräte über die Mitbestimmung bei der Einstellung und da z. B. über die Frage, was als "vorübergehend" anzusehen ist.

Diese neuen Probleme will nunmehr die Große Koalition in Berlin lösen. Nach dem Koalitionsvertrag soll die "vorübergehende" Beschäftigung auf 18 Monate begrenzt werden, das Equal-pay-equal-treatment-Prinzip nach 9 Monaten trotz eines Tarifvertrages für Verleihunternehmen gelten, die Beteiligung des Betriebsrats verstärkt und der Missbrauch von Werkverträgen z. B. dadurch verhindert werden, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht mehr eine vorsorgliche Erlaubnis erteilen darf. Es ist zu hoffen, dass mit der geplanten Änderung des AÜG etwas Ruhe in die Arbeitnehmerüberlassung einkehren wird. Und zwar nicht nur für die Arbeitgeber und Betriebsräte - sondern auch und gerade für die betroffenen Leiharbeitnehmer und die Stammarbeitnehmer.

Leiharbeit und Arbeitnehmerüberlassung werfen auch künftig viele rechtliche Fragen auf, mit denen sich Arbeitgeber und Betriebsräte frühzeitig z. B. auf einem Seminar befassen sollten.

Seminartipps