Leiharbeiter und Betriebsrat begegnen sich im Betriebsalltag häufig unter besonderen Voraussetzungen: Leiharbeitnehmer*innen haben formal nur einen Arbeitgeber – den Verleiher (also die Zeitarbeitsfirma) –, arbeiten jedoch tatsächlich im Betrieb eines anderen Unternehmens, dem sogenannten Entleiher. Während sie rechtlich dem Verleiher zugeordnet sind, unterliegen sie im Entleihbetrieb den dortigen Weisungen und Strukturen. Diese Konstellation wirft viele Fragen für Betriebsräte auf, insbesondere im Hinblick auf ihre Zuständigkeiten und Pflichten gegenüber eingesetzten Leiharbeiter*innen.
Genau hier setzen die Seminare des Poko-Instituts an: Sie bieten Betriebsratsmitgliedern das notwendige Fachwissen, um in der Praxis rechtssicher und kompetent zu handeln – insbesondere beim Einsatz von Leiharbeitnehmern und -nehmerinnen. Ob als Präsenzseminar oder passgenaue Inhouse-Schulung direkt im Betrieb – die Angebote von Poko vermitteln nicht nur rechtliche Grundlagen, sondern auch praxisnahe Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Interessenvertretung.
Seminar: Arbeitnehmerüberlassung – Dienst- und Werkvertrag
Ist der Betriebsrat für Leiharbeiter und -arbeiterinnen zuständig?
Da es in Verleihbetrieben nur selten einen eigenen Betriebsrat gibt, wird der Betriebsrat des Entleiherbetriebs häufig zur wichtigsten Anlaufstelle für Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen bei Anliegen im Arbeitsalltag. In allen Fragen, die den Einsatz im Entleiherbetrieb betreffen, nimmt der Betriebsrat seine üblichen Aufgaben auch für die Leiharbeitnehmenden wahr. Gesetzlich sind Leiharbeitnehmer und -nehmerinnen während ihrer Tätigkeit im Entleiherbetrieb zwar weiterhin dem Verleiherbetrieb zugeordnet (§ 14 Abs. 1 AÜG), aber der Betriebsrat im Einsatzbetrieb hat dennoch eine klare Betreuungsaufgabe:
Die Betreuung der Leiharbeitnehmenden gehört ausdrücklich zu den Aufgaben des Betriebsrats im Entleiherbetrieb. Praktisch bedeutet das, Leiharbeiter und -arbeiterinnen dürfen z. B. an Betriebsversammlungen teilnehmen und sich mit ihren Anliegen an den Betriebsrat wenden. Für arbeitsvertragliche Fragen (Gehalt, Urlaub etc.) bleibt zwar der Verleiher zuständig, doch alles, was den tatsächlichen Einsatz im Betrieb angeht, fällt in den Einflussbereich des dortigen Betriebsrats.
Bereits in der Personalplanung muss der Betriebsrat eingebunden werden, egal ob der Arbeitgeber eine Stelle mit einem Stammbeschäftigten oder einem bzw. einer Leiharbeiter*in besetzen möchte. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat frühzeitig über geplante neue Stellen zu informieren und alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Auf dieser Grundlage kann der Betriebsrat eigene Vorschläge zur Besetzung der Stelle machen (§ 92 BetrVG) –z.B. einen unbefristeten Arbeitsvertrag statt Leiharbeit. Der Arbeitgeber muss diese Vorschläge mit dem Betriebsrat beraten und eine Ablehnung begründen, auch wenn er ihnen nicht zwingend folgen muss.
Zusätzlich kann der Betriebsrat verlangen, vakante Stellen zunächst intern auszuschreiben (§ 93 BetrVG). Existiert eine entsprechende Vereinbarung oder Forderung, muss der Arbeitgeber die Position betriebsintern ausschreiben, bevor er Leiharbeit in Erwägung zieht. Unterlässt der Arbeitgeber eine vorgeschriebene interne Ausschreibung, kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung des oder der Leiharbeitnehmer*in verweigern – dies stellt einen zulässigen Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG dar. Insgesamt hat der Betriebsrat in der Planungsphase also das Recht, informiert zu werden, Alternativen aufzuzeigen und auf die Einhaltung fairer Verfahren zu pochen.
Entscheidet sich der Arbeitgeber, einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit einer Zeitarbeitsfirma abzuschließen, werden die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (§ 99 BetrVG) relevant. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern und -nehmerinnen im Betrieb gilt als personelle Maßnahme, zu der der Betriebsrat seine Zustimmung erteilen muss. In dieser Vertragsschlussphase hat der Arbeitgeber den Betriebsrat umfassend zu unterrichten – nicht nur über die Person und Qualifikation, sondern auch über die Begleitumstände der geplanten Überlassung. Insbesondere muss dargelegt werden, warum die Stelle mit einem oder einer Leiharbeiter*in besetzt wird. Der Arbeitgeber sollte also erklären, weshalb keine Festanstellung erfolgt oder ob nicht z.B. die Übernahme befristeter Mitarbeiter*innen eine Alternative wäre. Diese Informationen erlauben dem Betriebsrat, die Situation kritisch zu prüfen und ggf. bessere Lösungen vorzuschlagen.
Zudem kann der Betriebsrat den Überlassungsvertrag selbst inhaltlich prüfen, soweit dies zur Aufgabenerfüllung nötig ist. Er hat ein Recht darauf, die Erlaubnis des Verleihers zur Arbeitnehmerüberlassung einzusehen – der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die entsprechende Erklärung des Verleihers vorlegen. Auch etwaige Meldungen des Verleihers (z. B. zum Einsatz der Leiharbeiter*innen) sind unverzüglich an den Betriebsrat weiterzuleiten. So kann der Betriebsrat sicherstellen, dass die Überlassung legal erfolgt (AÜG-Konformität) und dass Schutzvorschriften – etwa Gleichbehandlung und Höchstüberlassungsdauer – eingehalten werden.
Findet der Betriebsrat Anhaltspunkte, dass die Einstellung des oder der Leiharbeitnehmer*in gegen Gesetze, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen verstoßen würde oder zu Nachteilen für die Stammbelegschaft führt, kann er die Zustimmung verweigern. Beispielsweise ist eine Zustimmungsverweigerung möglich, wenn durch den Einsatz von Leiharbeit Stammkräfte benachteiligt würden – etwa, weil befristet Beschäftigte keine Verlängerung erhalten – oder wenn der Arbeitgeber trotz Verlangen des Betriebsrats keine interne Stellenausschreibung vorgenommen hat.
In solchen Fällen muss der Arbeitgeber die Zustimmung ggf. vor der Einigungsstelle oder dem Arbeitsgericht ersetzen lassen, falls er an der Maßnahme festhalten will. Der Betriebsrat hat in der Vertragsschlussphase somit ein wichtiges Mitspracherecht, um Missbrauch von Leiharbeit zu verhindern und faire Bedingungen sicherzustellen.
Sobald Leiharbeitnehmer und -nehmerinnen in den Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit aufnehmen, hat der Betriebsrat auch im laufenden Betrieb Verantwortung für sie. Er muss – wie bei allen Beschäftigten – darüber wachen, dass zugunsten der Leiharbeiter*innen geltende Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden werden (§ 80 Abs. 1 BetrVG). Außerdem steht dem Betriebsrat die Entgegennahme von Beschwerden der Leiharbeitnehmenden zu (§ 85 BetrVG).
Leiharbeiter und -arbeiterinnen dürfen die Sprechstunden des Betriebsrats aufsuchen und an Betriebs- oder Abteilungsversammlungen teilnehmen; ihr Beschwerderecht können sie ausdrücklich auch beim Betriebsrat des Entleiherbetriebs ausüben. Der Betriebsrat ist verpflichtet, eingehende Beschwerden – etwa über Arbeitsbedingungen oder Gleichbehandlung – zu prüfen und, falls berechtigt, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken (§ 85 BetrVG i.V.m. § 14 Abs. 2 AÜG).
Um Leiharbeitnehmer und -nehmerinnen über ihre Rechte zu informieren und ihre Situation im Betrieb zu verbessern, kann der Betriebsrat folgende Maßnahmen ergreifen:
Während ihrer Einsatzzeit im Entleiherbetrieb gelten Leiharbeitnehmer und -nehmerinnen als Teil der Belegschaft – der Betriebsrat ist verpflichtet, ihre Interessen ebenso zu vertreten wie die der Stammkräfte.
Leiharbeitnehmer*innen sind fester Bestandteil vieler Betriebe – zumindest auf Zeit. Doch wie steht es um ihre Rechte bei der Betriebsratswahl? Dürfen sie mitwählen? Und können sie selbst in den Betriebsrat gewählt werden? Die rechtlichen Regelungen dazu sind eindeutig, unterscheiden jedoch zwischen aktivem und passivem Wahlrecht.
Ja, Leiharbeitnehmer*innen dürfen den Betriebsrat im Entleiherbetrieb mitwählen, wenn ihr Einsatz voraussichtlich länger als drei Monate dauert (§ 7 BetrVG). Entscheidend ist die geplante Einsatzdauer – bei vier Monaten ist die Wahlteilnahme von Anfang an erlaubt.
Seit 2013 ist dieses Wahlrecht gesetzlich verankert und stärkt die Mitbestimmung von Leihkräften. Zusätzlich zählen Leiharbeitnehmer*innen nach sechs Monaten Einsatzdauer zur Belegschaftszahl, was die Größe des Betriebsrats beeinflusst.
Nein, Leiharbeitnehmende können im Entleiherbetrieb nicht in den Betriebsrat gewählt werden, da ihnen dort das passive Wahlrecht fehlt. Für eine Kandidatur ist eine mindestens sechsmonatige Betriebszugehörigkeit erforderlich (§ 8 BetrVG), die sich auf den Verleiherbetrieb bezieht. Nur dort könnten Leiharbeiter*innen gewählt werden – sofern ein Betriebsrat besteht und die Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Zusammenarbeit mit Leiharbeitnehmer*innen stellt Betriebsräte regelmäßig vor rechtliche, organisatorische und mitbestimmungspflichtige Herausforderungen. Ob bei der Personalplanung, dem Einsatz im Betrieb oder der Wahrnehmung von Beteiligungsrechten – eine klare Kenntnis der gesetzlichen Regelungen ist entscheidend, um Leiharbeiter*innen wirksam zu vertreten und zugleich die Interessen der Stammbelegschaft zu wahren.
Poko unterstützt dabei mit fundierten Betriebsrat-Schulungen an vielen schönen Seminar-Standorten, Webinaren für Betriebsräte oder auf Wunsch auch mit maßgeschneiderten Inhouse-Seminaren direkt in Ihrem Unternehmen. So bleiben Sie rechtlich auf dem neuesten Stand und können Ihre Aufgaben auch im Umgang mit Leiharbeit souverän und kompetent erfüllen.