Darf der Arbeitgeber kündigen, nur weil man krank ist? Diese Frage stellt sich vielen Beschäftigten – vor allem dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger andauert oder wiederholt auftritt. Tatsächlich kann eine krankheitsbedingte Kündigung in bestimmten Ausnahmefällen zulässig sein, allerdings nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen. In diesem Beitrag erfahren Sie, unter welchen Bedingungen eine krankheitsbedingte Kündigung zulässig ist, welche Rechte Arbeitnehmer*innen haben und welche Rolle der Betriebsrat spielt.
Das Poko-Institut bietet Ihnen ein umfangreiches Angebot an Seminaren zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, um ein „gesundes“ Klima im Betrieb zu stärken. Egal, ob online oder vor Ort, die geleiteten Betriebsratsseminare und maßgeschneiderten Inhouse-Schulungen vermitteln fundiertes und praxisorientiertes Wissen, klar und verständlich aufbereitet.
Seminar: Krankheitsbedingte Fehlzeiten und Kündigung
Die krankheitsbedingte Kündigung zählt zu den personenbedingten Kündigungen und richtet sich nach § 1 Abs. 2 KSchG. Sie ist nur dann wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass eine negative Gesundheitsprognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers vorliegen müssen.
Eine Kündigung kommt demnach infrage, wenn Beschäftigte über einen längeren Zeitraum hinweg oder wiederholt krankheitsbedingt ausfallen. Entscheidend ist, ob in Zukunft weiterhin mit erheblichen Ausfallzeiten zu rechnen ist und ob diese das Unternehmen unzumutbar belasten. Dabei kann eine krankheitsbedingte Kündigung grundsätzlich auch während der Arbeitsunfähigkeit erfolgen, sofern die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.
Symposium Krankheit im ArbeitsverhältnisDie krankheitsbedingte Kündigung kann in zwei Hauptformen auftreten, die sich hinsichtlich der Art und Dauer der Erkrankung sowie der betrieblichen Auswirkungen unterscheiden:
Abgrenzung zu verhaltensbedingter Kündigung
Bei der krankheitsbedingten Kündigung geht es im Gegensatz zur verhaltensbedingten Kündigung nicht um ein Fehlverhalten der betroffenen Person, wie bei vorgetäuschter Krankheit („Blau machen“). Die Kündigung erfolgt hier personenbedingt, weil die betroffene Person ihre arbeitsvertraglichen Pflichten aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erfüllen kann.
Wie bei jeder ordentlichen Kündigung gelten auch hier die gesetzlichen oder arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfristen. Eine fristlose krankheitsbedingte Kündigung ist nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar. Der Arbeitgeber muss schriftlich kündigen und die Kündigung innerhalb der geltenden Frist zustellen. Innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung können Arbeitnehmer*innen optional eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen.
Seminar: Langzeit- und DauererkrankungenDas betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX ist ein zentraler Bestandteil bei krankheitsbedingten Kündigungen. Ziel ist es, durch frühzeitige Maßnahmen die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und den Arbeitsplatz zu erhalten.
Wird das BEM unterlassen oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann dies die Kündigung im Kündigungsschutzprozess angreifbar machen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass keine Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz möglich ist und das BEM erfolglos oder unzumutbar war. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er alles getan hat, um die krankheitsbedingte Kündigung zu verhindern (sog. ultima-ratio-Prinzip).
Auch besondere Fallkonstellationen, wie eine Langzeiterkrankung nach einem Arbeitsunfall oder eine psychische Erkrankung (z. B. Depression oder Burnout), können unter Umständen zu einer krankheitsbedingten Kündigung führen. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung einiger Sonderfälle:
Der Betriebsrat ist bei jeder ordentlichen Kündigung nach § 102 BetrVG zwingend zu beteiligen. Er kann der krankheitsbedingten Kündigung widersprechen – etwa wenn:
Ein solcher Widerspruch stärkt die Position der gekündigten Person im Prozess und kann sogar zu einem Weiterbeschäftigungsanspruch führen.
Ein Anspruch auf Abfindung besteht bei einer krankheitsbedingten Kündigung nicht automatisch. Oft wird im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs oder Aufhebungsvertrags jedoch eine Abfindung vereinbart, um beispielsweise ein langwieriges Kündigungsschutzverfahren zu vermeiden.
Die Höhe hängt dabei von individuellen Faktoren, wie der Dauer, der Betriebszugehörigkeit, dem Alter und den Erfolgsaussichten der Klage ab. Auch die Frage, ob der Arbeitgeber alle Schritte korrekt eingehalten hat, kann sich auf die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer*innen auswirken.
Das Poko-Institut bietet eine vielfältige Auswahl an Seminaren rund um den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Diese unterstützen Betriebsräte und Verantwortliche dabei, Prävention zu betreiben und mit Betroffenen professionell umzugehen. So schaffen Sie Klarheit und stärken Ihre Handlungssicherheit im Umgang mit langzeiterkrankten Beschäftigten.
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