Mit Einführung des „Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes“ (vollständiges Inkrafttreten am 01.01.2024) bekundete der Gesetzgeber, dass er mehr Menschen mit Behinderung in Arbeit bringen will. Dazu gehört zum Beispiel auch die Verdopplung des Monatssatzes der Ausgleichsabgabe auf 720 Euro für Betriebe mit mindestens 60 Arbeitnehmenden bei keiner Beschäftigung behinderter Menschen. Diese Ausgleichsabgabe entbindet den Arbeitgeber jedoch nicht von seiner Beschäftigungspflicht. Vielmehr begründet sie die Vermutung einer Benachteiligung i.S.v. § 22 AGG und eröffnet das private Klagerecht eines behinderten Bewerbers bzw. einer Bewerberin. Die Überwachungspflicht des BR nach § 176 Satz 2 SGB IX und der SBV nach § 178 (1) Satz 2 Nr. 1 SGB IX bleibt unberührt, auch wenn sie keine Sanktionsmöglichkeit mittels Bußen aus dem SGB IX mehr eröffnet. Doch dem BR steht eine Sanktion nach § 121 BetrVG offen, wenn der Arbeitgeber seine Unterrichtungspflicht nach § 92 (3) Satz 2 BetrVG nicht erfüllt (siehe ausführlicher den kritischen Kommentar von Prof. Franz Josef Düwell zur Gesetzesänderung mit dem Ziel eines inklusiven Arbeitsmarkts:
Auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt?
Zudem kann im Rahmen der Ausgleichsabgabe jede*r schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Auszubildende auf mindestens 2 Pflichtarbeitsplätze angerechnet werden (§ 159 SGB IX). Weiterhin werden schwerbehinderte Menschen, die zumindest eine Teilzeitausbildung im Umfang von 18 Wochenstunden – oder aufgrund der Schwere ihrer Behinderung auch im geringeren Umfang – absolvieren, auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte angerechnet (Fachliche Weisung, https://arbeitsagentur.de/datei/doc_ba034430.pdf ) – und senken somit ebenfalls die Ausgleichsabgabe.
Weiterhin hat der Gesetzgeber Förderungen der Arbeitgeber verbessert:
Darüber hinaus gibt es weitere bewährte Förderungen der Arbeitgeber (vgl. z.B. dieses PDF der Integrationsämter und dieses PDF der KOFA):
Anpassungen der Arbeitsplätze an die jeweilige Behinderung (Rampen für Rollstuhlfahrer, Pager oder Signallampen für Hörbehinderte, Braillezeile für Sehbehinderte) durch die Bundesagentur – kann in Eilfällen auch das Integrationsamt finanziell unterstützen.
Ansprechpartner sind die Agentur für Arbeit, das Integrations-/Inklusionsamt oder auch die Einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber.
Integrations-/Inklusionsämter unterstützen auch die behinderten Auszubildenden, indem sie bspw. Folgendes stellen:
Auszubildenden könnten auch die allgemeinen Förderungen des Arbeitsamts offenstehen, bspw.
Jugendliche unter 25 Jahren bekommen die Möglichkeit eines 6 bis 12-monatigen bezahlten Betriebspraktikums. Dies kann die Chance eines Ausbildungsplatzangebots erhöhen. Die Zeiten können auf die anschließende Ausbildung im selben Beruf angerechnet werden. Arbeitgeber und Auszubildende beschnuppern sich und können die Ausbildungszeit verkürzen!
Diese ermöglicht z.B. sozialpädagogische Betreuung zur Stabilisierung oder Stützunterricht bei Sprach- und Bildungsdefiziten.
Diese bezuschusst unter bestimmten Voraussetzungen die monatlichen Kosten von Jugendlichen, die aufgrund eines Umzugs zur weit entfernten Ausbildungsstätte entstehen sowie Heimfahrten. Auch Volljährige, Verheiratete oder Alleinerziehende können Zuschüsse erhalten.
Derartige Fördermöglichkeiten und Unterstützungen bei Lernschwierigkeiten für behinderte Menschen hat die DIHK 2023 in den neuen Rahmenlehrplan zur Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) aufgenommen.
Bleibt noch offen, ob es auch Praxisbeispiele von Ausbildungen behinderter Menschen gibt. Dazu finden Sie weitere Informationen in der nächsten Folge unseres Newsletters unter
Haben Sie einen behinderten Auszubildenden? Teil 3: Von Vorurteilen, Ängsten und Best Practice
Zum statistischen Hintergrund finden Sie Informationen auf unserer Webseite:
Haben Sie einen behinderten Auszubildenden? Teil 1: Was sagen die Statistiken?