Beschwerden von Arbeitnehmern

Der oder die Arbeitnehmer*in kann Beschwerden über Mitarbeitende oder den Arbeitgeber beim Betriebsrat vorbringen. Auch der Arbeitgeber selbst ist eine Anlaufstelle für Beschwerden über Kolleginnen und Kollegen. Falls ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin sich vom Arbeitgeber oder anderen Arbeitnehmenden des Betriebs in irgendeiner Form benachteiligt oder ungerecht behandelt fühlt, hat die Person laut Betriebsverfassungsgesetz das Recht, „sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren“ (§ 84 Abs. 1 BetrVG). Mehr zum Betriebsverfassungsgesetz erlernen Sie schnell und effizient in den Betriebsrat-Seminaren von Poko.

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Was ist eine Beschwerde?

Eine genaue Definition für eine offizielle Beschwerde gibt es nicht. Es kommt hier nicht auf eine objektiv bestehende Beeinträchtigung, sondern auf das bloße Empfinden des Betroffenen an.

Beschwerden können beispielsweise in folgender Form auftreten:
X meint, dass ihm gegenüber alle anderen Kolleg*innen bevorzugt würden.
Y ist der Auffassung, sie werde durch ihren Vorgesetzten sexuell belästigt.
Z ist der Meinung, dass seine Kolleg*innen ausländerfeindliche Witze zum Besten geben.

Recht auf Beschwerde – Wo ist es geregelt?

Laut Betriebsverfassungsgesetz wenden sich Mitarbeitende in diesem Falle bei den „zuständigen Stellen“.

Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist spezifisch geregelt, wie zu verfahren ist, wenn Mitarbeitende empfinden, dass gegen das Benachteiligungsverbot (§ 7 AGG) verstoßen wird. Dieses besagt, dass Personen nicht „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ benachteiligt werden dürfen.

Wer ist für Beschwerden über Mitarbeitende oder den Arbeitgeber zuständig?

Die zuständige Stelle, wie sie im Betriebsverfassungsgesetz genannt wird, ist nicht weiter definiert. Außerhalb von offiziellen Beschwerden im Rahmen des AGGs haben Betroffene verschiedene Möglichkeiten: Sie können sich bei dem oder der Vorgesetzten (§ 84 BetrVG), nur beim Betriebsrat, beim Betriebsrat und gleichzeitig bei dem bzw. der Vorgesetzten oder beim Betriebsrat erst nach erfolgloser Beschwerde bei dem oder der Vorgesetzten melden. Mitglieder des Betriebsrats können jederzeit bei Beschwerden zur Unterstützung oder Vermittlung hinzugezogen werden (§ 84 Abs.1 BetrVG). Es ist auch möglich, dass eine betriebliche Beschwerdestelle eingerichtet wurde, die Beschwerden entgegennimmt.

Was passiert nach einer Beschwerde?

Der Arbeitgeber hat gem. § 84 Abs. 2 BetrVG zu prüfen, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist und dem oder der Arbeitnehmer*in mitzuteilen, wie er mit der Beschwerde umzugehen gedenkt. Jetzt kommt es darauf an: Hält der Arbeitgeber die Beschwerde für unberechtigt, bedeutet es, der Arbeitgeber weist sie zurück. Hält er sie für berechtigt, muss der Arbeitgeber für Abhilfe sorgen. So können z. B. Kolleg*innen oder Vorgesetzte, die sich nach der Einschätzung des Arbeitgebers unangemessen verhalten – etwa wie in den obigen Beispielen –, von ihm abgemahnt, versetzt oder gar entlassen werden. Den Betroffenen dürfen gem. § 84 Abs. 3 BetrVG wegen der Erhebung der Beschwerde keine Nachteile entstehen.

Behandlung der Beschwerden durch den Betriebsrat

Der Arbeitnehmer kann sich mit seiner Beschwerde auch direkt an den Betriebsrat wenden, § 85 BetrVG. Der Betriebsrat hat die Pflicht, die Beschwerde zu prüfen. Erachtet er diese als berechtigt, muss er von dem Arbeitgeber Abhilfe verlangen. Nach § 85 Abs. 3 BetrVG trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, dem Betriebsrat mitzuteilen, wie er die Beschwerde behandeln will. Können sich die beiden Stellen nicht über die Frage der Berechtigung einer Beschwerde einigen, hängt die weitere Behandlung der Angelegenheit davon ab, ob es sich um eine Rechtsstreitigkeit oder eine Regelungsstreitigkeit handelt.

Handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit, also eine Beschwerde in Bezug auf einen Rechtsanspruch, beispielsweise ein Urlaubsanspruch, kann der Arbeitnehmende die Angelegenheit durch das Arbeitsgericht klären lassen. Sowohl der Betriebsrat als auch die Person, die sich beschwert hat, sind vom Arbeitgeber über Zwischenstand und das Ergebnis der Beschwerdebearbeitung, insbesondere die Art der Abhilfe, zu informieren (§ 85 Abs. 3 BetrVG).

Sonstige nicht gerichtliche Streitfälle sind so genannte Regelungsstreitigkeiten. Kommt es bei einer Regelungsstreitigkeit zu keiner Einigung, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle „anrufen“ (§ 85 Abs. 2 BetrVG). Der Arbeitgeber hat keine Möglichkeit, die Einschaltung der Einigungsstelle zu verhindern. Die Einigungsstelle verhandelt über die Berechtigung der Beschwerde des bzw. der Arbeitnehmer*in. Stellt sie diese Berechtigung fest, muss nun der Arbeitgeber Abhilfe schaffen. In der Praxis wird die Anrufung der Einigungsstelle für die Regelung von Beschwerden aus Kostengründen gerne vermieden (Dies erhöht im Vorfeld oftmals die Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers, der die Kosten zu tragen hat).

Beschwerden gegen den Betriebsrat

Beschwerden von Arbeitnehmenden gegen den Betriebsrat sind als solche nicht zulässig. Die Mitarbeitenden können jedoch beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Betriebsrat aufzulösen ist oder aber einzelne Mitglieder wegen grober Pflichtverletzung aus dem Betriebsrat auszuschließen sind. Ein solcher Antrag muss mindestens von einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmenden gestellt werden (§ 23 Abs. 1 BetrVG).

Probleme mit dem Arbeitgeber – wo kann man sich melden?

Oftmals treten nicht Probleme mit Kolleginnen und Kollegen auf, sondern mit dem Arbeitgeber. Bei Problemen mit dem Arbeitgeber können Betroffene sich an freie Beratungsstellen oder an ihren Betriebsrat wenden. Auch gegen den Arbeitgeber gilt zudem das Beschwerderecht nach § 17 des Arbeitsschutzgesetzes. Dabei gilt:  Erst wenn der Arbeitgeber auf einen Hinweis der Arbeitnehmenden über einen Missstand hin nicht tätig wird, darf dieser sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden. Die zuständige Arbeitsschutzbehörde ist in der Regel das Gewerbeaufsichtsamt oder das Landesamt für Arbeitsschutz. Den Betroffenen dürfen dabei keine Nachteile drohen, wenn sie sich beschweren. Mögliche Streitpunkte können Verletzung der Arbeitssicherheit, des Gesundheitsschutzes oder sonstige gesetzliche Pflichten des Arbeitgebers sein.

Betroffene müssen sich aber nicht direkt an die Person des Arbeitgebers wenden. Die Person kann auch andere verantwortliche Stellen innerhalb des Unternehmens ansprechen, zum Beispiel die Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Betriebsrat oder ein vom Arbeitgeber für derartige Fälle speziell eingerichtetes Organ – die Beschwerdestelle beispielsweise.

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