Zur Frage, ob Ersatzmitglieder zu laufenden Angelegenheiten im Betriebsrat informiert werden müssen oder können – alles, was Sie wissen müssen!
Neulich im Betriebsrat. Es ist Urlaubszeit und damit sind für die nächste BR-Sitzung einige Kolleg*innen verhindert. Der Vorsitzende lädt ordnungsgemäß die Nachrücker. Woraufhin ihm prompt von einem Ersatzmitglied vorgeworfen wird, er könne ja gar nichts zum Tagesordnungspunkt xy sagen und erst recht nicht darüber entscheiden, da er ja gar nicht richtig informiert sei. Und das sei jetzt schon wieder so, vor kurzem war er auch schon mehrfach nachgerückt, als eine Krankheitswelle durch den Betrieb gelaufen sei. Und jedes Mal müsse er allen wichtigen Informationen hinterherlaufen und sich kurzfristig immer wieder auf den aktuellen Stand bringen.
Der Vorsitzende kommt ins Grübeln. Müssen oder können Ersatzmitglieder eigentlich über laufende Prozesse im Betriebsrat informiert werden?
Unterschieden werden muss dazu zwischen Informationsrecht und freiwilliger, aus sachlichen Gründen gerechtfertigter Information des Ersatzmitglieds.
Hat das Ersatzmitglied einen Anspruch auf Information (Informationsrecht)? Müssen ihm insbesondere Protokolle von Betriebsratssitzungen zur Verfügung gestellt werden?
Grundsätzlich: Nein, dies gilt nur für die Zeit des Vertretungsfalls, da dann das Ersatzmitglied vollumfänglich in die Rechtsstellung eines BR-Mitgliedes eintritt. Und BR-Mitglieder haben das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen (vgl. § 34 Abs. 3 BetrVG).
Zur Frage, ob dieses Einsichtsrecht nicht auch für Ersatzmitglieder gilt, werden in der Praxis gegensätzliche Standpunkte vertreten. Letztendlich dürfte es darauf ankommen, ob das Ersatzmitglied das Protokoll für seine Tätigkeit im Betriebsrat benötigt. Dies ist regelmäßig aber erst dann der Fall, wenn das Ersatzmitglied entweder bei Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds endgültig nachrückt oder aber wenn es ein verhindertes Betriebsratsmitglied zeitweise vertritt. Das Ersatzmitglied kann also mindestens während der Dauer seiner Heranziehung Einsicht in die Unterlagen des BR gemäß § 24 Abs. 3 BetrVG nehmen. Dazu zählen auch elektronische Daten (vgl. z.B. Fitting § 25 Rn.7).
Das Gesetz gesteht also nur den BR-Mitgliedern das Einsichtsrecht zu. Das Recht besteht nicht für weitere Personen, die berechtigt sind, allgemein oder im Einzelfall an Betriebsrats-Sitzungen teilzunehmen. Aber: Die Vorschrift (§ 34 Abs. 3 BetrVG) verbietet auch nicht, dass solchen Personen – soweit nicht die Geheimhaltungspflicht des § 79 entgegensteht – Informationen an Hand der Unterlagen gegeben werden, soweit ein berechtigtes Interesse besteht (vgl. Fitting, § 34 Rn. 35).
Dies bedeutet also für die weitere Frage, ob der Betriebsrat ein Ersatzmitglied außerhalb eines Vertretungsfalls informieren kann: Ja, soweit ein berechtigtes Interesse daran besteht. Dazu dürfte bei Ersatzmitgliedern insbesondere auch der Fall zählen, dass weitere Vertretungsfälle in naher Zukunft anstehen werden. Ein berechtigtes Interesse der Information kann übrigens auch für die JAV, die SBV oder auch den Arbeitgeber bestehen.
Was ist mit dem Einwand „Schweigepflicht“ oder dem Verbot der Offenbarung?
Nein, das beides steht dem nicht entgegen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 79 BetrVG) gilt auch für Ersatzmitglieder (ohne Beschränkung auf den Vertretungsfall natürlich). Auch das Verbot der Offenbarung aus § 79 besteht nicht im Innenverhältnis zwischen den BR-Mitgliedern, einschließlich der (für vorübergehend verhinderte BR-Mitglieder) nachgerückten Ersatzmitglieder.
Folge für die Praxis:
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